Senioren Ratgeber

Senioren Ratgeber: "Familie Dr. Kleist" wird gerne mal als Heile-Welt-Serie verspottet. Wie sehen Sie die Serie um den Fernseharzt, den Sie verkörpern?

Fulton-Smith: Bei "Familie Dr. Kleist" leben drei bis vier Generationen unter einem Dach, es gibt also immer Turbulenzen. Beim Serienstart 2004 habe ich noch gesagt: Der Kern der Gesellschaft ist die Familie. Heute sage ich: Der Kern ist die Patchwork-Familie. Wir haben immer ganz gut die Balance getroffen, dass die ärztlichen Probleme manchmal in die familiären mit reinspielen und umgekehrt. Das erfordert ein Querdenken und führt schon mal zu einer Lösung.

Dr. Kleist als Gegenteil des Halbgottes in Weiß?

Genau. Irrungen und Wirrungen, nicht weiterwissen, vielleicht auch mal scheitern – das gehört alles bei ihm dazu. Viele Zuschauer erkennen sich wieder und sagen: Das ist bei mir genauso, und wenn die das lösen können – und das können sie, ein Happy End gehört dazu –, dann bekomme ich das auch hin.

War Eisenach eine gute Schauplatzwahl?

Unbedingt. Die Serie spielt in der geografischen Mitte Deutschlands. Dass zufällig vorher noch ein paar wichtige Menschen wie Luther und Bach dort waren, hat uns ­Eisenach noch verschönt. Dr. Kleist hat den Tourismus um mehr als 30 Prozent angehoben! Mir haben schon Menschen gesagt: "Wegen Familie Kleist sind wir nach Eisenach gezogen." Es ist auch wirklich wunderschön, wir haben die Wartburg, den Thüringer Wald, das größte zusammenhängende Jugendstilvillenviertel Deutschlands ...

Sie sagen "wir" – Sie scheinen sich ja wirklich sehr mit Ihrem Arbeitsort zu identifizieren.

Es wäre ja schrecklich, wenn mir ­Eisenach nach 15 Jahren noch immer fremd wäre. Ich verbringe dort beinahe die Hälfte des Jahres. Mein Lebensmittelpunkt ist aber weiterhin München, wo auch meine Kinder und meine Eltern wohnen.

Wenn Sie mit Dr. Kleist befreundet wären, wofür würden Sie ihn besonders schätzen?

Ich finde seine Offenheit sehr erstrebenswert und die Nachhaltigkeit, mit der er sich in bestimmte Probleme hineindenkt und sich die Zeit für ­Patienten nimmt. Das ist natürlich idealisiert, mein Hausarzt schimpft deswegen immer mit mir.

Francis Fulton-Smith

* 25. April 1966 in München, Vater Brite, Mutter Deutsche

Zahlreiche Engagements am Theater und beim Film. Spektakulärste Rollen: Franz Josef Strauß, Hermann Göring. Seit 2004 Hauptrolle in der Serie "Familie Dr. Kleist", dienstags um 18:50 Uhr im Ersten. Mit seiner Ex-Frau, der Schauspielerin Verena Klein, hat er zwei Töchter (* 2009, 2012).

Filmszene Familie Dr. Kleist

Filmszene Familie Dr. Kleist

Zeit ist leider eine Mangelware.

Es ist aber wichtig, dass man sich auch für sich selbst Zeit nimmt. Ich finde es erstaunlich, wie viele Menschen in der heutigen Zeit sagen: Eine Darmspiegelung mache ich nicht. Es gibt keinen Grund, sich selber das nicht wert zu sein. Lieber ein cooler Einlauf als ein mieser Abgang.

Sie reden wie ein Arzt. Ist das eine Nebenwirkung Ihrer Rolle?

Als Schauspieler ist der Körper mein Instrument, und natürlich spiele ich lieber auf einer Stradivari als auf einer singenden Säge. Ich lebe bewusst, ernähre mich gerne gut und richtig. Das kommt in unserer Gesellschaft oft zu kurz. Wir sind darauf konditioniert, in unsere Autos nur die besten Öle reinzuschütten. Aber beim Salatöl nehmen wir das Sonderangebot.

