Scheidenpilz: Ein Faktencheck

Vaginalpilz ist ein weit verbreitetes Problem bei Frauen. Doch um die Infektion kursieren viele Gerüchte.
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Pilze sind immer da
Stimmt „Auch eine gesunde Frau ist nicht grundsätzlich pilzfrei“, sagt Prof. Hans-Jürgen Tietz, Facharzt für Mikrobiologie aus Berlin. Laut Deutscher Gesellschaft für Gynäkologie finden sich bei mindestens 30 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter Hefepilze in der Vulva, aber auch im Darm und im Mund. In bis zu 95 Prozent der Fälle handelt es sich dabei um die Gattung Candida albicans. „Manchmal sind auch Pilzsporen vorhanden, ohne eine Infektion hervorzurufen. Dann muss auch nicht behandelt werden“, ergänzt Dr. Inge Reckel-Botzem, stellvertretende Vorsitzende des Hessischen Berufsverbandes der Frauenärzte.
Pilze sind Frauensache
Falsch Für eine Pilzinfektion braucht man keine Vulva – die Symptome bei einer Erkrankung im Genitalbereich der Männer ähneln denen der Frauen: Jucken, Brennen, Ausfluss – diesmal an der Eichel. Egal, wen die Pilze erwischen, am besten sollten sich beide Sexualpartner gleichzeitig mit Antimykotika (Antipilzmitteln) behandeln.
Joghurttampons helfen
Stimmt nicht Die Scheide ist natürlicherweise von Milchsäurebakterien besiedelt, den sogenannten Döderlein-Bakterien. Sie gehören zum normalen Mikrobiom und verhindern, dass sich krankheitserregende Keime vermehren können. Die in Joghurt enthaltenen Milchsäurebakterien ähneln den Döderlein-Bakterien nur, sind aber nicht dieselben. „Hausmittel wie Joghurttampons können bestehende Beschwerden eher verschlimmern und das Pilzwachstum weiter fördern“, warnt Frauenärztin Reckel-Botzem. Bei häufigen Infektionen lohnt es sich, die Scheidenflora mit Vaginalzäpfchen aus den Döderlein-Bakterien zu stärken. So kann man den Schutz gegen sich übermäßig vermehrende Pilzsporen erhöhen.
Nach Antibiotika kommt ein Pilz
Kann sein, muss nicht „Es stimmt, dass die Gabe von Antibiotika das Mikrobiom in der Vagina verändert“, bestätigt Inge Reckel-Botzem. Denn sie hemmen oder töten Bakterien, auch die nützlichen Döderlein-Bakterien. So können sich Pilzsporen leichter verbreiten und Beschwerden auslösen. Aber: „Ohne Pilzerreger im Scheidenmilieu kann es unter Antibiotika auch nicht zu einer Infektion kommen“, sagt Hans-Jürgen Tietz.
Im Schwimmbad oder auf Toiletten steckt man sich besonders leicht an
Nur zum Teil richtig. Die Ansteckung mit Pilzen erfolgt in vielen Fällen „vom Darm, wo sie häufig von Geburt an siedeln und dann auf die Vulva übergehen“, erklärt Mikrobiologe Tietz. Eine Übertragung von „außen“ kann über Sex stattfinden. Da viele Menschen auch Pilzsporen im Mundraum haben, ohne dass sie es merken, ist Oralsex ein Risiko für eine Vaginalpilzinfektion. „Im gechlorten Schwimmbecken steckt man sich wahrscheinlich nicht an, im beheizten Whirlpool als gut temperierter Brutstätte schon eher“, so Tietz. Der längere Aufenthalt in (warmem) Wasser lässt die Haut im Vaginalbereich aufquellen. „Dann können Erreger eher angreifen“, so Gynäkologin Reckel-Botzem. Pilzerreger werden kaum über Oberflächen übertragen und sterben nach wenigen Minuten an der Luft ab, daher geht von Toiletten nur geringe Gefahr aus.
Die Pille begünstigt Pilze
Ja. Die Einnahme der Pille verändert das Mikrobiom der Vulva – Stichwort Östrogen. Zum anderen wird durch hormonelle Verhütung meist auf Kondome verzichtet – und ein Pilz schneller übertragen. Geschlechtsverkehr, da sind sich alle Forschenden einig, gilt als wesentlicher Übertragungsweg.
Zucker ist schuld
Da ist nichts dran. Generell ist es gesund, den Zuckeranteil in der Ernährung zu verringern. „Aber Pilzerreger lassen sich durch Zuckerverzicht nicht aushungern“, sagt Hans-Jürgen Tietz. Auf einen Zusammenhang zwischen Diabetes und Vaginalpilz jedoch weist Reckel-Botzem hin: „Die Erkrankung erhöht das Scheidenpilzrisiko deutlich.“ Sie empfiehlt daher, bei wiederkehrenden Pilzinfektionen auch die Blutzuckerwerte überprüfen zu lassen.
Das geht auch von alleine wieder weg
Hier sind sich Expertin und Experte uneins. Ja, sagt Reckel-Botzem, möglich, dass ein Pilz von alleine weggeht: „Auch er unterliegt dem Immunsystem.“ Verschwinden die Symptome – Juckreiz, Vulvalippenschwellung oder Ausfluss – wieder, muss auch nicht nachbehandelt werden. Bei anhaltenden Beschwerden jedoch und wenn die Ärztin oder der Arzt Sporen unter dem Mikroskop nachweisen, so Tietz, sollten Antimykotika (Antipilzmittel) eingesetzt werden. Sie gibt es in Form von Salben, Tabletten, Zäpfchen und Kombipräparaten.
Intimpflege hilft
Nicht richtig Ein Vaginalpilz ist keine Frage der Hygiene. Übertriebenes Reinigen, vor allem mit Seife, kann den natürlichen pH-Wert der Schleimhaut eher verändern, die Barriere für die Erreger abbauen und die Entzündung noch verstärken.
Quellen:
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Was hilft gegen eine Pilzinfektion der Scheide (Scheidenpilz)?, Eine Scheideninfektion wird häufig durch Hefepilze verursacht. Meist verschwindet der Scheidenpilz nach einer kurzen Behandlung mit Antipilzmitteln. Ob Hausmittel helfen, ist unklar.. https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abgerufen am 27.06.2023)
- Deborah Mirjam Admaty, Dr. med. : Mythen und Fakten rund um die gesunde Scheidenflora. https://www.usz.ch/... (Abgerufen am 27.06.2023)
- Apotheken-Umschau Fachredaktion: Scheidenpilz: Symptome, Behandlung, Vorbeugen, Scheidenpilz ist eine Infektion im Intimbereich, die mit Jucken und Ausfluss aus der Scheide einhergehen kann. Meist ist der Hefepilz Candida albicans die Ursache. Was dann hilft. https://www.apotheken-umschau.de/... (Abgerufen am 27.06.2023)
- Rika Rausch: Plan B bei Scheidenpilz, Wenn die lokale Anwendung von Clotrimazol nicht reicht. Deutsche Apotheker Zeitung: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/... (Abgerufen am 27.06.2023)