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Das Transkript zur Folge 225 mit Dr. Uwe Schlegel:

Ein Interview über Sonderrechte für Geimpfte mit...

Uwe Schlegel. Ich bin Rechtsanwalt und Geschäftsführer der ETL Rechtanwälte GmbH. Ich beschäftige mich seit Ausbruch des Coronavirus mit den Rechtsfragen rund um das Virus. Dazu gehören natürlich auch aktuelle Fragen zum Thema Geimpfte, Nicht-Geimpfte, Sonderrechte und so weiter.

Sind Sonderrechte für Geimpfte gesetzeskonform?

Diejenigen, die geimpft sind, immer vorausgesetzt, dass sie keine anderen Menschen mehr anstecken können, also nicht mehr infektiös sind, die genießen dann ab Impfung oder mit Erreichen des Impfschutzes, alle diejenigen Rechte wieder, die sie vor den freiheitsbeschränkenden Maßnahmen besessen haben.

Heißt also, Sonderrechte für Geimpfte ist an sich eine völlig irre und abwegige Diskussion. Man muss sagen, derjenige, der nicht mehr infektiös ist, der genießt uneingeschränkt alle Rechte, die unsere Rechtsordnung ihm gewährt.

Ist es gesetzeskonform, wenn Geimpfte weiterhin den Beschränkungen folgen müssen?

Meiner Meinung nach nein. Wenn wir feststellen, das ist jetzt erst mal eine medizinische Frage, es ist jemand nicht mehr infektiös, das heißt, von ihm gehen keine Gesundheitsrisiken aus, dann gibt es rechtlich... verfassungsrechtlich überhaupt gar keinen Grund mehr, diesen Menschen einzuschränken.

Das mögen manche, insbesondere Nicht-Geimpfte als ungerecht empfinden, aber daran ist nichts zu ändern, weil wir reden eben hier über Menschen, die keinerlei Gesundheitsrisiko für andere Menschen mehr darstellen.

Dürfen Privatunternehmen Unterschiede zwischen Geimpften und Ungeimpften machen?

Für die Privatwirtschaft gelten prinzipiell etwas andere Regeln, als im Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und das ist auch zu beachten.

Nach meiner festen Überzeugung kann ein privater Anbieter, angefangen vom Supermarkt und vielleicht enden mit dem öffentlichen... mit dem Schwimmbadbetreiber in privater Trägerschaft, Kino und so weiter. Diese Anbieter können frei darüber entscheiden, wem sie Zutritt zu ihren Räumlichkeiten gewähren und wem nicht. Oder, der Jurist nennt das Kontrahierungszwang.

Es besteht keine Pflicht eines privaten Leistungsanbieters, mit jemanden einen Vertrag zu schließen. Er ist vielmehr völlig, völlig frei. Und insofern hätte ich juristisch auch kein Problem damit, dass bestimmte Anbieter.. den Vertragsschluss abhängig machen davon, ob man geimpft ist.

Verstoßen Sonderrechte für Geimpfte gegen das Gleichheitsprinzip?

Das ist eine, in dem Zusammenhang, mir in letzter Zeit häufig gestellte und wie ich finde ganz spannende Frage. Es geht um Artikel 3 unserer Verfassung, unseres Grundgesetzes, und was hier und da schon mal übersehen wird, unsere Verfassung verlangt keine Gleichmacherei. Sondern die Verfassung fordert eine Gleichbehandlung bei gleichgelagerten Sachverhalten.

Also, Gleiches ist gleich zu behandeln. Aber Ungleiches verlangt nicht nach gleicher Behandlung. Und ob ich geimpft bin oder nicht geimpft bin, macht dann möglicherweise im Hinblick auf die Infektiosität einen Unterschied und rechtfertigt damit auch eine ungleiche Behandlung, ohne gegen unsere Verfassung zu verstoßen.

Ist die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften diskriminierend?

Das ist ein Konflikt, den ich sehr wohl sehe. Ja. Aber ich kann an diesem Konflikt jetzt juristisch nichts ändern. Beziehungsweise umgekehrt, ich sehe in der Ungleichbehandlung kein rechtliches Problem.

Es mag nicht schön sein, wenn der eine, sprich Geimpfte, sich frei außerhalb seiner eigenen Räumlichkeiten bewegen darf, während der Nicht-Geimpfte noch im Haus bleiben muss.

Das ist formal eine Ungleichbehandlung, die aber eine sachliche Rechtfertigung einfach darin findet, dass der eine andere anstecken kann, und der andere, das unterstelle ich immer, das nicht mehr kann. Und wenn diese Infektionsgefahr nicht mehr gegeben ist, dann ist auch kein Bedarf mehr für Gesundheitsschutz. Und von daher, ungleiche Fälle dürfen ungleich behandelt werden.

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