Was Sie über gesetzliche Betreuung wissen sollten
1. Was bedeutet rechtliche Betreuung?
Ein Erwachsener braucht dann einen gesetzlichen Vertreter, wenn er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann – etwa wegen einer Krankheit, einer Behinderung oder nach einem Unfall. Was viele nicht wissen: Wichtige Entscheidungen darf dann nicht automatisch die Familie treffen. Wenn nichts anderes entschieden wurde, setzt das Gericht dann einen Betreuer ein. Das kann eine fremde Person sein, aber auch ein Angehöriger. Die Person wird in jedem Fall vom Gericht kontrolliert.
2. Worum kümmert sich ein Betreuer?
Der Betreuer kümmert sich um persönliche Angelegenheiten: etwa Behördengänge, Briefverkehr, Unterbringung, finanzielle Angelegenheiten und Gesundheitsvorsorge. Das Gericht ordnet von Fall zu Fall an, um welche Lebensbereiche sich der Betreuer kümmern muss.
3. Wo kann ich mich zur Betreuung beraten lassen?
Die Betreuungsbehörden sind eigenständige Behörden in den Landkreisen und Städten. Sie beraten rund um die gesetzliche Betreuung, machen Hausbesuche und geben Empfehlungen an das Betreuungsgericht. Dafür arbeiten sie auch mit Ärzten oder medizinischen und sozialen Diensten zusammen. Man kann dort etwa auch eine Vorsorgevollmacht beurkunden lassen, was günstiger ist als beim Notar.
In vielen Städten gibt es Betreuungsvereine. Auch dort kann man sich kostenlos zu Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung beraten lassen. Die Vereine bilden ehrenamtliche Helfer aus, helfen bei Fragen weiter und organisieren Treffen für den Austausch. Manche bieten auch kostenlose Versicherungen an: Denn wer eine gesetzliche Betreuung hat, haftet persönlich für Fehler, die er macht - etwa, wenn eine Entscheidung grob fahrlässig ist. Auch bei einer Vorsorgevollmacht haben Stellvertreter eine Schadensersatzpflicht.
4. Was ist der Unterschied zur Vorsorgevollmacht?
Vorsorgevollmacht: Die Vorsorgevollmacht kommt für Sie in Frage, wenn Sie einer Person völlig vertrauen. Das Dokument ist ab sofort gültig. Diese Person kann dann wichtige Dinge für Sie regeln, etwa, wenn Sie nicht mehr selbst entscheiden können. Ihr Stellvertreter wird im Alltag meist nicht vom Gericht kontrolliert. Nur in besonderen Situationen muss er eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen: etwa, wenn kritische ärztliche Behandlungen anstehen oder der Betroffene in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht werden soll. Wer eine gesetzliche Betreuung vermeiden möchte, für den ist die Vorsorgevollmacht der richtige Weg.
Betreuungsverfügung: Das kommt für Sie dann in Frage, wenn Sie keine Vertrauensperson haben – oder möchten, dass die Person keine eigenmächtigen Entscheidungen trifft. Ein Gericht schaut dem Betreuer nämlich auf die Finger. Eine Betreuungsverfügung ist nicht sofort gültig, sondern erst dann, wenn ein Gericht sagt, dass Sie nicht mehr selbst entscheiden können.
Mit einer Verfügung können Sie selbst entscheiden, von wem sie später betreut werden wollen – zum Beispiel von der Lieblingsnichte. So lässt sich verhindern, dass ein Fremder diese Aufgabe übernimmt. In den allermeisten Fällen folgt das Gericht diesem Wunsch. Man kann auch eine Person als Betreuer ausschließen, mit der man sich noch nie gut verstanden hat. Ohne Betreuungsverfügung setzt das Gericht jemanden als Betreuer ein, den es für richtig hält.
5. Wer wird als Betreuer bestimmt?
Zuerst sucht das Gericht innerhalb der Familie nach einer geeigneten Person. Das ist meistens der Lebenspartner oder ein Nachkomme. Ab und zu wird ein Angehöriger als Betreuer ausgeschlossen – etwa, wenn er im Haus seiner Großeltern zur Miete wohnt und deshalb ein Interesse daran hätte, ihre Immobilie zu verwalten. Gibt es keine geeigneten Angehörigen, sucht das Gericht einen ehrenamtlichen Betreuer. Manchmal wird auch ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt.
6. Welche Aufgaben haben Angehörige als Betreuer?
- Man darf nicht alle Entscheidungen alleine treffen
Als Betreuer wird man kontrolliert: Das Gericht muss bei wichtigen Entscheidungen grünes Licht geben. Eine Genehmigung braucht man etwa, um eine Wohnung aufzulösen, eine riskantere Operation anzusetzen oder größere Summen Geld auszugeben. Dafür stellt man beim Amtsgericht einen Antrag mit einer Begründung. Lassen Sie sich dazu am besten von einem Betreuungsverein beraten.
