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Das Transkript zur  Folge 237 mit Professor Michael Abou-Dakn:

Ein Interview über Schwangerschaft mit...

Michael Abou-Dakn ist mein Name. Ich bin Chefarzt im St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof und leite dort die Frauenklinik. Wir haben eine sehr große Geburtshilfe. Die größte in Deutschland von den Entbindungszahlen her. Ich bin zurzeit der Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in Deutschland für die Geburtshilfe.

Wie gestaltet sich eine Geburt während der Pandemie?

Wir haben da sehr dazugelernt. Alle Kliniken haben über die Pandemiestäbe letztendlich gelernt, wie man zusieht, dass man möglichst keine Infektionen in die Kliniken reinholt.

Wir haben am Anfang tatsächlich schon in Berlin gleich angefangen, unter den Kliniken uns kurzzuschließen und möglichst einen einheitlichen Stil untereinander versucht hinzubekommen. Etwas uneinheitlich waren wir hin und wieder in der Frage: "Was macht der Mann bei der Geburt?"

Ich bin der festen Auffassung, dass in dieser wichtigen Phase für den Geburtsverlauf es ganz wichtig ist, dass die Frau eine Vertrauensperson bei sich hat. In der Regel den Partner. Manchmal ist es die Freundin oder Partnerin oder eben die Eltern. Das haben wir die ganze Zeit auch so gehandhabt. Selbst beim Kaiserschnitt haben wir frühzeitig schon gesagt, sollte der Partner auch dabei sein könnten.

Das war am Anfang ein Ressourcenproblem, weil wir ja insgesamt in der Gesellschaft Schwierigkeiten im ersten Lockdown hatten, genug Schutzmaterialien zu haben. Da haben Kliniken drauf reagiert. In der Regel sind sich alle einig, dass in dieser wichtigen Phase der Partner, die Partnerin dabei sein sollte.

Für die Frauen ist es letztendlich so, dass wir auch da versuchen, möglichst keine Einschränkungen in dieser wichtigen Geburtsphase hinzukriegen. Das heißt vor allem, dass wir im Gegensatz zu den üblichen, dass man sagt, "Bitte, bitte tragt Masken", natürlich bei Frauen, die unter der Geburt sind, davon ausgehen, dass die das nicht gut tolerieren können.

Wir haben also sehr frühzeitig schon großes Verständnis dafür gehabt, dass Frauen in der letzten Phase, dann, wenn das Kind bald kommen möchte, eben keine Maske mehr aufhaben. Und haben andersrum reagiert und haben sehr frühzeitig bereits unsere Hebammen insbesondere durch entsprechende Schutzausrüstung geschützt.

Das heißt, die haben sehr frühzeitig schon mit FFP2-Masken und einem Gesichtsschutz gearbeitet,  weil in dieser letzten Phase natürlich die Ausatmung der Frauen sehr aktiv bei uns ankommt und wir durchaus Befürchtungen hatten, die haben sich auch bewiesen, dass eben Hebammen in dieser Phase durchaus angesteckt werden könnten. Und da muss man eben von Klinikseite aus drauf reagieren.

Jetzt ist die Situation ohnehin anders, weil wir mittlerweile doch sehr gut über Schnelltestverfahren oder auch über relativ schnelle PCR-Verfahren verfügen, sodass wir mittlerweile alle Frauen, die zur Geburt kommen und die Partner, wenn sie mit aufgenommen werden, eben einen Schnelltest durchführen lassen. Bei geplanten Eingriffen eine PCR vorher machen, damit wie wissen, wie es den Frauen geht und frühzeitig eventuell auch asymptomatische Covid-Fälle entdecken.

Dürfen Begleitpersonen nach der Entbindung bleiben?

Auch das ist tatsächlich etwas unterschiedlich gehandhabt worden. In Berlin war es so... Diese Entscheidungen der Besucherregelung obliegen den jeweiligen Gesundheitsämtern. Letztendlich den Senator:innen oder Ministern in dem Bereich.

In Berlin war es früh so, dass die Besucherregelung für Schwangere, Entbundene, und auch für die Kinderkliniken aufgelockert wurden, weil man sagt, das sind so besondere Lebenssituationen, dass man hier Familien nicht trennen möchte. Im Gegensatz zu den anderen Bereichen im Krankenhaus.

Wir haben das so gehandhabt, dass zwar die Familienzimmer weiterhin kontinuierlich von den Vätern mitbesucht werden durften. Das heißt, die wurden mit aufgenommen, werden abgestrichen und bleiben auch hier. Also bitte nicht kommen und gehen.

Bei den anderen Vätern haben wir das so gemacht, wir möchten gerne nur eine Bezugsperson, die zu Besuch kommt, also in der Regel der Partner oder die Partnerin. Also nicht Geschwisterkinder und so weiter. Und die dürfen kommen. Offiziell heißt es eine Stunde. Aber unter uns gesagt, da guckt keiner hin in dieser Phase.

