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Wer für einen geplanten operativen Eingriff in ein Krankenhaus muss, hat die Qual der Wahl – denn Patientinnen und Patienten haben in diesem Fall das Recht, sich das Krankenhaus, in dem sie behandelt werden möchten, selbst auszusuchen. Und nicht jede Klinik ist für jeden Eingriff gleichermaßen geeignet.

„Gerade bei komplizierteren Eingriffen oder schweren Erkrankungen ist es wichtig, nicht in das erstbeste Krankenhaus zu gehen“, sagt Sabine Wolter, Referentin für Gesundheitsrecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Je spezieller die OP, desto sinnvoller ist es, gezielt zu suchen.“

Doch das ist gar nicht so einfach, gibt es doch in Deutschland rund 1.700 Kliniken, vom kleinen Kreiskrankenhaus bis zum großen Universitätsklinikum. Welches Haus ist für welchen Eingriff das richtige?

Im Internet bekommen Suchende diverse Hilfsangebote aufgelistet – von zig Vergleichsportalen bis zu Ranglisten der angeblich besten Kliniken Deutschlands. Nicht selten widersprechen sich die Ergebnisse von Portal zu Portal. Um die Suche nach dem richtigen Krankenhaus einfacher zu gestalten, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Juni 2023 eine sogenannte „Transparenzoffensive“ im Zuge der Krankenhausreform angekündigt. Das entsprechende Gesetz wurde am 19. Oktober im Bundestag beschlossen.

Der Qualitätsatlas des Bundes kommt

Über Leistungen und Behandlungsqualität der Krankenhäuser in Deutschland soll bald auch ein staatlicher Online-Atlas Auskunft geben. Dafür hat der Bundestag am 19. Oktober das sogenannte Krankenhaustransparenzgesetz beschlossen. Damit sollen Bürgerinnen und Bürger eine bessere Übersicht über die Krankenhauslandschaft in Deutschland erhalten. Der staatliche Klinik-Atals soll im Mai 2024 an den Start gehen. Diese Informationen sollen dort zu finden sein:

  • Daten zu Fallzahlen, also der Behandlungserfahrung
  • Personalschlüssel
  • Komplikationsrate bei ausgewählten Eingriffen

Folgende Tipps helfen, sich die Suche jetzt und auch dann noch einfacher zu machen.

1. Das Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt

Empfiehlt Ihre Ärztin oder Ihr Arzt einen operativen Eingriff, sollten Sie zunächst gezielt nachfragen: Wie lautet die genaue Diagnose? Warum wird der Eingriff empfohlen? Und gibt es nicht doch Alternativen?

Als Patientin oder Patient haben Sie auch das Recht, vor einer planbaren Operation eine zweite ärztliche Meinung einzuholen. „Bei bestimmten Erkrankungen oder Eingriffen, zum Beispiel beim Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks, muss Sie der Arzt sogar auf das gesetzliche Zweitmeinungsverfahren hinweisen“, sagt Verbraucherschützerin Wolter. Dessen Ziel ist es, vor der OP bei der richtigen Entscheidung zu helfen und unnötige Operationen zu vermeiden. Dafür genehmigte Medizinerinnen und Mediziner finden Betroffene auf der Webseite des ärztlichen Bereitschaftsdiensts.

Zweifel vor der OP? In manchen Fällen lohnt sich eine ärztliche Zweitmeinung.

Ist die Operation wirklich nötig?

Vor bestimmten Eingriffen können sich Patientinnen und Patienten eine zweite Meinung holen. Doch für einige Begutachtungen gibt es nur wenige Spezialistinnen und Spezialisten. zum Artikel

Oft werde man einfach an das nächstgelegene Krankenhaus überwiesen, so Wolter. Sie rät, darauf nicht blind zu vertrauen, sondern sich dann gezielt über diese Klink zu informieren und sich mittels Vergleichsportalen im Internet nach Alternativen umzusehen. „Besprechen Sie dafür mit dem Arzt, was genau gemacht werden soll und welchen Fachbereich das Krankenhaus haben muss“, sagt Wolter.

2. Meine individuellen Kriterien

Neben der passenden Fachabteilung kann es noch weitere, ganz persönliche Kriterien für die Kliniksuche geben. „Gerade ältere Menschen wünschen sich oft, dass das Krankenhaus nicht zu weit entfernt ist, weil so die Betreuung durch Angehörige einfacher ist“, sagt die Verbraucherschützerin. Dieser Punkt kann dann wichtiger erscheinen als dass die Klinik beispielsweise ein zertifiziertes Zentrum ist. Wessen Muttersprache nicht Deutsch ist, ist vielleicht auf einen Dolmetschdienst angewiesen. Andere wünschen sich, dass die Ernährung nach religiösen Vorschriften angepasst werden kann.

Ist Ihnen zusätzlicher Service wichtig, etwa ein Ein- oder Zweibettzimmer? Viele dieser Kriterien lassen sich bei Online-Vergleichsportalen filtern. Die medizinische Qualität (siehe 4.) sollte man über diese persönlichen Kriterien aber nicht aus dem Auge verlieren.

