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Herr Schanze, Sie stehen gleich bei mehreren Generationen für schöne TV-Erinnerungen …

Noch heute werde ich mit der Frage „Hätten Sie heut’ Zeit für mich?“ in Verbindung gebracht, obwohl die gleichnamige Show schon vor 50 Jahren lief! Andere sprechen mich auf „Kinderquatsch mit Michael“ an und viele erwähnen das „Plopp!“ bei „1, 2 oder 3“ oder wie gerne sie da mal „Kamerakind“ gewesen wären.

Erfüllt Sie das mit Stolz?

Stolz ist ein schwieriger Begriff. Ich freue mich über diese Resonanz, das Gegenteil wäre mir nicht so angenehm.

Ihre Auftritte wirkten immer so leicht, fast wie aus dem Ärmel
geschüttelt.

Schön, dass Sie das sagen. Ich habe hart daran gearbeitet, dass es immer so wie aus dem Ärmel geschüttelt daherkam. Als ich Ende der 1960er-Jahre hoffte, mich mal im Rampenlicht präsentieren zu dürfen, nahm ich Tanzunterricht, Schauspielunterricht, Sprecherziehung, all diese Dinge. Ohne aktuellen Anlass. Als das bei „Hätten Sie heut’ Zeit für mich“ gebraucht wurde, hatte ich es parat, im Ärmel. Aber nur, weil ich es vorher reingesteckt hatte.

Sie waren unfassbar jung am Beginn Ihrer Karriere …

Das stimmt. Beim ersten Auftritt im „Talentschuppen“ war ich gerade mal 20. Ich wollte nicht nur als Sänger wahrgenommen werden, ich wollte, dass die Leute einen Entertainer in mir sehen. Den „Ritterschlag“ erhielt ich von Peter Alexanders Ehefrau Hilde, deren Wort in der Showbranche Gewicht hatte. In einem Interview mit der Zeitschrift „Hörzu“ sagte sie: „Es gibt da nur meinen Peter. Und vielleicht Michael Schanze.“

Die Galas mit ihren Showtreppen gibt es schon lange nicht mehr. War ihre Zeit irgendwann abgelaufen oder fehlte es einfach an großen Künstlern?

Anfang der 1970er-Jahre waren Shows mit viel Musik und ein wenig Gesprächen nichts Außergewöhnliches. Dann kamen Unterhaltungssendungen auf, in der die Musik nur noch eine untergeordnete, später gar keine Rolle mehr spielte, wie „Klimbim“. So kam meine Art der Personality-Show aus der Mode. Aber auch ich fühlte mich irgendwann nicht mehr ganz wohl in meiner Haut: Die Fliegen wurden immer größer und dieses permanente Fragen „Hätten Sie heut’ Zeit für mich?“ war nach fast zehn Jahren langsam überholt.

Moderator Michael Schanze in der nachmittäglichen Familien-Spielshow Superblöff.

Moderator Michael Schanze in der nachmittäglichen Familien-Spielshow Superblöff.

War das der Grund, wieso Sie aussteigen wollten und sich an der Sporthochschule anmeldeten?

Ja, und am selben Tag bekam ich einen Anruf, ob ich ein Quiz machen möchte. Das sei das Letzte, was ich machen wollte, entgegnete ich. Höchstens ein Ratespiel könnte ich mir vorstellen, wie ich es gerade in England gesehen hatte, es hieß „Runaround“. Der Anrufer dachte, ich wollte ihn veralbern, denn genau diese Sendung wollte er mir vorschlagen, als „1, 2 oder 3“.

Sie sind neben Ihrer TV-Karriere immer sehr sportlich geblieben,
belegten 1976 sogar den siebten Platz bei der Windsurf-WM …

Ich habe wirklich exzessiv Sport getrieben und war ja auch nicht ganz unerfolgreich, egal ob beim Skifahren, beim Segeln, beim Tennis oder eben dem Windsurfen.

Ihr Bruder sagte einmal, Sie hätten „alles exzessiv gemacht“: die vielen Shows, Platten, TV-Auftritte. Vielleicht mehr, als Ihnen guttat?

Wenn ich eine Sache gemacht habe, dann habe ich mich ihr voll und ganz gewidmet. Durch den Erfolg und weil ich über die Jahre von einem Termin zum nächsten gehetzt bin, war das vielleicht manchmal zu viel des Guten.

