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Öl, Cremes, Kapseln oder Kaugummis: der Wirkstoff Cannabidiol (CBD) drängelt sich in immer mehr Formen in die digitalen Regale der Online-Shops. Eine angstlösende, schmerzlindernde oder muskelentspannende Wirkung wird diesem natürlichen Extrakt der Hanfpflanze nachgesagt – und das ohne den Rausch oder Suchtfaktor des verwandten Cannabinoids THC. Wissenschaftliche Belege und gut gemachte Studien zu seiner Wirksamkeit bei Krankheiten gibt es jedoch fast nicht.

Cannibidiol wirkt auf körpereigene Rezeptoren, die von Gehirn, über Immunzellen bis hin zum Darm an den verschiedensten Stellen im Körper vorkommen. Dadurch sind theoretisch viele Anwendungen und Wirkungen denkbar – doch genauso könnte die Einnahme von CBD an vielen Stellen etwas durcheinanderbringen.

Nur ein zugelassenes CBD-Arzneimittel in Europa

Tatsächlich sind die Nebenwirkungen von CBD wenig erforscht. In Europa ist bislang erst ein spezielles CBD-Präparat, das nur diesen Wirkstoff enthält, offiziell zugelassen – und zwar begleitend zur Behandlung von bestimmten Formen der Epilepsie bei Patienten ab zwei Jahren. Mit CBD-Produkten aus dem Internet ist das aber nicht vergleichbar. „Das ist eine ganz andere Liga“, erklärt Mario Wurglics, der am Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe-Universität Frankfurt am Main arbeitet und sich seit Jahren mit den Wirkstoffen der Cannabis-Pflanze auseinandersetzt. Aussagen über Nebenwirkungen für eine alltägliche oder dauerhafte Anwendung seien zum jetzigen Zeitpunkt wenig zuverlässig, vielmehr sogar voreilig.

Nebenwirkungen von CBD als Medikament

Das in Europa zugelassene Medikament wird unter anderem bei seltenen Formen der Epilepsie eingesetzt, dem Dravet- oder Lennox-Gestaut-Syndrom.Die dafür notwendigen Placebo-kontrollierten klinischen Studien liefern bislang folgende Erkenntnisse über Nebenwirkungen:

Als Nebenwirkungen sind bei dem Medikament unter anderem bekannt:

- Durchfall

-Erhöhte Leberwerte, die möglicherweise ein Hinweis auf eine Schädigung der Leber sein können

- Gedanken, sich selbst zu verletzten oder sich das Leben zu nehmen

- Müdigkeit, Schläfrigkeit

- Ausschläge

- Appetitlosigkeit

- Übelkeit, Erbrechen

- Fieber

- Schlechte Laune

Mehr als zehn Prozent der Personen, die das Mittel einnehmen, berichteten von Symptomen wie Schläfrigkeit oder Durchfall. Seltener finden sich Nebenwirkungen wie Husten, Lungenentzündungen oder Harnwegsinfektionen.

Grundsätzlich treten Nebenwirkungen bei CBD womöglich dosisabhängig auf. Auch die Form der Einnahme oder aber der Abstand zu Mahlzeiten könnte die Wirkung beeinflussen, wie Laborstudien zeigen. Beispielsweise kann die gleichzeitige Aufnahme von Fetten wohl auch die von CBD erhöhen.

Abwägung von Risiken und Nebenwirkungen

Die Abwägung von Wirkung und Nebenwirkung ist bei schweren epileptischen Erkrankungen auch eine andere als bei eigentlich gesunden Menschen.

CBD kann auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben. Denn es beeinflusst bestimmte Enzyme in der Leber, die an deren Verstoffwechselung und Abbau beteiligt sind. Betroffen von Wechselwirkungen und damit in ihrer Wirkung verstärkt oder beeinträchtigt könnten unter anderem Medikamente gegen Epilepsien oder Gerinnungshemmer sein.

