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Der Organismus muss sich im Frühjahr umstellen – eine Herausforderung, vor allem wenn häufige Wetterumschwünge hinzukommen. So pegeln sich Stoffwechsel und Hormonspiegel neu ein. Weil es draußen wärmer wird, wird auch die Haut besser durchblutet. Dadurch kann der Blutdruck etwas sinken.

Antriebslos im Frühjahr

Eine flüchtige Frühjahrsmüdigkeit ist in der Regel harmlos, eine Therapie nicht notwendig. Doch wie lässt sich diese Befindlichkeitsstörung von einer Depression unterscheiden? Wann sollten Betroffene mit einem Arzt über ihre Beschwerden sprechen?

Wer unter Frühjahrsmüdigkeit leidet, hat typischerweise wenig Antrieb. Fühlt sich oft erschöpft, niedergeschlagen und gereizt. "Unser Körper signalisiert uns, dass er Zeit für die Umstellung benötigt und wir uns nicht übernehmen sollten", erklärt Professor Arno Deister, Chefarzt des Zentrums für Psychosoziale Medizin des Klinikums Itzehoe. Auch Kreislaufprobleme und Schwindel treten eventuell auf, etwa beim morgendlichen Aufstehen. Besser:­ gemächlicher aus dem Bett kommen.

Die Beschwerden gehen normalerweise innerhalb von Tagen zurück – vor allem, wenn man auf die ­Signale seines Körpers hört und auf dessen Bedürfnisse eingeht:

Bei einer Depression kommen die geschilderten Beschwerden ebenfalls häufig vor. Aber sie dauert länger, und es treten noch deutlich schwerere Symptome auf. "Die Depression begleitet meist ein Gefühl des Antriebsmangels und der anhaltenden Freudlosigkeit, oft auch der inneren Leere", sagt Professor Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Charité Berlin.

Viele Patienten lassen sich nicht einmal mehr für Sekunden aufmuntern, auch nicht durch die Zuwendung von Angehörigen und Freunden oder durch erfreuliche Ereignisse. Psychiater sprechen von einer Affektstarre.

Professor Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Charité Berlin

Professor Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Charité Berlin

Tipps gegen Frühjahrsmüdigkeit

  • Geduld haben: Machen Sie sich bewusst, dass Sie nicht krank sind. Der Zustand Ihres Körpers hat einfach mit der Jahreszeit zu tun.
  • Warm und kalt duschen: Wechselgüsse bringen den Kreislauf in Schwung.
  • Spazieren gehen: Wandern in der Natur entspannt. Zudem hilft Tageslicht dem Körper, seinen natürlichen Rhythmus zu finden.
  • Moderat Sport treiben: Bewegung bringt den Körper in Schwung und hellt die Stimmung auf. Aber den Körper nach der Ruhepause im Winter nicht gleich überstrapazieren.
  • Sonne tanken: Sonnenstrahlen auf der Haut unterstützen die Bildung von Vitamin D, dessen Spiegel im Winter sinkt.
  • Leichte Kost: Nach den winterlichen Kalorienbomben jetzt die Vitaminvorräte mit Gemüse und Obst auffrischen.

Morgentief bei Depressionen

Die psychische Erkrankung sei bestimmt von einem Gefühl der Ausweg­­losigkeit, ergänzt Deister. Ein Mensch mit Depression schätze seinen Zustand nicht als vorübergehend ein, sondern sehe ihn als existenzielle ­­Bedrohung an. "Das Problem ist der Verlust der Zukunft, dass man sich gar nicht mehr vorstellen kann, wie es weitergeht."

Zusätzlich sind bei einer Depression oft körperliche Beschwerden vorhanden, etwa Schmerzempfindungen und vor allem Schlafstörungen. Letztere bestehen aber nicht nur da­rin, dass Betroffene viel nachdenken und schlecht einschlafen. "Depressive Menschen wachen oft mehrere Stunden zu früh auf, fangen dann an zu grübeln, schaffen es aber nicht, sich aus dem Bett zu begeben und etwas zu unternehmen", erläutert Heinz.

Das führt zum charakteris­tischen Morgentief, vielen Patienten geht es dann besonders schlecht. Manche haben ­zudem ein vermehrtes Schlafbedürfnis, sie schlafen mehr und länger als vor ihrer ­Erkrankung.

Auch Menschen mit Frühjahrsmüdigkeit seh­nen sich eventuell häufiger nach ihrem Bett als sonst. Doch diese Phase lasse sich alleine überwinden, so Deister, eine Depression ­oft nicht ohne fremde Hilfe. "Deshalb ist es für Depressive ganz schlimm, wenn Freunde ihnen auf die Schulter klopfen und sagen: Reiß dich zusammen, das wird schon wieder, so einen Durchhänger hatte ich auch mal."

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Hilfe ist notwendig

Wer Anzeichen einer Depression bei sich oder einem Angehörigen wahrnimmt, sollte möglichst bald ärztliche Hilfe suchen. Sonst drohen eine Verschlimmerung und ein längerer Krankheitsverlauf. "Wichtig ist, dass der Betroffene zwei Dinge versteht: erstens, dass er Hilfe braucht, und zweitens, dass es möglich ist, ihm zu helfen", erläutert Deister. Erste Anlaufstelle ist normalerweise der Hausarzt.

Bei einer Krise kann man auch telefonisch Hilfe suchen, zum Beispiel kostenlos bei der Telefonseelsorge unter 08 00 /11 10-111 oder -222. Weitere Kontaktmöglichkeiten finden Betroffene und Angehörige auf der Internetseite www.depressionsliga.de.

Sie haben keine Symptome, die auf eine Depression hindeuten, aber die Schlappheit will einfach nicht vergehen? Oder die Frühjahrsmüdigkeit fällt in dieser Saison viel ausgeprägter aus als in früheren Jahren? Auch dann empfiehlt sich der Gang zum Hausarzt für eine gründliche Untersuchung. Denn körperliche Ursachen wie zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion können ebenfalls müde machen.