Sie sollen fürs Malen das Rauchen aufgegeben haben. Sie haben also mal geraucht?

Jeder war mal dumm. Ich bin heilfroh, dass ich das Kapitel für mich beenden konnte. Gezeichnet und gemalt habe ich eigentlich schon immer. Aber ich habe es dann verstärkt, weil es beim Drehen oft zu Wartezeiten kommt. Da geht man halt eine rauchen. Irgendwann sagte ich mir: Ich gehe nicht rauchen, ich male. Oder ich mache Liegestütze oder meditiere für eine halbe Stunde.

Sie sind auch begeisterter Kampfkünstler, unter anderem üben Sie Aikido aus. Was fasziniert Sie so daran?

Es geht darum, dass man Körper und Geist schärft, Aufmerksamkeit und Disziplin hat und mit dem Partner agiert. Aikido ist fast so etwas wie ein Tanz: Der eine will etwas von einem, der andere nimmt das auf, und dann gibt es bestimmte Bewegungsformen. Aikido eignet sich von klein auf bis ins hohe Alter. Mein Großmeister hat es bis fast 90 praktiziert.

Man muss aber in jungen Jahren anfangen?

Nein. Wichtig ist, dass man ganz ­behutsam das Fallen lernt. Das erinnert an Purzelbäume in Zeitlupe. Das kann man zu jeder Zeit machen. Aikido hat nichts mit Kraft zu tun, sondern mit einer bestimmten Form, mit Energie umzugehen.

Eine weitere Leidenschaft von Ihnen sind Kräuter?

Ja, ich koche gerne, und es ist interessant, was die Natur für eine groß­artige Vielfalt an Heilpflanzen und Gewürzen bietet. Von Ingwer und Kurkuma bis zu Kümmel und Fenchel. Wildkräutersalate sind lecker, nahrhaft, und sie geben dem Körper Baustoffe, um sich selbst zu heilen. Wenn wir dann noch genügend schlafen und reichlich Wasser trinken, kann sich der Körper wesentlich mehr selbst heilen, als man denkt.

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Ihr Lieblingsfilm ist der Western "Spiel mir das Lied vom Tod". Warum gerade der?

Diese alten Monumentalfilme habe ich schon als Kind geliebt. Und "Spiel mir das Lied vom Tod" ist die Mutter aller Western. Die bombastische Film­musik von Ennio Morricone haben meine Eltern oft aufgelegt, die hörte ich beim Einschlafen aus dem Wohnzimmer.

Sie waren gerade mal zwei Jahre alt, als der Film herauskam.

Das erste Mal gesehen habe ich ihn mit 15. Eine großartige Geschichte, ich kann jeden Dialog mitsprechen. Das war so ein Punkt, wo ich gesagt habe: Schauspieler ist für mich der tollste Beruf der Welt. Irgendwann will ich mal so einen Monumentalfilm als Produzent realisieren.

Wie sah die Straße Ihrer Kindheit aus?

Aufgewachsen bin ich in einem Dorf mit vielen Feldern drumherum. So bin ich früh mit Ackerbau und Viehzucht in Berührung gekommen. Die Familie meines Vaters lebt im länd­lichen Nordengland. Schon mit vier nahm mich mein Vater mit zum ­Fischen und zum Jagen. Den tiefen Respekt vor der Natur versuche ich auch an meine Kinder weiterzugeben: dass das Stück Fleisch im Supermarkt einmal zu einem lebenden Wesen gehörte, dem wir dafür dankbar sein können!

Wofür steht Ihr Totenkopfring?

Ich war zum 70. Geburtstag des Rock-sängers Steven Tyler eingeladen, dafür hatte ich mir diesen Ring ­gekauft. Da saß ich mit Alice Cooper am Tisch, und er sagte: "Geiler Ring!" Seitdem sage ich: "Stimmt!"

Dr. Kleist könnte den Ring eher nicht tragen …

Um Gottes willen!

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