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Ständig erschöpft. Der Kopf dröhnt, der Bauch schmerzt. Ist es vielleicht der Stress? Die Belastungen im Homeoffice oder sogar Long Covid? Meist steckt hinter solchen Problemen eine eher harmlose Ursache. Halten die Beschwerden an oder kommen sogar weitere Symptome wie Vitaminmangel oder Gewichtsverlust hinzu, sollte man an eine andere

mögliche Ursache denken: Zöliakie. Bei Betroffenen führt der Verzehr von Gluten zu einer schweren chronischen Entzündung des Dünndarms.

Hohes Risiko bei Typ-1-Diabetes

Zöliakie kann jeden treffen — und in jedem Alter. Doch gibt es Menschen, deren Risiko deutlich erhöht ist. Zu ihnen gehören Patienten, die an Diabetes Typ 1 leiden. Untersuchungen zufolge könnte sogar jeder Zehnte betroffen sein. „Alle Menschen mit neu diagnostiziertem Diabetes Typ 1 sollten auf Zöliakie untersucht werden“, betont Professor Detlef Schuppan, Direktor des Instituts für Translationale Immunologie der Universitätsmedizin Mainz.

Doch wird nicht immer getestet, obwohl sich die Krankheit heute relativ einfach im Blut feststellen lässt. Sind bestimmte Antikörper vorhanden, die auf Zöliakie hinweisen, sichert oft eine Gewebeentnahme im Dünndarm, eine sogenannte Biopsie, die Diagnose. „Auch wenn beim ersten Test keine Zöliakie besteht, sollte man aufmerksam bleiben“, rät Professorin Yurdagül Zopf, Ernährungsmedizinerin am Uniklinikum Erlangen.

Professorin Yurdagül Zopf ist Ernährungsmedizinerin am Uniklinikum Erlangen

Professorin Yurdagül Zopf ist Ernährungsmedizinerin am Uniklinikum Erlangen

„Zöliakie ist ein Chamäeloen“

Wie bei Diabetes Typ 1 spielt bei Zöliakie das Immunsystem eine wichtige Rolle. In beiden Fällen greift die Abwehr Zellen des eigenen Körpers an. Allerdings passiert das bei Zöliakie nur dann, wenn Gluten in den Darm gelangt. Das Eiweiß, das den Teig elastisch und knetbarmacht, steckt neben Weizen auch in anderem Getreide wie Hafer, Dinkel, Gerste und Roggen. Glutenfrei sind indes Reis, Hirse und Mais.

Bei Zöliakiepatienten greift das alarmierte Immunsystem die Dünndarmschleimhaut an. Folgen sind Verdauungsprobleme wie Durchfall, Verstopfung, Übelkeit und Bauchschmerzen. Oft kommt es zu Gewichtsverlust, bei Kindern auch zu Wachstumsstörungen, und zuschweren Mangelerscheinungen, etwa bei Eisen. „Zöliakie ist ein Chamäleon“, so Schuppan. Nicht immer sind die Beschwerden typisch. Manche Patienten sind nur erschöpft, leiden unter Haarverlust, Hautausschlag oder entzündeten Stellen im Mund, sogenannten Aphthen.

Was bei Zöliakie im Darm passiert:

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Erkranken können aber nicht nur Menschen mit Diabetes Typ 1. Bei Typ-2-Diabetikern ist das Risiko zwar nicht erhöht. Doch ist die Dunkelziffer bei Zöliakie allgemein extrem hoch. Untersuchungen von Schuppans Team zeigen, dass im Schnitt etwa einer von hundert Menschen in Deutschland an Zöliakie leidet.

Betroffene müssen Gluten komplett meiden, auch jede Spur davon. Um glutenfreie Produkte zu erkennen, hilft nur: Etiketten studieren. Oder auf das Siegel der Deutschen Zöliakiegesellschaft achten, eine durchgestrichene Ähre. Zum Glück für alle Patienten findet sich dieses heute auf vielen Lebensmitteln Grund dafür ist allerdings nicht die steigende Zahl der Betroffenen. „Glutenfrei“ liegt im Trend. Doch hat der Verzicht nicht immer Vorteile. Studien zufolge ernähren sich Menschen, die grundlos auf Gluten verzichten, aufgrund mangelnder Beratung sogar weniger gesund als Menschen, die es essen. „Auf gar keinen Fall ist Gluten an und für sich böse“, sagt Expertin Zopf.

Oft nicht ernst genommen

Für Zöliakiepatienten hat der Hype auch Nachteile. „Wenn man kein Gluten verträgt, wird man oft nicht ernst genommen“, sagt Zopf. Zur Verwirrungträgt bei, dass es noch eine weitere Gruppe von Menschen gibt. Sie haben keine Zöliakie, reagieren aber auf Getreide mit Verdauungsproblemen. Experten sprechen von Nicht-Zöliakie-Weizensensitivitäten.

Einen Bluttest darauf gibt es nicht. Was man verträgt, zeigt erst eine Diät, die weizen- oder glutenhaltige Produkte austestet. „Keinesfalls sollte man vor dem Arztbesuch Gluten vom Speiseplan streichen“, sagt Zopf. Das erschwert zu erkennen, ob nicht doch eine Zöliakie dahintersteckt.

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