"Da hat es gefunkt"

Claus Theo Gärtner als Privatdetektiv Matula
© F1online/Imagebroker/Werner Bachmeier
Werden Sie im Alltag oft als "Herr Matula" angesprochen?
Häufig, ja. Unser Bäcker in Basel begrüßt sogar meine Frau als "Frau Matula".
Hat Sie das nie genervt?
Nein. Ich wusste ja, wer gemeint ist.
Selbst Ihre Autobiografie heißt "Matula, hau mich raus". Sie beide sind offenbar unzertrennlich …
Das ist wohl so. Entstanden ist das Buch in den Drehpausen zum ersten "Matula"-Film.
Sie sind 2013 aus "Ein Fall für zwei" ausgestiegen – jetzt gibt es einen neuen Fernsehfilm. Wie kam es dazu?
An meinem 70. Geburtstag rief mich der ZDF-Programmdirektor an: "Wir sind den Zuschauern schuldig, dass sie erfahren, wie es mit Matula weitergeht. Wenn Sie wollen …" Und das Buch hatte so viele neue Facetten für Matula, dass ich sagte: Okay, das mache ich. Es war eine harte Drehzeit, im Februar an der Nordsee im Wattenmeer zu liegen ist kein Spaß, aber es hat sich gelohnt.
Und abends nach dem Dreh haben Sie Ihr Leben aufgeschrieben?
Nicht ganz, meine Frau war dabei und hat mich zu bestimmten Themen und Ereignissen befragt, alles aufgeschrieben und in eine sinnvolle Form gegossen.
Was gab den Anstoß zu dem Buch?
Freunde hatten schon öfter gesagt: "Die Geschichten, die du erzählst, musst du mal aufschreiben!" Und als mein Freund und Kollege Otto Sander starb, dachte ich auf der Beerdigung: "Jetzt sind seine ganzen Geschichten mit ihm weg." Das wollte ich anders machen.
Wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen?
Durch meinen Vater, der mich sehr gefördert hat, die Kirche – ich war Messdiener –, aber vor allem durch "Tarzan". Das war der erste Film, den ich im Kino sah. Da war ich fünf, und ich dachte: "Wo das Licht aus dem Loch in der Wand gegenüber der Leinwand kommt, muss der Dschungel dahinterliegen." Meine Faszination für das Medium ist seitdem ungebrochen.
Sie schreiben: "Ich habe das Glück oft herausgefordert." Das fing als Baby in einer Bombennacht an …
Es war Bombenalarm, meine Mutter lief mit meinem Onkel und mir zu einem Bunker. Weil sie die Hände voll hatte, übernahm mein Onkel den Kinderwagen. Im Bunker stellte sich heraus, dass ich unterwegs herausgefallen war. Sie fanden mich dann in der Gosse, um mich herum panisch trampelnde Leute – und ich war unverletzt. Und so ist das mein Leben lang geblieben. Ich war noch keinen Tag arbeitslos. Ich bin zwölf Jahre lang Rennen gefahren und habe nicht eine ernsthafte Beule abbekommen – außer an den Autos. Und dann hatte ich noch das Glück, eine Frau wie Sarah kennenzulernen.
Ihre Frau ist 36 Jahre jünger – hat Sie der Altersunterschied zögern lassen?
Na klar. Vor dem Antrittsbesuch bei ihrem Vater, der zehn Jahre jünger ist als ich, war ich extrem aufgeregt. Lief aber alles gut. Und was sollten wir machen? Wo die Liebe hinfällt …
Und Matula war der Ehestifter?
Als Sarah zwölf Jahre war, schrieb sie mir für ein Schulprojekt einen Brief mit vielen Fragen und legte einen Linolschnitt von meinem Gesicht bei. Ich antwortete damals fast nie auf Fanpost, doch ich war so beeindruckt von ihren Fragen, dass ich sie beantworten wollte und sie anrief. Sie brachte vor Aufregung keinen Ton heraus, darum versprach ich, am nächsten Tag noch mal anzurufen. Was ich dann komplett vergaß. Zehn Jahre später besuchte sie unseren Filmset, weil sie einen Bericht über die Dreharbeiten schreiben wollte. Zwei Jahre später liefen wir uns erneut über den Weg – und da hat es gefunkt.
Stunt-Szenen machen Sie weitgehend selbst ...
So weit, wie es die Versicherung zuließ. Und fast alle Autostunts. Da konnten sie keinen Besseren haben als mich. Nur wenn es darum ging, sich in einem Auto zu überschlagen, saß ich da nicht drin.
Was treibt Sie an? Grenzen ausloten? Der Adrenalinkick?
Genau, das Adrenalin. Und sich zu überwinden. Zu sagen: "Komm, das schaffst du!" Manchmal ist das auch schiefgegangen, dann hat es halt ein bisschen wehgetan.
Sie sind in Ihrem Leben viel gereist. Ist das so geblieben?
Nach meinem Ausstieg aus der Serie sind meine Frau und ich mit einem Lkw durch die Wüste gereist. Wir waren auch in der Antarktis ...
Wie schwer ist es Ihnen gefallen, mit der Serie aufzuhören?
Gar nicht. Ich hatte ja Pläne. Und ich konnte nicht nur träumen, ich musste auch mal anfangen, sie umzusetzen. Da habe ich gesagt: Schluss, jetzt beginnt das andere Leben. Aber man kann auch nicht ewig durch die Gegend reisen, also habe ich wieder angefangen zu arbeiten.
Beschäftigt Sie das Thema Älterwerden?
Nö. Das werde ich automatisch.
In Folge 68 wird Matula zum Nichtraucher. Haben Sie das auch mal versucht?
Ich habe es mal versucht, auch vier Monate geschafft und durch einen dummen Zufall wieder geraucht, am Lagerfeuer in Thailand. Am nächsten Tag hatte ich wieder ein Päckchen in der Tasche und dachte: "Nur dieses Päckchen", und dann kam die Sucht wieder hoch.
Ärgern Sie sich darüber?
Sie können zu allem Nein sagen, und irgendwann sagen Sie zum Leben Nein. So weit soll es nicht kommen.
Was mögen Sie an sich?
Dass ich loyal bin.
Und was nicht?
Mein Temperament. Manchmal. Ich habe eine ziemlich kurze Lunte. Ich explodiere viel eher als meine Frau.
Die Lunte hat sich über die Jahre nicht verlängert?
Vielleicht marginal.
Womit bringt man Sie denn schnell auf die Palme?
Mit Sätzen wie "Das haben wir noch nie gemacht" oder "Das geht nicht". Oder wenn ich warten muss. Dann kann ich explodieren.
Zur Person:
- Claus Theo Gärtner: Geboren am 19. April 1943 in Berlin, aufgewachsen in Oberhausen.
- Spürnase: Nach Schauspielschule, zahlreichen Theaterengagements und ersten Fernsehrollen war er von 1981 bis 2013 als Privatdetektiv Matula in 300 Folgen der Krimiserie "Ein Fall für zwei" zu sehen.
- Privat: Aus erster Ehe hat er einen Sohn (50). Seit 2008 ist der zweifache Großvater in dritter Ehe mit der Schweizer Regisseurin Sarah (*1979) verheiratet. Das Paar lebt abwechselnd in Basel und Berlin.