Wie verläuft eine Geburt, wenn ich coronainfiziert bin?

Und wir sehen eben, dass tatsächlich die Geburt einer Covid-positiven Frau, wir haben in Deutschland mittlerweile über 1000, in meiner Klinik waren es insgesamt 40, dass alleine die Geburt dieser Covid-positiven Frauen bei den Kindern in der Regel keinerlei Symptome, keine Erkrankung darstellt.

Es gibt in der Literatur ganz selten Fälle, gibt es, aber ganz, ganz selten Fälle, wo man von einer Transmission, also wenn es von der Mutter aufs Kind übertragen wird, durch den Mutterkuchen ausgehen muss. In der Regel ist das nicht der Fall, sondern im Gegenteil. Die Kinder kriegen eher Antikörper mit, wenn die Mutter Antikörper gebildet hat.

Auch das ist, wie Sie wissen, bei Covid ja sehr unterschiedlich. Es gibt Menschen, die Antikörper-Proteine entwickeln und andere nicht. Und bei den Frauen und bei den Kindern ist es eben das Gleiche. Wir sehen eher einen gewissen Nestschutz, wenn vorher die Erkrankung stattgefunden hat.

Was wir auch gesehen haben, sind Frauen, die quasi unter der Geburt erst positiv waren. Da möchte ich auch sehr eindrücklich die Paare, die jetzt zugucken und mit Interesse Ihren Beitrag sich anschauen, bitte warnen. Diese übliche Reaktion von Männern, "Ich kriege jetzt bald ein Kind und treffe mich noch mal mit meinen Kumpeln und anschließend geht's zur Geburt" das ist heutzutage hochgefährlich.

Wir haben tatsächlich in Berlin einige Männer gehabt, die plötzlich positiv waren und unmittelbar vor der Geburt ihre Frauen infiziert haben. Die quasi in die Geburt hineingegangen sind und positiv wurden.

Auch bei diesen Fällen haben wir keine Infektion bei den Kindern erlebt, sondern, wenn überhaupt, sehr leichte Verläufe in den Fällen, die wir beobachten konnten, nach der Geburt, dass Kinder dann infiziert wurden. Und in der Regel allerdings praktisch keine Symptome geliefert haben, nichts Besonderes machten.

Insbesondere, wenn die Frauen ihre Kinder gestillt haben. Weil über die Muttermilch offensichtlich auch Antikörper abgegeben werden. Gerade wenn ein gewisser Abstand da ist, ist das günstig, um die Kinder zu schützen. Auch das wissen wir schon von anderen Covid-Arten oder Covid-Infektionen.

Covid ist ja kein neues Virus. Es ist ja nur diese Wuhan-Mutation, oder wie man das nennen möchte, die 19er, die uns so beschäftigt hat. Ansonsten wissen wir von Grippe und von anderen Viren, dass Antikörper durch die Mutter ans Kind weitergegeben werden und dass der Kontakt zur Mutter extrem gut ist und unbedingt bitte gestillt werden soll. Das ist uns ganz, ganz wichtig.

Ist eine Impfung für Schwangere schädlich?

Also beim Stillen gibt es sehr wenig Bedenken, gegebenenfalls eine Impfung durchzuführen, auch wenn das primär in den Wirkstoffen nicht beschrieben ist. Das ist Punkt eins.

Der zweite und kompliziertere ist tatsächlich die Fragestellung in der Schwangerschaft. Da gibt es in den internationalen Verlautbarungen sehr eindeutige Hinweise, dass es günstig ist,  besonders Frauen, die ein Risiko zusätzlich haben, also zum Beispiel Diabetes Mellitus, zum Beispiel Adipositas, zum Beispiel Lungenerkrankungen, andere Erkrankungen, die mit einer Reduzierung der Immunabwehr zusammenhängen.

Bei diesen ist man sich sehr sicher, dass man auch in der Schwangerschaft eine Impfung durchführen sollte. Da ist der RNA-Impfstoff mittlerweile sehr klar angesprochen, dass der keinerlei Probleme in der Schwangerschaft selbst macht, besonders in der späteren Schwangerschaft. Aber auch der Vektor-Impfstoff, also der AstraZeneca jetzt, der ja so heiß diskutiert wird, ist tatsächlich als Wirkstoff, als Impfstoff her, nicht einzuschränken, was die Schwangerschaft angeht.

Routinemäßig würde ich es gerade noch nicht machen. Ich glaube, da sollte man eher an das Umfeld der Schwangeren denken. dass man das Risiko der Übertragung auf die Schwangere überträgt. Ich würde tatsächlich in den heutigen Zeiten empfehlen, dass Frauen und Paare, wenn irgendwann mal die Impfung für alle möglich ist, dran denken, auch sich gegen Covid impfen zu lassen, um einen möglichst hohen Impfschutz in der Gesellschaft hinzukriegen.

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Nachgefragt! | Der Corona-Video-Podcast

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