Leider ist jedoch noch wenig gesichertes Wissen vorhanden, welche Relevanz diese möglichen Wechselwirkungen genau haben. Wer CBD als Medikament einnimmt, bekommt es jedoch ärztlich verordnet. Die Behandlung erfolgt hier also unter medizinischer Kontrolle und gegebenenfalls auftretende Wechselwirkungen kann der Arzt oder die Ärztin zum Beispiel  über die regelmäßige Bestimmung gewisser Blutwerte oder Medikamentenspiegel im Blick behalten. Falls notwendig, lässt sich dann korrigierend eingreifen.

Auswirkungen weitgehend unerforscht

Aus den bisherigen Studien zu dem Medikament lassen sich keine verlässlichen Schlüsse für andere Anwendungen treffen. „Bei CBD-Produkten sind wir im niedrigen zwei- oder dreistelligen Milligramm-Bereich. Das ist zehn- oder hundertfach weniger. Das ist nicht so einfach vergleichbar“, sagt Wurglics. Ein weitreichendes Problem sieht er zudem woanders.

Meist wird CBD von Patienten nicht als einmalige Gabe, sondern als tägliche und langfristige Einnahme angedacht. Welche Auswirkungen aber die CBD-Tropfen über Monate oder gar Jahre haben können, ist jedoch noch weitgehend unklar. Das macht die Sache für Experten wie Wurglics nochmal ernster. „Je länger ein Wirkstoff angewendet wird, desto größer ist die Gefahr und desto sicherer muss er sein. Doch das ist hier einfach nicht ausreichend untersucht“, sagt er. Im Raum stehen zum Beispiel mögliche Leberschäden, da eine Erhöhung von Leberwerten bei der Einnahme von CBD beobachtet wurde.

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CBD-Produkte gelten als unsicher

Hinzukommt, dass CBD-Produkte derzeit nicht als Nahrungsergänzungsmittel oder ähnliches zugelassen sind. Sie unterliegen damit keiner wirklichen Kontrolle.

Tatsächlich haben auch mehrere Analysen in den vergangenen Jahren mangelnde Produktqualität und Sicherheit nachgewiesen, weil andere CBD- oder gar THC-Mengen enthalten waren als deklariert. Die Verbraucherzentralen raten daher von einem Verzehr ab. Die Einnahme als ärztlich verordnetes Medikament bei entsprechender Indikation und unter Kontrolle der möglcherweise auftretenden Neben- und Wechselwirkungen ist aber in Ordnung.

Quellen:

Rote Liste: Epidyolex 100 mg/ml Lösung zum Einnehmen. Online: https://www.patienteninfo-service.de/a-z-liste/e/epidyolex-100-mgml-loesung-zum-einnehmen (Abgerufen am: 24.01.2023)

Devinsky O, Cross H, Laux L et al.: Trial of Cannabidiol for Drug-Resistant Seizures in the Dravet Syndrome. In: NEJM 2017, 376:2011-2020, Online: https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa1611618 (Abgerufen am: 24.01.2023)

Millar S, Stone NL, Yates AS, et al.: A Systematic Review on the Pharmacokinetics of Cannabidiol in Humans. In: Front. Pharmacol. 2018, Online: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphar.2018.01365/full (Abgerufen am 24.01.2022)

Bonn-Miller MO, Loflin MJE, Thomas BF et al.: Labeling Accuracy of Cannabidiol Extracts Sold Online. In JAMA 2017, Online: https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2661569 (Abgerufen am 24.01.2022)

Bundesamt für Risikobewertung: Tetrahydrocannabinolgehalte sind in vielen hanfhaltigen Lebensmitteln zu hoch - gesundheitliche Beeinträchtigungen sind möglich. Online: https://www.bfr.bund.de/cm/343/tetrahydrocannabinolgehalte-sind-in-vielen-hanfhaltigen-lebensmitteln-zu-hoch-gesundheitliche-beeintraechtigungen-sind-moeglich.pdf (Abgerufen am 24.01.2022)

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit Baden-Württemberg: Cannabidiol (CBD) – ein Hype mit Gesundheitsrisiko. Online: https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=2&Thema_ID=2&ID=3021 (Abgerufen am 24.01.2022)