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Das Transkript zur Folge 269 mit Prof. Dr. Georg Schmidt:

Ein Interview über das Projekt Tele-Covid mit...

Mein Name ist Georg Schmidt. Ich bin Professor für Kardiologie und arbeite am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München als Oberarzt. Ich bin außerdem der Vorsitzende der Ethik-Kommission der TU München.

Worum geht es im Projekt Tele-Covid?

Wir möchten Patienten, die an Covid akut erkrankt sind, in häuslicher Isolation betreuen und vor Schaden bewahren.

Was wir realisiert haben, ist eine kontinuierliche, telemedizinische Betreuung der Patienten. Wobei wir wichtige Vitalparameter wie Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz, Herzfrequenz und Körpertemperatur rund um die Uhr, lückenlos, sieben Tage die Woche überwachen. Und die einlaufenden Daten werden zentral im Tele-Covid-Zentrum des Klinikums rechts der Isar überwacht. Von einem Team von speziell ausgebildeten Studenten und Ärzten.

Der Datentransfer in dem System erfolgt auf der Basis von überall verfügbarer Technologie, zum Beispiel Bluetooth, Mobilnetz, Internet. Es ist also unkompliziert zu realisieren. Und bei Bedarf auch auf das ganze Land auszuweiten.

Was ist eine telemedizinische Überwachung?

Wir überwachen den Patienten, ohne vor Ort zu sein. Aus der Ferne. Wir versorgen den Patienten mit einem Sensor, in dem Fall ein Ohr-Sensor. Ein kleines Gerät, dass ähnlich ausschaut wie ein Hörgerät. Und dieser Ohrsensor misst bestimmte Daten. Eben die eben genannten Daten, nämlich Körpertemperatur, Atem-, Herzfrequenz und ganz wichtig in der Pandemie, Sauerstoffsättigung.

Wieso eignet sich das Ohr zur Überwachung der Vitalfunktionen?

Abgesehen von der Temperaturmessung handelt es sich im Prinzip um ein optisches Verfahren. Licht wird von dem Sensor abgegeben. Und das zurückreflektierte Licht wird analysiert. Also ein optisches Verfahren. Und es liegt auf der Hand, dass in dem dunklen äußeren Gehörgang die Messbedingungen besonders gut sind. Es existiert dort in der Regel kein Störlicht, natürlich. Außerdem ist von Vorteil die stabile Lage des Sensors. Im Gehörgang.

Es gibt allerdings auch Nachteile. Der größte Nachteil ist die Nähe zum Kiefergelenk. Also wenn der Patient kaut, spricht, et cetera, dann wird durch die Bewegung des Kiefergelenkes das empfangene Signal tatsächlich deutlich gestört.

Inwiefern stehen Sie mit den teilnehmenden Patienten in Kontakt?

Wir nehmen mit jedem Patienten mindestens einmal am Tag telefonisch Kontakt auf. Und zwar völlig unabhängig von den Werten. Wir erfassen dabei auch eine strukturierte Anamnese. Das heißt, wir erfragen seinen aktuellen Zustand.

Und bei technisch gestörtem Signal, insbesondere bei klarem Abfall der Sauerstoffsättigung oder von anderen kritischen Werten, da nehmen wir, bevor wir ihn einweisen würden, mit ihm telefonisch Kontakt auf. Und besprechen das weitere Vorgehen.

Ein weiterer Vorteil dieser Überwachung ist natürlich, dass die Patienten diese Überwachung als großen Segen empfinden. Sie fühlen sich nicht alleingelassen. Sie können auch besser einschlafen, weil sie sonst Angst haben, nicht mehr aufzuwachen. Und praktisch alle Patienten... Wir verfolgen ja auch das weitere Schicksal der Patienten im Rahmen dieser Studie. Praktisch alle Patienten haben sich bedankt, für die Sicherheit, die wir ihnen gegeben haben.

Interessanterweise haben auch, bis auf eine Ausnahme, alle Patienten gesagt, dass sie zum Zeitpunkt der Einweisung sich nicht von selbst hätten einweisen lassen. Und dass sie aber gleichzeitig den Eindruck haben, dass wir den Krankheitsverlauf durch unser Eingreifen positiv beeinflusst haben. Der Dank der Patienten ist überwältigend, das sehen wir immer wieder.

Wurden vorher bereits andere Patienten mit dieser Technik überwacht?

Auf diese Art und Weise wurde das meines Wissens noch nicht getan. Das ist die erste Studie, weltweit, denke ich. Ich habe auch Echos aus vielen internationalen Ecken dieses Globus bisher schon erhalten. Also wir sind wahrscheinlich Pioniere auf diesem Gebiet.

Und haben im Rahmen dieser Studie die Erfahrung gemacht an etwa 150 Patienten. Von diesen 150 Patienten haben wir ungefähr 10 Prozent stationär eingewiesen. Bis auf einen Patienten, der leider verstorben ist... Der hatte eine ungewöhnliche Komplikation von Beginn an. ...haben alle Patienten überlebt.

Und in vielen Fällen war es auch so, dass es im Rahmen des stationären Aufenthaltes eine invasive Beatmung vermieden werden konnte. Man konnte diesen Patienten helfen. durch supportive, durch unterstützende Behandlung. Durch Sauerstoffzufuhr über eine Maske oder über eine Nasensonde. Und durch medikamentöse Behandlung konnte man diese Patienten stabilisieren.

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