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Senioren Ratgeber: Mit 15 waren Sie die jüngste Sängerin mit einem Nummer-1-Hit in den USA. Diesen Rekord halten Sie bis heute.

Peggy March: Toll, nicht wahr? Ich habe gewartet und gewartet, aber es kam nie jemand Jüngeres.

Eines Ihrer Alben heißt „Man ist nie zu alt für Träume“. Haben Sie sich Ihre Träume alle erfüllt?

Noch nicht. Entscheidend sind nicht die großen Träume, sondern die kleinen, alltäglichen. Jeden Morgen hat man einen Wunsch, einen Traum wie: „Heute will ich in die Stadt fahren.“ Wenn wir aufhören zu träumen, ist das Leben uninteressant.

Kommt Ihre Karriere Ihnen manchmal wie ein Traum vor?

Mein Traum war immer zu singen. Schon als Kind, bei jeder Gelegenheit. Ich gehöre auf die Bühne, das habe ich irgendwie gewusst. Nicht alles war dann toll und schön, mein erster Manager brannte mit meinem Geld durch, mir blieben 500 Dollar.

Hatten Sie als Teenie ein Vorbild?

Ich wollte nie wie jemand singen. Ich hasste es, wenn jemand sagte: „Du klingst wie die und die.“

Sie haben in vielen Ländern Karriere gemacht und in vielen Sprachen gesungen. Wie geht das?

Ich kann sehr gut nachmachen, ich habe ein sehr gutes Gehör. In meiner Heimatstadt lebte eine Familie aus Japan, die haben mir bei der Aussprache geholfen. Italienisch lernte ich erst in Italien. Deutsch habe ich gesungen, ohne ein Wort zu verstehen. Wenn man jung ist, geht so viel. Wenn es Spaß macht, geht es leicht. Und über allem ist die Musik.

Stimmt es, dass „What a wonderful world“ von Louis Armstrong Ihnen zuerst angeboten wurde?

Ja. Aber ich fühlte mich zu jung. Es ist eine wunderbare Welt, aber was weiß eine 16-Jährige davon? Heute singe ich den Song oft a cappella bei Konzerten in Amerika.

Plattenfirma, Komponisten, Manager: sicher schwierig, wenn so viele Menschen mitreden …

Ja. Mir ist immer was gesagt worden. Ich hatte nie eine Meinung zu haben. Viele Stars sind daran zerbrochen. Wenn du für etwas brennst und es der einzige Weg ist, dann gehst du ihn. Ich wollte nicht zerbrechen, und ich bin nicht zerbrochen. Ich war sehr oft alleine, das viele Reisen war nicht immer leicht. Aber ich war immer ein positiver Mensch und hatte ein sehr gutes Zuhause. Meine Eltern waren immer auf meiner Seite.

Peggy March während eines Auftritts in der ZDF-Hitparade im Jahr 1969.

Peggy March während eines Auftritts in der ZDF-Hitparade im Jahr 1969.

Peggy ist die Kurzform von Margaret. Wie kamen Sie auf den Künstlernamen „March“?

Die Produzenten fragten: Wann bist du geboren? Im März! Das war es dann. Und noch ein „Little“ davor. Das habe ich gehasst! Aber ich war wirklich sehr klein, ich war ja erst 14.

Sie haben lange in Deutschland gelebt. Haben Sie etwas „typisch Deutsches“ übernommen?

Außer meiner Vorliebe für deutsches Essen im Allgemeinen und Prinzregententorte im Besonderen? Als mir eine amerikanische Freundin ein Glas Wasser anbot, antwortete ich: „Gerne, aber ohne Eis!“ Da schaute sie mich an und sagte: „Das ist sehr deutsch.“ Das stimmt auch.

Wie kam es dazu, dass Sie sich in Deutschland niederließen?

Auf einer Feier nach einer Eurovisionssendung in Amsterdam meinte mein Mann salopp: „Ich glaube, wir werden uns in Deutschland niederlassen.“ Als wir am nächsten Tag die entsprechende Schlagzeile lasen, sagten wir uns: „Okay! Warum nicht?“ Vielleicht für drei Jahre. Dann blieben wir von 1969 bis 1981 in München.

Warum sind Sie in die USA zurückgegangen?

Das hatte viele Gründe: Unsere Tochter Sande Ann sollte auf eine lässigere, amerikanische Schule. Meine Allergien waren sehr stark. Mein Mann bekam Kopfschmerzen vom Föhn. Und die Neue Deutsche Welle kam auf, Schlager war nicht mehr gefragt. Zudem wollte ich Liedtexte schreiben, das konnte ich nicht auf Deutsch. Wenn sich eine Tür schließt, geht eine andere auf. Und die war in Amerika.

Besitzen Sie eine Peggy-March- Komplettsammlung?

Ich kenne Leute, die eine haben, aber ich nicht. Ich habe vergessen, Platten zu behalten, ich habe nicht einmal meine alten Autogrammkarten.

Sind Sie jemand, der gut loslassen und Dinge hinter sich lassen kann?

Nicht immer. Aber meistens. Manchmal tut es mir länger weh oder ich bereue es, aber das hilft niemandem.

Wie halten Sie es mit Rückblicken?

Wenn ich meine Biografie lese oder mich erinnere, denke ich: nicht schlecht! Aber ich bleibe nicht dort. Ich will vorwärts. Ich bin froh, dass ich da bin, wo ich bin, ich möchte kein Teenager mehr sein. Sich zu sträuben oder Sorgen zu machen, ist vergeudete Zeit, das hilft niemandem. Ich bin nicht so naiv zu denken, dass alles gut ausgeht. Mein Mann starb vor neun Jahren, ihm ging es drei Jahre schlecht. Ich weiß, dass er Schmerzen hatte und dass er Sorgen hatte. Aber ich hatte die ganze Zeit auch positive Gedanken: Morgen ist das und das besser. Das war nicht immer der Fall, aber oft. Sein Tod hat mich sehr getroffen. Aber das Leben ist so. Du kannst nichts dagegen tun.

Was hat Ihnen nach dem Tod Ihres Mannes weitergeholfen?

Der Beruf. Völlig klar. Ich habe die erste Anfrage zugesagt, bevor der Anrufer den Satz beendet hatte.

Wo finden Sie Ruhe?

Ich bin nicht gerne zu Hause, das ist viel zu viel Verantwortung. Dauernd ist etwas sauber zu machen, das Bad zu putzen. Ich bin viel lieber unterwegs, das war schon als Kind so. Immer weiter, zum nächsten Ort. Meine Mutter war auch so, mein Vater sagte: „Sie hat immer einen Fuß aus der Tür und ihren Mantel an.“ Das ist bei mir auch so. Ich fahre aber nicht in den Urlaub, ich besuche die Familie.

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