3. Wo man suchen kann

„Bei all diesen Kriterien als medizinischer Laie den Überblick zu behalten, ist sehr schwierig“, sagt Wolter. Sie rät dazu, Vergleichsportale im Internet zu nutzen. Die meisten davon basieren auf den Qualitätsberichten, die Krankenhäuser jährlich veröffentlichen müssen. Sie enthalten Informationen zur Anzahl der Betten und der geleisteten Operationen, aber auch zur Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte sowie zum Erfolg ihrer Behandlungen.

Auch die Weisse Liste basiert auf diesen Daten. Das Portal wird von der Bertelsmannstiftung betrieben, offizieller Schirmherr ist Stefan Schwartze, Patientenbeauftragter der Bundesregierung. „Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser können hunderte Seiten umfassen. Die Weisse Liste bereitet diese strukturiert für Patienten auf“, sagt Johannes Strotbek, Senior Projektmanager der Weissen Liste.

Ganz aktuell könne man dadurch aber nicht sein, denn die Qualitätsberichte werden stets mit anderthalb bis zwei Jahren Verspätung veröffentlicht. Das bedeutet: Wurde in der Zwischenzeit eine neue Fachabteilung eröffnet, erscheint diese noch nicht bei einer Suchanfrage. Laut Strotbek nutzt die Weisse Liste außerdem Patientenbefragungen von Krankenkassen.

Einige Krankenkassen haben mittlerweile eigene Portale für die Kliniksuche.Informieren Sie sich auf der Webseite der Kassen. Sie verwenden zusätzlich die Abrechnungsdaten ihrer Versicherten. Andere Portale zeigen vor allem Bewertungen von Einzelpersonen. „Das ist aber mit Vorsicht zu genießen, denn dort schreiben vor allem Menschen mit negativen Erfahrungen“, sagt Verbraucherschützerin Wolter. Sie rät, diese Bewertungen sehr kritisch zu lesen, dann könnten auch sie nützliche Hinweise enthalten.

Insgesamt schlägt sie bei der Suche nach dem richtigen Krankenhaus einen „Rundumschlag“ vor: Neben der Empfehlung des Arztes und einer Nachfrage bei der Krankenkasse, ob sie eine Klinik empfehlen können, solle man ruhig mehrere Online-Vergleichsportale nutzen.

4. Wie man suchen sollte

Im ersten Schritt solle man– sofern es sie gibt – nach zertifizierten Zentren suchen, empfiehlt Strotbek von der Weissen Liste. Das sind Netzwerke, bei denen ambulante und stationäre Einrichtungen eng zusammenarbeiten. „Bei diesen Häusern ist garantiert, dass sie nach den aktuellen Leitlinien arbeiten, dass es die nötige Ausstattung und das Team eine gewisse Mindesterfahrung hat.“ Insbesondere bei Krebsbehandlungen zeigen Studien, dass die Behandlung in zertifizierten Zentren die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöht. Informationen zu onkologischen Zentren finden Sie über den Krebsinformationsdienst.

Gibt es kein solches Zentrum oder kommt es aus persönlichen Gründen nicht in Frage, sollten Sie sich an der Erfahrung einer Klinik beim gesuchten Eingriff orientieren. Diese messen die Vergleichsportale anhand der Anzahl der durchgeführten Eingriffe. „Die 20 Prozent der Kliniken mit den wenigsten Erfahrungen bei einem bestimmten Eingriff sollte man eher meiden, denn Studien sagen, dass bei wenig Erfahrung oft auch die Qualität deutlich absinkt“, sagt Strotbek. Die Weisse Liste setzt dies mit einem Drei-Sterne-System um. „Hier lohnt es sich, auch mal über die eigene Region hinaus zu schauen und den Suchradius zu vergrößern“, rät Strotbek. Allerdings muss dann die weitere An- und Abreise organisiert werden. Während des Aufenthalts kann es schwieriger sein, Unterstütung oder Besuch von Angehörigen und Bekannten zu bekommen, wenn niemand in der Nähe lebt.

Daneben spielt die Behandlungsqualität eine Rolle. Auch die ermittelt die Weisse Liste anhand der Qualitätsberichte und bewertet sie mit einem, zwei oder drei Sternen. Dort sei festgehalten, wie das Krankenhaus bei verschiedenen medizinischen Qualitätskriterien abgeschnitten hat, beispielsweise wie oft Komplikationen vorkamen, so Strotbek.

Auch die Patientenzufriedenheit kann ein wichtiger Faktor sein. Die Krankenkasse AOK etwa hat nach eigenen Angaben 900.000 Patientinnen und Patienten befragt. In ihrem Portal AOK Gesundheitsnavigator wird die Zufriedenheit nach Prozent angegeben. Ein Tipp: „Wenn bei einer Klinik 75 Prozent der Patienten mit der pflegerischen Betreuung zufrieden waren, klingt das erst mal gut“, sagt Verbraucherschützerin Wolter. „Erst der Blick auf den Bundesdurchschnitt von 82 Prozent zeigt, dass es doch nicht so toll ist.“

Bei all diesen Kriterien muss man stets abwägen, etwa wenn ein Krankenhaus zwar hohe Fallzahlen hat, aber bei der Behandlungsqualität nicht gut abschneidet. Zu diesen zentralen Kriterien können noch persönliche Wünsche dazu kommen (siehe 2.) Und bei all den Vergleichsmöglichkeiten bleibt die Entscheidung für eine Klinik doch immer eine sehr individuelle.

Infos finden Sie zum Beispiel hier:

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