Nachgefragt! beim Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Das Transkript zur Folge 204 mit Dr. Matthias Munschauer:
Ein Interview über die Interaktion zwischen dem Coronavirus und den Körperzellen mit...
Mein Name ist Mathias Munschhauer. Ich bin Wissenschaftler und leite eine Forschungsgruppe am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und dem dazugehörigen Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung in Würzburg.
Was versteht man unter der Interaktion von Körperzellen mit dem Coronavirus?
Das ist eine sehr gute Frage. Das kann verschiedene Dinge bedeuten. Bei uns dreht sich zunächst mal alles um die RNA des Coronavirus SARS-CoV-2. Das ist ein RNA-Virus. Er nutzt RNA als Träger der genetischen Information.
Das heißt im Prinzip, der Bauplan für die Vermehrung des Virus. Aber auch, um neue Viruspartikel herzustellen, ist als ein RNA-Molekül kodiert. Und wir schauen uns an, mit welchen Faktoren in er befallenden Wirtszelle dieses virale RNA-Molekül nun interagiert.
Wieso ist es wichtig zu wissen wie die Interaktion stattfindet?
Das ist wichtig, weil das Virus selbst nur eine kleine Anzahl an Faktoren mitbringt. Wenn man sich ein Modell des Virus so wie hier mal anschaut, besteht es zunächst aus einer Lipidhülle mit Proteinen herum. Und die RNA, das RNA-Genom wäre im Inneren dieses Models.
Bei einer Infektion wird dieses RNA-Molekül nun in eine befallene Wirtszelle eingeschleust. Dort nutzt der Virus die Faktoren der Wirtszelle, um dieses RNA-Genom abzulesen und die Proteinbausteine daraus herzustellen. Das heißt, der Wirt selbst braucht die Wirtsfaktoren für seinen eigenen Lebenszyklus, seine eigene Vermehrung.
Und wenn wir verstehen, welche Faktoren mit der viralen Genom interagieren, können wir Rückschlüsse darauf ziehen, welche Faktoren für die Vermehrung des Virus verantwortlich und wichtig sind.
Wie haben Sie die Interaktionen erkannt?
Wir haben im Prinzip ein ganzes Set an Fänger-Molekülen konstruiert. Die es uns erlauben, aus einer Zelle, die mit dem Virus infiziert ist, ganz spezifisch das RNA-Genom herauszuisolieren.
Und wenn wir dieses RNA-Genom aus der Zelle quasi herausziehen oder herausfischen, können wir uns anschauen, welche Proteine, welche Wirtsbausteine binden letztendlich an das virale RNA-Genom. Das sagt uns dann, welche Bausteine der Wirtszelle schlussendlich wichtig für die Vermehrung des Virus sein könnte.
Wie können diese Erkenntnisse bei der Behandlung von Covid-19 helfen?
Erst mal sind das alles Ergebnisse aus der Grundlagenforschung. Zunächst einmal gewinnen wir wichtige Einsichten, wie denn der Virus funktioniert. Wie der Virus die Faktoren der Wirtszelle für seine Vermehrung nutzt. Schlussendlich können wir dann aber auch anfangen, aufgrund von diesen Einsichten Strategien zu entwickeln, wie sich die Vermehrung des Virus in einer befallenen Zelle eventuell unterbinden lässt. Da gibt es verschiedene Ansätze.
Der zunächst einfachste ist vielleicht... einfach zu schauen, welche bereits zugelassenen Medikamente oder niedermolekulare Wirkstoffe gibt es vielleicht, die die Faktoren, die wir nun gefunden haben, die direkt mit der viralen RNA interagieren, gezielt anzugreifen. Um eine Vermehrung des Virus zu unterbinden. Man nennt das Umwidmung, im Prinzip, von bereits zugelassenen Wirkstoffen.
Hier würde man sich zum Beispiel sparen, die Phase 1, die klinische Entwicklung, in der zunächst gezeigt wird, dass dieser Wirkstoff auch sicher ist. Weil die Wirkstoffe im idealen Fall schon zugelassen sind für andere Indikation. Da muss man trotzdem noch mal mit einer Phase-2- oder Phase-3-Studie ansetzen, um die klinische Wirksamkeit für SARS-CoV-2-Infektionen und Covid-19 auch zu zeigen.
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