Karies

Karies führt zu einem "Loch" im Zahn
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Kariesentwicklung
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Was ist Karies?
Zahnkaries ist eine lokalisierte Erkrankung der Zähne und wird durch mehrere Faktoren beeinflusst. Zum einen spielt der so genannte mikrobielle Biofilm (Zahnbelag, Plaque) - also ein Biofilm, welcher unterschiedliche Bakterien enthält - eine Rolle, zum anderen sind auch Nahrungsbestandteile (vor allem niedermolekulare Kohlenhydrate) mit verantwortlich. Die Entwicklung des Biofilms (Plaque) ist dynamisch, das heißt es besteht ein sehr individueller zeitlicher Verlauf. Verschiebt sich das Gleichgewicht zugunsten zahnschädigender Faktoren, indem im Biofilm zu viele Säuren enthalten sind, kommt es zur Demineralisierung (Mineralauflösung) an der Zahnoberfläche und es entsteht eine Karies. Diese kann sich im Verlauf auch auf das Zahnbein (Dentin) ausbreiten und den Zahn zunehmend zerstören. Karies ist nicht vererbbar, tritt aber häufig familiär auf. Das liegt vermutlich an ähnlichen Ernährungsgewohnheiten und mangelnder Zahnhygiene in der Familie. Die Krankheit kommt in den letzten Jahren in Deutschland deutlich seltener vor. Zahnmediziner führen dies unter anderem auf eine verbesserte Mundhygiene und vorbeugende Maßnahmen zurück. Kariesverursachende Bakterien können auch von Mensch zu Mensch (z.B. von der Mutter auf das Neugeborene) übertragen werde, somit kann Karies zu den übertragbaren Zahnkrankheiten gerechnet werden.

Eine zuckerhaltige Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Kariesentstehung
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Ursachen und Risikofaktoren für Karies
Kariöse Läsionen (Löcher) entstehen, wenn durch mikrobielle Säureeinwirkung der Zahnschmelz angegriffen wird. Einige der im Biofilm enthaltenen Bakterien können Kohlenhydrate zu Säure verstoffwechseln, was zu einem Absinken des PH-Wertes führt und somit das Herauslösen von Mineralstoffen aus dem Zahn auslöst.
Die Entstehung einer Karies wird daher von verschiedenen Faktoren beeinflusst:
- Zahnbelag (Plaque) mit kariogenen Bakterien
- Nahrungsbestandteile (niedermolekulare Kohlenhydrate, vor allem Zucker)
- Speichelflussmenge
- individuelle Anfälligkeit (z.B. unzureichend mineralisierter Zahnschmelz)
Die Entstehung von Karies ist sehr stark verhaltensbedingt, da eine ausreichende Mundhygiene eine zentrale Prophylaxemaßnahme darstellt. Auch der Speichel spielt eine wichtige Rolle. Kalzium und Fluorid, die in ihm vorkommen, remineralisieren die Zähne und wirken dem schädlichen Effekt der Säuren entgegen. Der Speichel neutralisiert außerdem Säuren im Mund und spült Bakterien von der Zahnoberfläche weg. Zu geringer Speichelfluss ist ein Risikofaktor für Karies.

