Viele Frauen mit Brustkrebs können heute brusterhaltend operiert werden. Bei rund 30 Prozent der  Patientinnen mit einem Mammakarzinom ist es jedoch notwendig, die  betroffene Brust in einem chirurgischen Eingriff zu entfernen. Nach einer solchen  Mastektomie stehen die Frauen vor der Frage, wie sie mit der  körperlichen Veränderung umgehen möchten. Eine Option, die keinerlei  Risiken birgt, sind Einlagen für den Büstenhalter oder eine  Brustprothese, die meist ebenfalls in den BH eingelegt wird. Diese  "äußerlichen" Hilfsmittel sind heute so gut gemacht, dass sie selbst  unter einem Badeanzug oder dünner Wäsche unauffällig und natürlich  aussehen.

Für viele Frauen ist das allerdings keine dauerhafte Lösung. Sie  entscheiden sich für eine Brustrekonstruktion, bei der ihre  ursprüngliche Brustform mitsamt der Brustwarze und Hof operativ wieder  hergestellt wird. Grundsätzlich trennen Ärzte hier zwischen zwei  Vorgehensweisen. Zum einen lässt sich der Busen aus körpereigenem Gewebe  neu aufbauen. Zum anderen können zur Brustrekonstruktion  Silikonimplantate eingesetzt werden. Und es ist auch möglich, die beiden  Verfahren miteinander zu kombinieren.


Mögliche Komplikationen

Nach dem heutigen Kenntnisstand hat eine Brustrekonstruktion keinerlei nachteiligen Auswirkungen auf die Heilungschancen eines Mammakarzinoms. Allerdings ist die Operation wie jeder andere chirurgische Eingriff mit Risiken verbunden. Dazu gehören beispielsweise Wundheilungsstörungen, Blutungen, oder Infektionen im Wundbereich. Wird der Wiederaufbau von einem Chirurgen mit entsprechender Erfahrung durchgeführt, treten aber alles in allem relativ selten Komplikationen auf. Relativ häufig muss allerdings – vor allem bei einer Rekonstruktion mit Implantaten – die gesunde Brust für ein symmetrisches Aussehen operativ angeglichen werden.

Kassen übernehmen die Kosten

Die Brustrekonstruktion ist fester Bestandteil des Behandlungsplans  bei Frauen mit Brustkrebs. Deshalb übernehmen gesetzliche und private  Krankenversicherungen auch die Kosten in voller Höhe – zumindest für die  gängigen Operationsverfahren. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, vorab  mit seiner Kasse Rücksprache zu halten. Auch angeborene Fehlbildungen  oder die vorsorgliche Entfernung der Brustdrüse bei Frauen mit genetisch  bedingt erhöhtem Brustkrebsrisiko können einen chirurgischen  Wiederaufbau des Busens notwendig machen.

Implantat oder Eigengewebe – eine individuelle Entscheidung

Brustaufbau mit Silikonimplantat oder doch lieber mit Eigengewebe?  Und wenn Eigengewebsrekonstruktion – weil das Ergebnis oft natürlicher  aussieht – dann mit welchem der verschiedenen Operationsverfahren, die  so kryptische klingende Namen wie DIEP-Flap, TMG-Flap oder  Latissimus-dorsi-Lappen tragen? Keine einfachen Fragen, insbesondere  wenn eine Frau sich gerade mit der Diagnose Brustkrebs und dessen  Therapie beschäftigen muss. Deshalb ist es wichtig, sich bei der  Entscheidung eingehend beraten zu lassen.

Beispiele für Brustaufbau aus Eigengewebe

Beispiele für Brustaufbau aus Eigengewebe

Welche Methode für eine Patientin individuell am besten passt, hängt von verschiedenen Faktoren ab und sollte vorab ausführlich mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Dabei spielen medizinische Gegebenheiten wie der allgemeine Gesundheitszustand, die Größe des Busens oder die Gewebs- und Narbenverhältnisse im Operationsgebiet eine maßgebliche Rolle. Ebenso wie die weitere Behandlungsplanung. So sind Implantate eventuell problematisch, wenn eine ergänzende Bestrahlung vorgesehen ist.

