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Was ist eine Magersucht?

Kurz zusammengefasst: Was ist eine Magersucht?

Die Magersucht (Anorexie, Anorexia nervosa) zählt zu den Essstörungen. Experten gehen davon aus, dass weltweit rund ein halbes Prozent der Frauen im Alter von 15 bis 35 Jahren magersüchtig sind. Es sind deutlich mehr Frauen als Männer betroffen. Oft beginnt die Krankheit im Teenager- oder frühen Erwachsenenalter.

Typisches Zeichen der Magersucht ist ein selbst verursachter Gewichtsverlust bis hin zum Untergewicht. Betroffene hungern, schränken ihre Speisenauswahl ein oder treiben exzessiv Sport, manche erbrechen oder missbrauchen Abführmittel, um abzunehmen. Magersüchtige sehen ihren Körper verzerrt, leiden an einer Körperschemastörung: Obwohl sie schlank sind, fürchten sie, zu dick zu sein oder rasch wieder zuzunehmen.

Die Unterernährung kann negative, teils lebensbedrohliche Folgen haben. Eine frühe Therapie ist wichtig. Bei der Behandlung der Magersucht hat sich die Psychotherapie bewährt. Die Essstörung ist keine Erscheinung der Moderne, sondern schon vor ungefähr 150 Jahren erstmals beschrieben worden.

Anzeichen: An welchen Symptomen erkennt man eine Magersucht?

Auffälligstes Merkmal der Krankheit ist Untergewicht, das – oft innerhalb kurzer Zeit – selbst herbeigeführt wird. Experten unterscheiden verschiedene Formen von Magersucht:

1) Restriktive Anorexia nervosa: Der Einstieg in die Essstörung beginnt oft durch eine Diät. Die Betroffenen versuchen auf unterschiedlichen Wegen, Gewicht zu verlieren. Sie hungern oder betreiben exzessiv Sport. Typischerweise meiden sie besonders kalorienreiche Lebensmittel. Manche jüngere Mädchen oder Jungen versuchen, ihr aktuelles Körpergewicht nur zu halten und nicht weiter zuzunehmen, obwohl sie sich in der Wachstumsphase befinden. Sie nehmen also für ihr Alter zu wenig zu.

2) Purging-Typ (vom englischen Wort "to purge" = abführen): Betroffene verwenden zum Beispiel Abführ- oder Entwässerungsmittel, oder sie erbrechen nach dem Essen, um ihr Gewicht zu senken oder um eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Durch lange Fastenperioden kann es auch zu Heißhungerattacken mit Essanfällen und anschließendem Erbrechen kommen (bulimische Form der Magersucht).

Weitere Anzeichen einer Magersucht:

  • Körperschemastörung: Trotz ihres Untergewichts nehmen sich Magersüchtige zu dick wahr. Diese Verzerrung der Wahrnehmung nennen Experten Körperschemastörung. Magersüchtige empfinden sich meist auch nicht als krank oder behandlungsbedürftig
  • Angst vor Gewichtszunahme: Magersüchtige kontrollieren ihr Gewicht sehr genau, manchmal mehrmals am Tag. Sie haben eine übersteigerte Furcht davor, zuzunehmen
  • Essensrituale: Den meisten Magersüchtigen fällt das Essen sehr schwer. Sie essen zum Beispiel auffällig langsam, stochern im Essen, trinken viel Wasser, um den Magen zu füllen oder folgen selbst erdachten Essritualen. Viele vermeiden es, gemeinsam mit anderen zu essen oder möchten selbst für Familienangehörige oder Freunde kochen ohne mitzuessen, um die Kontrolle über die Mahlzeiten zu behalten. Sie beschäftigen sich viel mit Ernährungsfragen, tauschen beispielsweise Kochrezepte, können aber Mahlzeiten nicht genussvoll herrichten.
  • Gedanken kreisen um Gewicht und Essen: Die Themen Gewicht, Kalorien und Abnehmen beherrschen die Gedanken der Patienten. Viele Magersüchtige ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück, lassen Kontakte zu Freunden einschlafen, vernachlässigen andere Interessen

Der Begriff "Anorexia" bedeutet wörtlich übersetzt "Appetitlosigkeit", was eigentlich nicht ganz zutreffend ist. Denn viele Magersüchtige haben zunächst einen normalen oder sogar großen Appetit. Im Zustand der Unterernährung kann das Gleichgewicht zwischen den körpereigenen Botenstoffen allerdings gestört sein, so dass das Hungergefühl vollständig verloren geht.