Häufiges Nuckeln von fruchsäurehaltigen Getränken kann schon bei Kindern Karies auslösen
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Plaques sind die Basis für kariöse Läsionen
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Symptome für Karies
Die Zahnoberfläche besteht aus Zahnschmelz. In ihm befinden sich keine Nerven, weshalb die Zersetzung des Zahns durch die Säure zunächst keine Schmerzen verursacht. Bevor die eigentliche Karies entsteht, "entkalkt" die Säure die Zahnoberfläche. Das äußert sich in weißen Flecken (White Spots) auf den Zähnen. Dabei bleibt die äußerste Oberfläche zunächst intakt. Besteht die Karies schon länger, verfärben sich die weißen Flecken durch Farbstoffeinlagerung bräunlich. Befällt die Karies das unter dem Zahnschmelz liegende Zahnbein (Dentin), kommt es zu Zahnschmerzen, da sich im Dentin Zellfortsätze befinden. Im Zahnbein kann sich die Karies deutlich schneller ausbreiten – bis sie den "Zahnnerv", also die Pulpa (Zahnmark) erreicht. Die Pulpa enthält Bindegewebe, Blutgefäße und Nerven. Im Zahnmark kommt es zu einer Entzündung, die meist heftige Schmerzen auslöst. Die Zähne reagieren auf Süßes, Kaltes und Heißes empfindlich. Dieses Stadium nennt sich tiefe Zahnkaries und erfordert in vielen Fällen eine Wurzelbehandlung, also die Entfernung der Pulpa.
Diagnose: Wie wird Karies festgestellt?
Der Zahnarzt inspiziert die Zähne auf kariöse Stellen mit einer starken Lichtquelle, einem Spiegel und einer Sonde, gegebenenfalls auch mit weiteren Hilfsmitteln (Anfärbung, Durchleuchtung mit Licht). Nicht immer ist Karies direkt sichtbar, da sie sich auch zwischen den Zähnen befinden kann. Daher schließt sich bei Verdacht auf Karies eine Röntgen-Untersuchung an. Auf dem Röntgenbild wird deutlich, ob sich zwischen den Zähnen kariöse Veränderungen finden, wie weit die Zahnfäule fortgeschritten ist und ob bereits die Pulpa (der "Zahnnerv") erreicht ist. Auch bei bereits bestehenden Zahnfüllungen empfiehlt sich in regelmäßigen Abständen eine Röntgenaufnahme. So kann festgestellt werden, ob sich unter Füllungen oder an Kronenrändern Karies befindet, obwohl von außen nichts zu sehen ist.

Fortschreitende Karies zerstört den Zahn und es kommt zu einem Loch im Zahn
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Therapie: Was hilft bei Karies?
Wird die Karies frühzeitig entdeckt, kann sich der Zahnschmelz durch Gabe von Fluorid wieder erholen. Zuvor muss der Zahnarzt gründlich den Zahnbelag (Plaque) entfernen. Ist der Zahn bereits beschädigt, muss das kariöse Dentin möglichst vollständig entfernt werden. Reicht die Karies bis in die Nähe der Pulpa, kann zum Vermeiden einer Wurzelbehandlung auch kariöses (also infiziertes) Dentin belassen werden, wenn es tragfähig und ein stabiler, bakteriendichter Verschluss möglich ist.
Anschließend wird das Loch mit einer Füllung verschlossen. Als Füllungsmaterial kommen Kunststoffe (Komposite = Mischungen aus vernetzter Akrylsäure mit kleinsten Glas- und Keramikteilchen), verschiedene Keramiken, Metalllegierungen (zum Beispiel aus Gold, Platin, Silber) und Amalgam infrage. Die Materialien unterscheiden sich nicht nur optisch, sondern auch in der Verarbeitung und in den Kosten. Wie lange eine Füllung hält, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Für Komposit-Füllungen werden Haltbarkeiten von vier bis sechs Jahren angegeben, für Amalgam sieben bis acht Jahre, für Goldfüllungen 10 bis 15 Jahre, für Keramik-Inlays acht bis zehn Jahre. In der Praxis halten gut gemachte und gut gepflegte Restaurationen jahrzehntelang. Bei richtiger Indikation ist der häufigere Grund für die Erneuerung eine neue Karies und nicht das Versagen der Restauration.
Jeder Patient sollte für sich entscheiden, welches Füllungsmaterial er bevorzugt. Ein ausführliches Gespräch mit dem Zahnarzt hilft bei der richtigen Wahl. Eine Übersicht über die verschiedenen Materialien und Haltbarkeiten findet man auch auf der Internetseite der Kassen-Zahnärztlichen Bundesvereinigung. Eine neue Methode ist die Infiltration mit Kunststoff, die bei einer nicht zu weit fortgeschrittenen Karies infrage kommt. Durch dieses Verfahren kann eine Karies ohne Bohren und ohne konventionelle Füllung behandelt werden. Die Methode gehört zu den mikroinvasiven Verfahren und kann nur angewandt werden, wenn die Zahnstruktur noch intakt ist. Der betroffene Bereich wird zunächst gezielt mit einer Salzsäure-Mischung entkalkt und diese "Mikro-Defekte" werden anschließend mit dünnflüssigem Kunststoff aufgefüllt, so dass sich die Karies nicht weiter ausbreiten kann. Die Kosten werden allerdings (noch) nicht von den Krankenkassen übernommen.
Hat die Karies den Zahn bereits so stark in seiner Struktur zerstört, dass er nicht mehr gefüllt werden kann, wird unter Umständen eine künstliche Krone nötig. Sie wird auf den Zahnstumpf geklebt und stellt die natürliche Zahnform wieder her. Ist schon das Zahnmark (die Pulpa) bakteriell infiziert, muss eine Wurzelbehandlung vorgenommen werden. Dabei wird das infizierte Gewebe im Zahninneren entfernt, der Hohlraum so weit wie möglich desinfiziert und bakteriendicht verschlossen (Wurzelfüllung). Manchmal sind diese Eingriffe auch noch Jahre, nachdem die Karies beseitigt wurde, notwendig, da eine Pulpa auch symptomlos zu Grunde gehen kann.