Gesundheitlich oder auch in Hinblick auf Ihre Ehe?

Beides. Ich bekam einen Schuss vor den Bug, als ich im Haus meiner Mama das Bewusstsein verlor. Dass meine Ehe in die Binsen ging, lag daran, dass wir zwei völlig unterschiedliche Leben führten. Ich war ständig abwesend. Monika musste mit den drei Buben ihr Leben stemmen und bildete eine Art Kokon, in den ich nicht mehr so leicht hineinkam. Sie hat sich dann verliebt, das hat offenbar gut gepasst: Die beiden sind immer noch zusammen.

Was würde der 76-jährige Michael Schanze seinem jüngeren Ich heute raten?

Wenn du etwas machen möchtest, tu es! Häng dich rein! Auch wenn scheinbar unüberwindliche Hindernisse im Weg stehen. „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“ Je älter man wird, umso bewusster wird einem, dass das nicht nur ein leerer Spruch ist.

Wenn du etwas machen möchtest, tu es! Häng dich rein! Auch wenn scheinbar unüberwindliche Hindernisse im Weg stehen.

Sind Sie zufrieden damit, wie sich Ihr Leben entwickelt hat?

Einer meiner Lebensgrundsätzeheißt: „Sein, nicht scheinen“. Ich fand es immer peinlich, wenn Menschen versucht haben, intelligenter, witziger oder jünger zu erscheinen, als sie wirklich waren. Unter diesem Motto habe ich mir immer das Recht bewahrt, zu mir und meinem Alter zu stehen. Dass mir der Erfolg treu geblieben ist und das Publikum mit mir älter geworden ist, hat mich darin bestärkt. Das half mir auch, als ich mich gegen das Fernsehen und für das Theater entschieden habe.

Den Entschluss haben Sie nie bereut?

Nicht eine Sekunde! Obwohl man heute schnell für tot gehalten wird, wenn man nicht mehr auf dem Bildschirm herumturnt. Aber das steht in keiner Relation zu den Glücksgefühlen, wenn man abends nach der Theatervorstellung im Hotelzimmer liegt und denkt: „Du hättest dich nicht besser entscheiden können.“

Dann hat sich alles gefügt?

Das Schicksal hat es gut mit mir gemeint. Immer wieder sind mir Dinge oder Menschen zum richtigen Zeitpunkt begegnet. Ich hatte nie damit gerechnet, mal die Musik für ein Musical zu schreiben. Die Anfrage, für das neue Charles-Dickens-Weihnachts-Musical die Musik beizusteuern, kam, als ich an einer „Kreuzung“ in meinem Leben stand und mich fragte, welche Richtung ich einschlagen will. Nach dem großen Erfolg von „Scrooge“ folgten dann noch „Heidi“ und das „Bambi-Musical“.

2003 hatten Sie einen schweren Skiunfall und es war Schluss mit Sport …

Der Bruch meines zwölften Brustwirbels führte dazu, dass der Typ, der in seinem Leben so viel Sport getrieben hatte, plötzlich unbeweglich war. Das war die Initialzündung für eine rapide Gewichtszunahme.

Hadern Sie nicht doch manchmal mit dem Schicksal?

Ich erinnere mich an viele schöne Momente im Sport. An die Erfolgserlebnisse, die Selbstbestätigung. Davon Abstand zu nehmen, fällt schwer. Aber ich hadere nicht, ich trauere der Zeit manchmal hinterher. Aber das ist ein Teil des Älterwerdens.

2019 hatten Sie eine Lungenembolie.

Ja, sogar beidseitig, dazu kam eine schwere Lungenentzündung. Im August kam ich ins Krankenhaus, erst im Dezember war ich nach der Reha zu Hause. Der Begriff der Endlichkeit ist seitdem vorgerückt in meinem Denken. Wie viele Geburtstage wirst du noch feiern? Wie oft wirst du noch ein Frühjahr erleben? Das sind Gedanken, die ich früher nie hatte.

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Was denken Sie beim Rückblick auf Ihre Showkarriere?

Ganz toll, dass du es machen durftest, wunderbar, dass du es nicht mehr machen musst.