Im Video erklärt Dr. med. Nina Buschek, wie sich Essstörungen unterscheiden, wie Angehörige helfen können und wo Erkrankte professionelle Hilfe finden:

Mögliche Folgen: Welche körperlichen Auswirkungen hat eine Magersucht?

Der starke Gewichtsverlust und die meist damit verbundene Mangelversorgung bleiben auf Dauer nicht ohne Folgen für den Organismus.

Stoffwechsel: Der Energiemangel bewirkt, dass der Körper auf "Sparflamme" schaltet. Die Körpertemperatur fällt ab, der Blutdruck sinkt, das Herz schlägt langsam. Viele Magersüchtige frieren schnell, haben kalte Hände und Füße. Durch die verringerte Nahrungsaufnahme verzögert sich die Magenentleerung und der Darminhalt benötigt mehr Zeit für die Darmpassage – es kommt leicht zur Verstopfung. Bei einem starken Eiweißmangel lagert sich Flüssigkeit im Gewebe ab (Ödeme).

Haut und Haare: Magersüchtige haben häufig eine trockene und schuppige Haut. Darüber hinaus können die Nägel brüchig und die Haare dünner werden oder sogar ausfallen. An einigen Körperstellen wie an den Armen, am Rücken und im Gesicht, entwickelt sich eine flaumartige, feine Behaarung (Lanugobehaarung). Das ist ein Versuch des Körpers den Wärmehaushalt zu regulieren. Weil das Unterhautfettgewebe schrumpft, treten die Venen sichtbar hervor, die Haut an Händen und Füßen schimmert bläulich.

Knochen, Muskeln, Zähne: Wird dem Körper weniger Energie zugeführt, als er verbraucht, baut er Muskelmasse ab. Erhält der Körper über längere Zeit zu wenige Nährstoffe, treten Mangelerscheinungen auf. Wachstum und Entwicklung werden verlangsamt oder sogar gehemmt. In Verbindung mit einem Mangel an Kalzium, Phosphat und Vitamin D kommt es zu Störungen des Knochenstoffwechsels. Die Knochen werden brüchig, bekannt als Osteoporose. Auch die Zähne leiden, insbesondere, wenn häufiges Erbrechen dazukommt. Es drohen Karies oder sogar Zahnausfall.

Gehirn: Im Zustand der Unterernährung wird ein Schwund des Hirngewebes beobachtet. Dieser Schwund äußert sich insbesondere in einer Verbreiterung der Hirnfurchen und einer Vergrößerung der inneren Gehirnkammern, die das Hirnwasser führen. Der Schwund des Hirngewebes geht mit Leistungseinbußen des Gehirns einher. Mit Gewichtsnormalisierung bildet sich der Hirnschwund in den meisten Fällen wieder zurück.

Salzhaushalt: Extremes Hungern, Erbrechen oder der Missbrauch von Abführmitteln können den Salzhaushalt des Körpers durcheinander bringen. Es entsteht ein Mangel an lebenswichtigen Elektrolyten. Ein schwerer Kaliummangel ist besonders problematisch, denn er löst gefährliche Herzrhythmusstörungen aus.

Immunsystem: Unter einer Mangelversorgung leidet auch das Immunsystem. Der Körper wird anfälliger für Infektionen. Sie sind bei sehr schwer verlaufender Magersucht ebenso wie Herzkomplikationen eine häufige Todesursache.

Viele der körperlichen Auswirkungen bilden sich zurück, sobald wieder ein gesundes Gewicht erreicht ist. Manche Folgen, etwa der Verlust an Knochenmasse, sind unter Umständen nicht mehr komplett rückgängig zu machen.

Warum bleibt bei einer Magersucht die Periode aus?

