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Pilates gibt es eigentlich schon ziemlich lange: Der Boxer Joseph Pilates entwickelte die Methode bereits in den 1920er-Jahren. Sie trainiert den ganzen Körper. Besonders im Fokus steht allerdings die Kräftigung des Rumpfes – also der Körpermitte, mit den tiefen Brauchmuskeln, der Rücken- und der Beckenbodenmuskulatur.

Auch der Atmung kommt eine besondere Bedeutung zu, denn die Bewegungen sollen an den eigenen Atemrhythmus angepasst werden. Ziel ist nicht, in einer bestimmten Zeit besonders viele Wiederholungen zu schaffen, sondern die Bewegungen im eigenen Rhythmus möglichst kontrolliert und präzise auszuführen. Die Übungen können etwa helfen, Rückenschmerzen vorzubeugen.

Was soll eine Wand beim Pilates nützen?

Beim Wand-Pilates handelt es sich um eine Art Abwandlung der klassischen Variante. Das Training wird dabei an eine Wand verlegt. „Die Wand kann zum einen eine Führungshilfe sein oder bei bestimmten Übungen zusätzlichen Widerstand bieten“, sagt Tessa Temme, Sportwissenschaftlerin mit Schwerpunkt auf somatischen Methoden an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Die Wand lässt sich also gezielt für das Training nutzen – zum Beispiel beim sogenannten Wandsitz, wie er oben auf dem Bild zu sehen ist, oder bei Wandliegestützen. Und: Neben einer Trainingsmatte braucht es keine weiteren Geräte oder besondere Räumlichkeiten. Das ist natürlich praktisch. Allerdings kann die Wand auch bestimmte Trainingseffekte mindern, erklärt Temme: „Ich möchte ja beim Pilates zum Beispiel auch die Muskulatur trainieren, die aktiv das Gleichgewicht hält.“

Gerade Anfängerinnen und Anfänger sollten sich beim Pilates – auch an der Wand – am besten in einem Kurs professionell anleiten lassen, rät die Sportwissenschaftlerin. Aber auch Menschen, die sich regelmäßig bewegen und ein gutes Körpergefühl haben, profitieren vom Feedback und von den Korrekturen eines Trainers oder einer Trainerin vor Ort. Bei Problemen an der Wirbelsäule, den Bandscheiben oder bei akuten Rückenschmerzen sollte man Pilates (mit oder ohne Wand) lieber nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin machen.

Wer profitiert vom Wand-Pilates?

Studien, die sich ausschließlich mit der Wirksamkeit von Wand-Pilates beschäftigen, ließen sich bei der Recherche nicht finden. Welchen Effekt das Training hat, hänge davon ab, wie man es durchführt und welche Ziele man dabei verfolgt, so Sportwissenschaftlerin Temme: „Oft werden beim Wand-Pilates kurze Workouts von maximal 15 bis 20 Minuten gemacht – mit wenig genaueren Erklärungen, was wichtig bei der Ausführung ist. Feine Anweisungen für die Bewegungsausführung sind aber oft entscheidend um genau die richtigen Muskelgruppen anzusprechen.“

Wand-Pilates ginge oft eher in Richtung eines Fitnesstrainings als in Richtung Pilates. Gerade bei sogenannten Challenges, die nur über einen kurzen Zeitraum von wenigen Wochen laufen, sei das der Fall. „Das ist nicht unbedingt etwas Schlechtes“, sagt Temme. „Für manche kann das ein Einstieg in mehr Bewegung sein.“ Wer aber zum Beispiel seine Körperhaltung oder -wahrnehmung nachhaltig verbessern möchte, dem würden 15 Minuten Training am Tag nicht reichen. Dafür sei ein richtiger Lernvorgang nötig und der erfordere Konzentration und Anleitung.

Ein Vorteil von Wand-Pilates: Die Workouts umfassen meistens sogenannte isometrische Übungen wie etwa den Wandsitz. Bei isometrischen Übungen werden die Muskeln angespannt und eine bestimmte Position wird eine Zeit lang gehalten. In einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2023 konnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Großbritannien zeigen, dass diese Übungen helfen können, den Blutdruck leicht zu senken. Allerdings müssen sie dafür regelmäßig und korrekt durchgeführt werden. Und: Abnehmen lässt sich allein mit Wand-Pilates kaum. Dafür verbraucht man bei der Sportart zu wenige Kalorien. Und Gewicht verliert nur, wer mehr Energie verbraucht als er zu sich nimmt.


Quellen:

  • Wells C, Kolt GS, Bialocerkowski A: Defining Pilates exercise: A systematic review. In: Complementary Therapies in Medicine 01.01.2012, 20-4: 253-262
  • Fernández-Rodríguez R, Álvarez-Bueno C, Cavero-Redondo I et al.: Best Exercise Options for Reducing Pain and Disability in Adults With Chronic Low Back Pain: Pilates, Strength, Core-Based,and Mind-Body. A Network Meta-analysis. In: Journal of Orthopedic and Sports Physical Therapy 01.01.2022, 52-8: 505-521
  • Edwards JJ, Deenmamode AHP, Griffiths M et al. : Exercise training and resting blood pressure: a large- scale pairwise and network meta- analysis of randomised controlled trials. In: Br J Sports Med 01.01.2023, 57: 1317-1326