Darüber hinaus gilt es aber auch, die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse der Patientin zu berücksichtigen. Beispielsweise schreckt es manche Frauen ab, dass beim Wiederaufbau mit Eigengewebe an der Entnahmestelle des Gewebes zusätzliche Narben entstehen. Ganz ähnliche Kriterien wie bei der Wahl der Operationsmethode müssen auch erwogen werden, um den optimalen Zeitpunkt für die Operation zu finden.
Ganz generell empfiehlt es sich, für die Brustrekonstruktion – oder zumindest für die vorherige Beratung –  in eine Klinik zu gehen, die auf die Behandlung von Mammakarzinomen spezialisiert ist. Erstens arbeiten dort Gynäkologen und Krebsspezialisten Hand in Hand mit plastischen Chirurgen, die das Spezialwissen und die notwendige Erfahrung für Operationen besitzen, die manchmal stundenlange mikrochirurgische Feinarbeit erfordern. Zweitens bieten die zertifizierten Brustkrebszentren in der Regel alle gängigen Methoden zum Brustwiederaufbau an, so dass die Patienten hier die maximalen Auswahlmöglichkeiten finden.

Der richtige Zeitpunkt für den Wiederaufbau

Wenn die Brust gleichzeitig beziehungsweise direkt im Anschluss an  die Amputation wieder aufgebaut wird – also in einem einzigen  chirurgischen Eingriff –, sprechen Ärzte von einer primären  Rekonstruktion. Bei einer sekundären oder verzögerten Rekonstruktion  nehmen Chirurgen zunächst nur die Krebsoperation vor. Der Wiederaufbau  der Brust erfolgt dann später in einem zweiten Eingriff.

Wann der  richtige Zeitpunkt für eine Brustrekonstruktion ist, hängt wiederum  nicht zuletzt von den Wünschen der Patientin ab. So empfinden es viele  Frauen als psychisch entlastend, nach der Entfernung des Krebses mit  zwei Brüsten zu erwachen.

Aufbau der Brust aus dem großen Rückenmuskel

Aufbau der Brust aus dem großen Rückenmuskel

Andere Betroffene möchten sich lieber in Ruhe mit den verschiedenen Möglichkeiten des Wiederaufbaus beschäftigen und entscheiden sich deshalb für eine sekundäre Rekonstruktion. Diese Operation sollte erst durchgeführt werden, wenn die Wunden des ersten Eingriffs verheilt und eventuell notwendige ergänzende Behandlungsmaßnahmen wie eine Chemotherapie oder eine Nachbestrahlung seit vier bis sechs Monaten abgeschlossen sind.

Frauen, die eine solche adjuvante Therapie brauchen, raten Ärzte aus medizinischen Gründen meist zu einem verzögerten Wiederaufbau. Zu ihren Hauptargumenten gehört dabei, dass Bestrahlung und Chemotherapie die Durchblutung im Operationsgebiet und dadurch die Wundheilung beeinträchtigen können. Bei Brustrekonstruktionen mit Implantaten erhöht eine Strahlentherapie zudem das Risiko einer Kapselfibrose, die den neuen Busen deformieren und sogar eine Entfernung des Implantats notwendig machen kann. Ebenso kann eine notwendige Bestrahlung die Form der neu aufgebauten Brust ungünstig beeinflussen.

Die Methoden im Detail

Was passiert nach einer Brustrekonstruktion?

Die während der Operation eingelegten Wunddrainagen entfernt der Arzt normalerweise in den ersten Tagen. Wie lange die Frau nach dem Eingriff im Krankenhaus bleiben muss, hängt vor allem davon ab, mit welcher Methode ihre Brust wieder aufgebaut wurde und ob anschließend Komplikationen auftreten. Bei komplikationslosem Verlauf können die Patientinnen oft schon nach wenigen Tagen, spätestens aber nach zwei Wochen, wieder entlassen werden. Anschließend sollten sie sich aber noch eine Weile schonen. Experten empfehlen, nach dem Eingriff eine Arbeitspause von drei bis fünf Wochen einzuplanen, abhängig von der körperlichen Belastung im Job. Sport und normale körperliche Aktivitäten, bei denen auch die Arme belastet werden, sind meist nach sechs Wochen wieder möglich. Mitunter dauert das auch bis zu drei Monate, etwa wenn für eine TRAM-Plastik größere Teile der Bauchmuskeln entnommen wurden. Bei manchen Frauen sind noch Folgeoperationen notwendig, wie eine Rekonstruktion der Brustwarze (Mamillen-Areolen-Komplex: MAK) oder eine chirurgische Angleichung des gesunden Busens.