Typischerweise sinkt bei einer Magersucht der Spiegel der Geschlechtshormone ab. Betroffene verlieren oft das Interesse an Sexualität, männliche Magersüchtige können an Potenzstörungen leiden. Bei weiblichen Betroffenen setzt mit der Gewichtsabnahme ihre Regelblutung aus – vorausgesetzt sie nehmen nicht die "Anti-Baby-Pille", wodurch dem Körper eine gesunde Hormonproduktion vorgetäuscht wird. Nach Normalisierung des Gewichtes setzt die Regelblutung wieder ein. Eine Schwangerschaft kann dann wieder möglich sein.

Ursachen: Wie kommt es zur Magersucht?

Warum eine Magersucht entsteht, ist nicht genau bekannt. Experten gehen davon aus, dass bei der Essstörung verschiedene Auslöser eine Rolle spielen und sich gegenseitig beeinflussen können:

Anlagebedingte Faktoren: Verwandte von Betroffenen haben ein erhöhtes Risiko, eine Magersucht zu entwickeln. Vermutlich tragen verschiedene Gene zu diesem Risiko bei. Es erhöht sich mit engerem Verwandtschaftsgrad.

Biologische Faktoren: Botenstoffe und Hormone, die auf das Esszentrum im Gehirn wirken, sind wahrscheinlich bei der Entstehung, sicher aber bei der Aufrechterhaltung der Magersucht von Bedeutung. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Hirnfunktion bei Magersüchtigen in bestimmten Netzwerken des Gehirns verändert sein kann. Beispielsweise hat das Hungern bei Magersüchtigen einen starken positiven Effekt. Noch ist unklar, welche Bedeutung diese Veränderungen haben und ob sie Ursache oder Folge der Krankheit sind.

Psychologische Faktoren: Manche Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus, Ängstlichkeit oder Zwanghaftigkeit, ein schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl oder das Gefühl, sehr hohen Ansprüchen gerecht werden zu müssen, können zur Krankheitsentstehung beitragen. Magersucht beginnt häufig in der Pubertät. Die Krankheit kann Ausdruck dafür sein, dass sich die Betroffenen den Anforderungen dieser Lebensphase nicht gewachsen fühlen. Das Gefühl, einerseits die Kontrolle über bestimmte Lebensbereiche zu verlieren und andererseits die Erfahrung, auf dem Gebiet der Ernährung und des Essens selbstbestimmt die Kontrolle übernehmen zu können, kann ein Gefühl von Autonomie verschaffen. Bei einem Teil der Betroffenen finden sich in der Biografie auch schwere Traumen wie sexueller Missbrauch.

Gesellschaftliche Gründe: Insbesondere in den westlichen Industrieländern transportieren Werbung und Medien realitätsferne Schönheitsideale. Vor allem junge Menschen während der Pubertät und in der Adoleszenz können sich dadurch unter Druck gesetzt fühlen. Viele Betroffene berichten von Diäten oder einem sehr kontrollierten Essverhalten, bevor es zur Magersucht kam.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Es gibt keinen einzelnen Test, der eine Magersucht belegen würde.

In Gesprächen macht sich der Arzt ein möglichst genaues Bild. Er fragt nach dem Essverhalten, der eigenen Sicht auf den Körper, dem Gewichtsverlauf und dem angestrebten Gewicht. Außerdem versucht er, eventuelle begleitende psychische Erkrankungen zu erkennen, etwa eine Depression oder eine Angststörung. Um typische Symptome präziser zu erfassen, kommen Fragebögen und strukturierte Interviews zum Einsatz.

Maßstab zur Einschätzung des Körpergewichts ist der Body Mass Index (BMI). Er berechnet sich aus Körpergröße und Gewicht. Bei einer Magersucht liegt er bei den neuen Klassifikationssystemen unter 18,5 kg/m2. Bei einem Alter unter 18 Jahren werden die BMI-Perzentilenkurven angewendet.