- Man muss dokumentieren
Einmal im Jahr müssen Sie dem Gericht einen Bericht vorlegen. Darin dokumentieren Sie etwa den Kontostand Ihres Angehörigen. Um den Überblick nicht zu verlieren, führen Sie unterm Jahr am besten ein Kassenbuch. Wenn Sie für finanzielle Belange zuständig sind, müssen Sie nämlich im Zweifel ihre Ausgaben nachweisen und rechtfertigen. Bewahren Sie Kontoauszüge und Rechnungen auf. Lassen Sie sich eine Quittung geben, wenn Sie Ihrem Angehörigen im Pflegeheim Geld geben. Oft ist es auch besser, ein eigenes Konto für die Betreuung zu eröffnen.
7. Kostet die gesetzliche Betreuung etwas?
Für das Betreuungsverfahren fallen Kosten an. Die muss der Betroffene zahlen, also die Person, die betreut werden soll. Wie hoch die Kosten sind, hängt von seinem Vermögen ab. Wer das Geld nicht aufbringen kann, kann Verfahrenskostenhilfe beantragen.
Für ehrenamtliche Betreuer wie z.B. Angehörige gibt es 399 Euro im Jahr als Pauschale für den Aufwand ("Aufwandsentschädigung"). Das muss aber der Betroffene zahlen. Wenn er mittellos ist, gibt es das Geld aus der Staatskasse.
8. Gilt die Betreuung für immer?
Eine betroffene Person darf nur so lange betreut werden, wie sie Hilfe braucht. Nach spätestens sieben Jahren wird überprüft, ob die Betreuung noch notwendig ist. Bei Demenzerkrankungen ist die Betreuung meist auf lange Zeit angelegt. Eine Betreuung kann aber auch nur vorübergehend sein – zum Beispiel ein paar Monate nach einem Unfall.
9. Hilfe bei Problemen mit der Betreuung
Ein rüder Umgangston, mangelnder Kontakt oder der Verdacht, dass Vermögen unterschlagen wird: Im Kontakt mit Betreuern kommt es manchmal zu Problemen. "Die meisten Kollegen arbeitet verantwortungsvoll", sagt Harald Freter vom Bundesverband der Berufsbetreuer. "Es gibt aber auch einige schwarze Schafe in der Branche." Das kann bei Konflikten helfen:
- Angehörige können nur Einfluss nehmen, wenn Sie beim Gericht einen Antrag auf förmliche Beteiligung an dem Betreuungsverfahren stellen. Bei positivem Bescheid sind sie automatisch Teil des Verfahrens. Sie müssen dann gehört werden, können Widerspruch einlegen und beim Anhörungstermin gegen die Betreuung kämpfen.
- Wenden Sie sich an die Beschwerdestelle des Bundesverbands der Berufsbetreuer. Dort versucht man zu schlichten. Die Stelle ist aber nur zuständig, wenn der professionelle Betreuer im Berufsverband Mitglied ist. Und es ersetzt keine juristische Klärung der Sachlage.
- Man kann auch den Betreuer wechseln (s. unten): Das Amtsgericht darf nicht einfach einen fremden Betreuer vorziehen, wenn sich ein Angehöriger als Betreuer zur Verfügung stellen würde. Hier hat der Wunsch der zu betreuenden Person Priorität, ihn muss das Gericht berücksichtigen.
- Manchmal kommt es auch einfach zu Missverständnissen. Betreuer, das klingt so, als ob jemand tatsächlich für die Betreuung z.B. eines demenzkranken Angehörigen zuständig ist. Aber ein Betreuer muss nicht pflegen oder den Einkauf machen. Er ist nur verpflichtet, Angelegenheiten für seinen Klienten zu regeln, zum Beispiel einen Pflegedienst zu beauftragen oder Rechnungen zu bezahlen. Er muss ihn auch immer wieder kontaktieren. "Aber er muss zum Beispiel gegenüber Dritten, etwa Angehörigen, keine Auskünfte etwa über Kontostände, Gespräche mit Ärzten oder Haushaltsauflösung geben", sagt Harald Freter vom Bundesverband der Berufsbetreuer.
10. Wie man den Betreuer wechselt
- Sie können den Betreuer wechseln, wenn die Zusammenarbeit nicht klappt. "Ist er fundiert zu begründen, ist der Wechsel möglich", sagt der Betreuungsexperte Prof. Volker Thieler. Das Gericht muss den Wechsel prüfen, auch ohne konkreten Anlass – zum Beispiel, wenn das Vertrauensverhältnis nicht stimmt.
- Der Betreute oder ein Angehöriger muss den Antrag beim zuständigen Amtsgericht stellen. Am besten soll man sich vorher beraten lassen, rät Dorothee Czennia, Referentin für Sozialpolitik beim Sozialverband VdK Deutschland. "Viele Schreiben sind sehr emotional – besser sachlich formulieren!"
- Wenn möglich: Schlagen Sie dem Gericht eine gleich geeignete Person vor, die sich als Betreuer zur Verfügung stellen würde.
- Zeugen wie Nachbarn oder Pflegekräfte oder der Nachweis von Mahnungen wegen Rechnungen, die der Betreuer nicht beglichen hat, können Beschwerden untermauern.
- Um Beschwerden beim Betreuungsgericht Nachdruck zu verleihen: Mit der Klage immer wieder neu ans Gericht wenden. "Je häufiger der Richter die Akte auf seinen Schreibtisch bekommt, umso schneller bearbeitet er sie", sagt der Betreuungsexperte Prof. Volker Thieler.