Die Rekonstruktion von Brustwarze und Warzenvorhof

Wenn der Chirurg bei der Krebsoperation die Brustwarze entfernen musste, ist deren Rekonstruktion ein wesentlicher Bestandteil des Brustwiederaufbaus – und zumeist auch der letzte Schritt. Denn dieser Eingriff wird erst durchgeführt, wenn die neu aufgebaute Brust vollständig abgeheilt ist, so dass sie sich in ihrer Form nicht mehr verändert. Auch eventuell notwendige Nachoperationen sollten zuvor abgeschlossen sein.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine neue Brustwarze zu formen, etwa mit einer lokalen Lappenplastik aus der Haut vor Ort. Bei Frauen mit großen Brustwarzen besteht auch die Möglichkeit des "Nipple Sharing": Dabei trennt der plastische Chirurg einen Teil der gesunden Warze ab, den er auf die rekonstruierte Brust verpflanzt. Welche Methode für sie am besten ist, sollte jede Frau mit ihrem behandelnden Arzt im Vorgespräch klären. Unabhängig vom Verfahren gehen die Eingriffe schnell, sind wenig belastend, bergen kaum Risiken und können häufig in lokaler Betäubung erfolgen. Gleiches gilt für die Rekonstruktion des Warzenvorhofs. Hier stehen ebenfalls mehrer Möglichkeiten zur Verfügung – angefangen von der Transplantation dunkel pigmentierter Haut – zum Beispiel aus der Leistenregion – bis hin zu einer medizinischen Tätowierung.

Dr. med. Michael Ruggaber

Dr. med. Michael Ruggaber

Beratender Experte: Dr. med. Michael Ruggaber, Facharzt  für Plastische und Ästhetische   Chirurgie, Handchirurgie, war nach  beruflichen Stationen in Ravensburg   (Prof. D. Kistler) und Stuttgart  (Prof. M. Greulich) zuletzt als   Leitender Oberarzt in der Klinik für  Plastische-, Ästhetische- und   Handchirurgie – Zentrum für  Schwerbrandverletzte – in Offenbach am Main   (Prof. H. Menke), tätig.  Seit August 2011 leitet er die Sektion für  Plastische- und Ästhetische  Chirurgie, seit März 2012 zusätzlich die  Sektion für Handchirurgie am  Klinikum Friedrichshafen. Seine   Tätigkeitsschwerpunkte sind die  rekonstruktive Weichteilchirurgie, die   gesamte Ästhetische Chirurgie  sowie die Brustchirurgie in Zusammenarbeit   mit dem Brustzentrum  Bodensee.

Quellen
1. Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen: Ratgeber Brustrekonstruktion. Online: www.mammarekonstruktion.de/ (Abgerufen am 17. 12. 2013)

2. Deutsches Krebsforschungszentrum, Krebsinformationsdienst: Brustaufbau nach Amputation. Online: www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/brustkrebs/brustaufbau.php (Abgerufen am 19.12.2013)

3. Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG): Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Langversion, letzte Aktualisierung 2012. Online: www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/032-045OL_l_S3__Brustkrebs_Mammakarzinom_Diagnostik_Therapie_
Nachsorge_2012-07.pdf (Abgerufen am 19.12.2013)

4. Pelzer P, Reichenberger M, Germann G: Mikrochirurgische Brustrekonstruktion. In: Chirurg 2011, 82: 807-812

5. Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V.: Brustkrebs – Patientenratgeber zu den AGO-Empfehlungen 2012. Online: http://www.ago-online.de/fileadmin/downloads/pdf/2012/AGO_Patienten_2012_Buch.pdf (Abgerufen am 19.12.2013)

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.