Wichtig ist eine gründliche körperliche Untersuchung, eventuell ergänzt um weitere Checks wie Ultraschall- oder Blutuntersuchungen. Der Arzt muss zum einen ausschließen, dass das Untergewicht durch eine körperliche Krankheit verursacht wird, beispielsweise eine Schilddrüsenstörung. Zum anderen muss er untersuchen, ob sich bereits Mangelerscheinungen eingestellt haben.

Gegebenenfalls wird der Arzt zum Spezialisten überweisen, etwa an eine psychosomatische Einrichtung mit Schwerpunkt Essstörungen oder an eine kinder- und jugendpsychiatrische Klinik bei Kindern und Jugendlichen.

Therapie: Wie wird eine Magersucht behandelt?

Je früher die Therapie beginnt, desto besser sind die Heilungsaussichten. Erster Ansprechpartner kann – je nach Alter - zum Beispiel der Hausarzt, ein Kinderarzt, ein Psychotherapeut, eine Spezialambulanz für Essstörungen oder auch eine Beratungsstelle sein. Sie kann bei der Wahl eines geeigneten Therapieangebotes und der Frage der Kostenübernahme durch die Krankenkasse helfen.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung listet beispielsweise Beratungsstellen unter www.bzga-essstoerungen.de. Sie bietet außerdem ein Infotelefon unter der Telefonnummer 0221 89 20 31 an.

Ambulante oder stationäre Therapie?

Die Behandlung einer Magersucht kann ambulant, teilstationär oder stationär in der Klinik erfolgen. Oft schließt sich eine Nachsorge an, zum Beispiel in einer Tagesklinik oder in Form regelmäßiger Nachuntersuchungen. Zudem gibt es therapeutische Wohngruppen. Welches Angebot am besten geeignet ist, hängt von der individuellen Situation ab und richtet sich im Idealfall nach den Wünschen der Betroffenen.

Hat das Untergewicht bedrohliche Ausmaße angenommen oder sind die körperlichen Auswirkungen bereits sehr bedenklich, dann ist eine stationäre Behandlung ratsam. In der Regel wird sie ambulant fortgesetzt. Eine Therapie in der Klinik kann auch dann notwendig sein, wenn Komplikationen oder begleitende Krankheiten bestehen, etwa eine Depression, oder wenn eine ambulante Therapie keinen Erfolg bringt.

Unter Umständen muss eine Behandlung auch gegen den Willen einer Patienten erfolgen. Das sollte aber nur in absoluten Notfällen als letzte Option geschehen, wenn durch eine ausbleibende Behandlung eine lebensgefährdende Situation entsteht oder eine andere schwere psychosoziale Gefährdung. Ziel ist immer, dass die Betroffene eine Behandlung aus freien Stücken und eigener Überzeugung beginnt. Wenn die Nahrungsaufnahme nicht oder nur unter sehr belastenden Umständen möglich ist, kann übergangsweise eine Ernährung über eine Sonde erforderlich sein.

Wie lange dauert die Behandlung?

Die Therapiedauer kann sich von Fall zu Fall unterscheiden. Sie kann zwischen einigen Wochen oder mehreren Monaten betragen. Für die Nachsorge sollten längere Zeiträume eingeplant werden. Sie kann unter Umständen mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

Bausteine der Therapie

Bei der Behandlung der Magersucht arbeiten oft verschiedene Fachleute zusammen, zum Beispiel Mediziner, Psychotherapeuten, Psychologen, Ernährungsberater oder Diätassistenten. Sie sollten auf die Therapie von Essstörungen spezialisiert sein. Die Behandlung setzt sich aus mehreren, vernetzten Elementen zusammen:

  • Das Gewicht muss wieder in einen gesunden Bereich angehoben und stabilisiert werden. Das ist meistens die vordringlichste Aufgabe. Wichtig ist außerdem, Mangelerscheinungen auszugleichen
  • Die Betroffenen lernen, wieder gesund und regelmäßig zu essen, auf die Signale des eigenen Körpers zu hören, das Essen wieder genießen zu können – das geschieht oft gemeinsam mit anderen Betroffenen und unter der Anleitung von spezialisierten Ernährungsexperten. Eine alleinige Ernährungstherapie reicht als Therapie aber nicht aus
  • In der Psychotherapie werden Auslöser und aufrechterhaltende Faktoren der Essstörung thematisiert, sowie tragfähige Strategien für den Alltag und Methoden zur Rückfallprophylaxe erarbeitet. Betroffene üben beispielsweise, ihre Bedürfnisse besser zu spüren, Stärken und Fähigkeiten zu fördern. Gezieltes Verhaltenstraining kann im Umgang mit anderen Menschen sicherer machen und in die Lage versetzen, Gefühle anderen gegenüber besser zum Ausdruck zu bringen. Die Therapie kann einzeln oder in einer Gruppe stattfinden. Für Kinder und Jugendliche ist es wesentlich, die Familie mit einzubeziehen. Bei älteren Betroffenen kann der Einbezug von Partner oder Familie sinnvoll ein.

Medikamente können die Therapie in bestimmten Fällen unterstützen, zum Beispiel bei gleichzeitig bestehenden psychischen Problemen.

Magersucht: Verlauf und Prognose

Die Krankheit kann individuell unterschiedlich verlaufen. Eine exakte Prognose ist in der Regel nicht möglich.

Die Prognose gilt als besser, wenn

  • die Krankheit noch nicht sehr lange besteht
  • as Untergewicht nicht zu ausgeprägt ist
  • keine weiteren psychischen Krankheiten wie zum Beispiel Suchterkrankungen bestehen.

Betroffene, die zusätzlich Abführmittel missbrauchen oder erbrechen, um Gewicht zu verlieren (Purging-Typ, siehe Abschnitt Symptome), haben ausgeprägtere negative körperliche Folgen der Krankheit zu befürchten. Insgesamt ist die Prognose bei ihnen etwas schlechter als bei einer restriktiven Anorexie.

Rund 50 Prozent der Patienten gelingt es gut, die Magersucht zu überwinden. Bei etwa 25 Prozent der Betroffenen verläuft die Krankheit chronisch oder so ungünstig, dass die Patienten an den Folgen der Magersucht versterben (5%). Ursachen der Todesfälle sind einerseits körperliche Komplikationen, etwa Herzprobleme oder Infektionen. Zum anderen ist auch das Suizidrisiko erhöht.

Krankheits-Rückfälle sind häufig. Sie kommen bei zirka einem Drittel der Betroffenen vor, auch noch nach längerer Zeit, zum Beispiel in kritischen Lebenssituationen. Bei einem Teil der Patienten verläuft die Magersucht chronisch, sie erleben bessere und schlechtere Phasen. Für Betroffene, Angehörige und Therapeuten kann die Behandlung sehr herausfordernd sein, vor allem wenn die Behandlungsbereitschaft der Betroffenen fehlt oder sehr stark schwankt.

Bei manchen Betroffenen wird die Essstörung im späteren Leben durch eine andere psychische Störung abgelöst, zum Beispiel eine Zwangserkrankung, Depressionen, Drogen- oder Alkoholmissbrauch. Eine Magersucht kann außerdem in eine andere Form der Essstörung übergehen, etwa eine Bulimie.

Magersucht: Was können Eltern, Angehörige, Freunde tun?

Wenn Sie den Verdacht haben, eine Angehörige oder Freundin könnte an einer Essstörung leiden, sollten Sie das Gespräch suchen. Vermeiden Sie Kritik, Vorwürfe oder gut gemeinte Ratschläge. Beschreiben Sie, welche Verhaltensänderungen Ihnen auffallen und bringen Sie zum Ausdruck, dass Sie sich Sorgen machen. Das Gewicht muss dabei zunächst gar nicht im Mittelpunkt stehen.

Versuchen Sie, die Betroffene nach Möglichkeit zum Kontakt zu einer Beratungsstelle oder einem Arzt zu bewegen, ohne sie dabei unter Druck zu setzen. Bieten Sie Ihre Unterstützung an.

Eltern tragen die Verantwortung für die Gesundheit ihres minderjährigen Kindes. Für sie ist die Situation unter Umständen besonders kompliziert. Wer unsicher ist, kann sich auch als Angehöriger an eine Beratungsstelle wenden. Falls Sie die Situation bereits als kritisch einstufen, sollten Sie nicht zögern, einen Arzt zu kontaktieren.

