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Nachgefragt! Folge 246 mit Dr. Monika Eckstein

Das Transkript zur Folge 246 mit Dr. Monika Eckstein:

Ein Interview über Berührungen mit...

Mein Name ist Monika Eckstein. Ich bin Wissenschaftlerin und zwar im Feld der medizinischen Psychologie. In der medizinischen Psychologie interessieren wir uns dafür, wie psychische Prozesse auf die Gesundheit wirken. Und auch umgekehrt. Mein persönliches Feld ist das mit der sozialen Interaktion, also wie sich soziale Interaktion auf unsere Gesundheit auswirkt. Und ein Teil von sozialer Interaktion ist eben auch soziale Berührung.

Warum sind Berührungen wichtig für uns?

Für die meisten Menschen ist eine Berührung was, was guttut, was fürs psychische Wohlbefinden hilfreich ist. Das hängt vor allem damit zusammen, was wir für Erfahrungen gemacht haben in unserem vorherigen Leben. Also man kann das ganz gut verstehen, wenn man an ein kleines Kind, ein Baby, denkt, was seine allerersten Erfahrungen im Leben vor allem über Berührungen macht.

Also das kommt auf die Welt, das hat noch nicht so gute Augen, das hört noch nicht so gut, aber eine Berührung nimmt es schon gut wahr. Das ist auch das Allererste, was es wahrnimmt. Das kommt raus, es spürt das Handtuch, mit dem es abgetrocknet wird. Und das allererste Soziale, was es dann eben auch lernt, ist die soziale Berührung, meistens mit der Mutter, die es eben auf den Arm nimmt, und die es stillt.

Also das Baby lernt ganz früh, eine Berührung ist was, da kriege ich was zu essen, das ist schon mal super, und da werde ich in dem Arm genommen, da fühle ich mich geborgen, da fühle ich mich sicher. Also diese Erfahrung von Sicherheit bei einer Berührung, die wird schon sehr früh gelernt, und auch bei Kindern dann auch noch weiter, immer wieder. Wenn es traurig ist, nimmt die Mutter es in den Arm und so weiter.

Das ist was, was sehr früh gelernt wird, und deshalb für die meisten Menschen bis ins Erwachsenenalter auch miteinander verknüpft ist. Berührung und Sicherheit.

Das können wir zum Beispiel tatsächlich auch biologisch zeigen, dass Menschen, wenn sie berührt werden, sich die Herzrate verändert, und dass sich Hormonlevel im Körper verändern durch diese Berührungen.

Hintergrund ist einmal, dass die Nerven, die von der Berührung ins Gehirn gehen, sehr wenig verschaltet sind. Da muss nicht viel passieren. Das geht, zack, ins Gehirn und wird sofort verarbeitet. Und andererseits, weil ein Hormon ausgeschüttet wird, nämlich Oxytocin, was zum Beispiel diese Stressreaktion beeinflusst. Also was beeinflusst, dass wir uns dann weniger gestresst fühlen, wenn wir gerade berührt werden.

Das gilt für die allermeisten Menschen, weil wir das so gelernt haben in unserer Erfahrung. Aber es gibt auch Menschen, die haben schlechte Erfahrung mit Berührung gemacht. Das muss man auch dazu sagen. Da gilt das dann nicht mehr. Wenn zum Beispiel eine Berührung mal mit einer Gewaltsituation einhergegangen ist.

Aber zum Glück ist das die Ausnahme. Für die allermeisten Menschen ist Berührung was Gutes.

Gibt es Berührungen, die besonders positiv sind?

Es gibt relativ viele Forschungen zu den Nervenzellen in unserer Haut, die die Berührung wahrnehmen. Und da gibt es bestimmte Nervenzellen, die eher für angenehme Berührung zuständig sind.

Es gibt die C-taktilen Fasern, heißen die, die immer dann aktiv sind, wenn man so eine Streichelbewegung empfindet. So bei drei Zentimetern pro Sekunde, heißt es, sind die besonders aktiv. Und das ist das, was die meisten Menschen so als besonders angenehm und als besonders sozial auch einschätzen. Kann man auch nachvollziehen, weil so draußen in der Natur... Eine Pflanze... oder wenn man sich hinsetzt, das würde einen ja die so berühren, sondern es ist in der Regel das, was man von einem anderen Menschen bekommt. Also das wird als sehr angenehm empfunden.

Auch so was, wie ein leichter Druck. Das ist auch das, wenn uns jemand auf die Schulter fasst, wenn uns jemand in den Arm nimmt... Das wird auch als sehr angenehm empfunden. Dann gibt es andere Arten von Berührung, wie Klopfen oder schnelle Berührungen. Das finden die meisten Menschen nicht übermäßig angenehm. Wenn ein Insekt auf einem rumkrabbelt oder so. Das gilt nicht als sozial und das ist deswegen auch nicht so sehr positiv besetzt.

Wie kann man fehlende Berührungen kompensieren?

Für die Menschen, die es vermissen, weil sie es vorher so gewohnt waren, viel berührt zu werden, das sehen wir schon, dass Menschen da kreativ werden und versuchen, das irgendwie zu ersetzen. Zum Beispiel, dass die Nachfrage nach Haustieren so gestiegen ist. Also, dass viele Leute sich jetzt einen Hund zugelegt haben. Ist natürlich ein Gemisch. Nicht nur Berührung, sondern es ist auch, der spielt mit einem, mit dem kann man reden. Das ist schon Gesellschaft, aber es ist auch Berührung. Das hängt damit zusammen, dass die Leute jemand wollen, der mit ihnen auf dem Sofa sitzt und ein bisschen kuschelt.

Da sind die Menschen schon kreativ und versuchen, sich das... Wenn es leider nicht über menschlichen Kontakt geht, auf einem anderen Weg zu holen. Was wir auch schon aus den Pflegeheimen mitbekommen haben oder was da auch Thema ist, sind ja so was wie Pflegeroboter, die auch berühren können oder die auch als Berührungsroboter eingesetzt werden.

Das ist schon umstritten, aber es ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Es gibt ein paar Studien, die zeigen, dass auch so ein Kuschelroboter, es gibt auch wie so eine Robbe, die kann man streicheln, dann macht die ein Schnurrgeräusch. dass auch die zum Beispiel diese körperlichen Systeme anspricht. Also die... Zum Beispiel dieses Oxytocin ausschüttet oder die körperlichen Stresssysteme beeinflusst.

Ich würde sagen, das ist nicht ein kompletter Ersatz für eine menschliche Interaktion, weil auch viel mehr dazu gehört, als nur die reine Stimulation der Haut, sondern es ist zumindest ein Teilaspekt, den man damit so ein bisschen abmildern kann, wenn aus irgendeinem Grund, zum Beispiel wegen einer Quarantäne kein echter menschlicher Kontakt möglich ist. Also das ist... Es ist noch sehr in der Diskussion, aber es könnte was dran sein mit den Robotern.

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