Wer regelmäßig seine Zähne putzt, schützt sie vor Kariesbakterien
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Vorbeugen: Was schützt vor Karies?
- Viel trinken wirkt sich positiv auf die Speichelbildung aus. Trinken Sie aber nicht ständig – das verdünnt den Speichel und spült den schützenden Speichelfilm vom Zahn ab
- Trinken Sie möglichst selten zucker- und säurehaltige Getränke wie Limonaden, Soft- und Energy-Drinks. Für Kinder empfehlen sich ungesüßte Tees
- Vermeiden Sie es, Getränke (besonders wenn sie Zucker und/oder Säure enthalten) lange im Mund zu behalten
- Nehmen Sie insgesamt möglichst selten Zucker zu sich. Das nimmt den Bakterien ihre Nahrungsquelle
- Schon Kleinkinder haben ein Faible für Süßes, aber Geschmack ist zu einem Gutteil Gewohnheit
- Honig ist für Zähne genauso schädlich wie Haushaltszucker
- Putzen Sie mindestens zweimal am Tag Ihre Zähne, am gründlichsten vor dem Schlafengehen. Diese mechanische Entfernung des Biofilms schützt den Zahn
- Putzen Sie ihre Zähne nicht unmittelbar nach den Mahlzeiten (vor allem wenn diese säurehaltig war), sondern warten Sie 30 Minuten ab
- Benutzen Sie Zahnseide und Interdentalbürsten, um Plaque in den Zahnzwischenräumen und am Zahnfleischrand zu entfernen
- Sorgen Sie für eine regelmäßige Fluoridierung der Zähne. Dafür reichen fluoridhaltige Zahnpasten. Bei besonderem Risiko können zusätzlich Fluorid-Gele verwendet werden
- Die halbjährliche Touchierung der Zähne mit Fluorid-Lack ist hoch wirksam und ist bei Kindern und Jugendlichen Kassenleistung
- Eine Gabe von Fluoridtabletten an Kinder wird nicht mehr generell empfohlen, sondern individuell, zum Beispiel bei einem hohen Kariesrisiko. Sie sollten nach dem Zahndurchbruch gelutscht werden
- Nach dem Durchbruch der bleibenden Backenzähne ist eine Versiegelung der Fissuren (Grübchen des Zahnes) mit fließfähigem Kunststoff empfehlenswert
- Gehen Sie zweimal im Jahr zur Vorsorge-Untersuchung beim Zahnarzt. Je früher Karies entdeckt wird, desto günstiger ist die Prognose. Patienten mit erhöhtem Kariesrisiko ist die Teilnahme an einem strukturierten Prophylaxeprogramm zu empfehlen
- Zahnpflege-Kaugummis mit Zuckeraustauschstoffen können den Speichelfluss anregen und Kariesbakterien hemmen – für Menschen, die mit den Zähnen knirschen, sind Kaugummis allerdings tabu, da sich durch das Kaugummikauen eine Stimulierung der Kiefermuskulatur ergibt und Funktionsstörungen noch verstärkt werden können

Dr. med. dent. Joachim Hüttmann
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Unser beratender Experte
Dr. Joachim Hüttmann arbeitet seit 1986 als Zahnarzt in eigener Praxis in Bad Segeberg. Nach einer Zahntechnikerlehre und dem Studium der Zahnmedizin promovierte er in dem Thema Parodontologie.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
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