Die Krankheit Magersucht bedeutet für die Angehörigen oft eine große Herausforderung, erfordert viel Geduld und Durchhaltevermögen. Unter Umständen geben sie sich eine Mitschuld an der Krankheit, fühlen sich hilflos oder wütend. Es kann entlasten, sich möglichst gut bei Fachleuten über die Magersucht zu informieren und die Betroffenen bei der Therapie zu unterstützen. Angehörige können jedoch nicht die Rolle des Therapeuten übernehmen. Hilfreich kann auch der Austausch in einer Selbsthilfegruppe sein.

Informationen & Beratung: Wo bekommt man Hilfe?

Anonyme telefonische Beratung gibt es zum Beispiel bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Telefonnummer 0221 89 20 31
Montag bis Donnerstag 10 bis 22 Uhr
Freitag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr

Mehr Informationen gibt es im Netz unter:

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): www.bzga-essstoerungen.de

[https://www.bzga-essstoerungen.de/]ANAD e. V.: www.anad.de

[https://www.anad.de/]Bundesministerium für Gesundheit: Fragen und Antworten zum Thema Essstörungen

[https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/essstoerungen/faq.html]Bundesfachverband Essstörungen e.V.

[https://www.bundesfachverbandessstoerungen.de/]Selbsthilfegruppen für Betroffene oder Angehörige, z.B. über www.nakos.de (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen)

Privat-Dozent Dr. Lars Wöckel

Privat-Dozent Dr. Lars Wöckel

Beratender Experte

Privat-Dozent Dr. Lars Wöckel, MHBA, geboren 1963, studierte Medizin an den Universitäten Aachen und Bonn. 1991 war er in der Westfälischen Klinik für Psychiatrie in Dortmund tätig, 1993 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Pathologie der Universität Köln. Er promovierte 1994 zum Dr. med. (Neuroanatomie) in Aachen und arbeitete ab 1994 als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Hirnforschung der Universität Tübingen. Ab 1997 war er im Zentralinstitut für Seelische Gesundheit der Universität Heidelberg in Mannheim in der Arbeitsgruppe Essstörungen tätig. Ab 2002 war er Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität Frankfurt/Main und Leiter der Essstörungsambulanz. Eine Berufung auf eine Professur an die University of Western Australia, Perth, hat er abgelehnt. Ab 2008 Tätigkeit als Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum der RWTH Aachen mit dem Forschungsschwerpunkt Essstörungen. Seit 2010 ist er Chefarzt des Zentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Clienia Littenheid AG, Schweiz. Er ist Mitglied in mehreren Gesellschaften, u.a. DGKJP, DGESS, ÖGES, SGKJPP, DÄVT, Kompetenznetzwerk Essstörungen, sowie Vorstandsmitglied in der Schweizer Gesellschaft für Essstörungen (SGES).

Quellen:

Patientenleitlinie "Diagnostik und Behandlung von Essstörungen", 1. Ausgabe 2015

S3-Leitlinie "Diagnostik und Therapie der Essstörungen", Stand 5 / 2018, https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-026.html

Essstörungen, Informationen für Eltern, Angehörige und Lehrkräfte, BZgA, Stand 08/2011

Stephan Herpertz, Martina de Zwaan, Stephan Zipfel Hrsg., "Handbuch Essstörungen und Adipositas", 2. Auflage 2015, Springer Verlag

Sara F Forman, MD, "Eating disorders: Overview of epidemiology, clinical features, and diagnosis", ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. http://www.uptodate.com (Abgerufen im Oktober 2018)

Philip Mehler, MD, "Anorexia nervosa in adults and adolescents: Medical complications and their management", ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. http://www.uptodate.com (Abgerufen im Oktober 2018)

Diane Klein, MD, Evelyn Attia, MD, "Anorexia nervosa in adults: Clinical features, course of illness, assessment, and diagnosis", ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. http://www.uptodate.com (Abgerufen im Oktober 2018)

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

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