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Ohne Vorwarnung breitet sich ein intensives Hitzegefühl in der oberen Körperhälfte aus. Die Haut, vor ­allem im Gesicht, rötet sich, der Schweiß rinnt. Erster Impuls: Fenster aufreißen oder die Bettdecke von sich werfen. Einige Sekunden bis Minuten – dann ist es vorbei. Doch für circa ein Drittel der Frauen in den Wechseljahren sind diese Hitzewallungen so intensiv, dass sie sie richtig belasten.

Belastung unterschiedlich stark ausgeprägt

Hier setzt die Therapie mit Hormonen an. Denn der Leidensdruck der Frau ist entscheidend. „Ist sie in ihrem Alltag, in ihrem Leben durch die Hitzewallungen und Schweißausbrüche eingeschränkt, kann sie Hormone nehmen. Man berücksichtigt natürlich die indivi­duellen Risiken“, sagt Dr. Annette Bachmann, Leiterin der Abteilung gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt. Aktuell bekommen in Deutschland circa zehn Prozent der Frauen Hor­mone gegen ihre Hitzewallungen.

Treten die Hitzewallungen nachts auf, können sie den Schlaf beeinträchtigen. Aber ob Schlafstörungen die Frauen schwächen oder nicht – das ist sehr unterschiedlich. „Manche Frauen stehen nachts auf, ziehen sich einen neuen Schlafanzug an, legen sich wieder hin und schlafen weiter. Andere sind am Morgen gerädert“, erklärt Gynäkologin Dr. Maria Beckermann aus Köln. Schläft man nächtelang schlecht, schlägt sich das auf die Laune nieder. „Das sind Dominoeffekte, die durch Hor­mone besser werden können. Weniger Hitzewallungen bedeuten besseren Schlaf und mehr Energie im Alltag“, so Beckermann. Aber: Verstimmungen oder Schlafstörungen können auch andere Ursachen haben, die man fachgerecht behandeln und nicht automatisch auf die Wechseljahre schieben sollte.

Nutzen und Risiken abwägen

Hitzewallungen und Schweißausbrüche sind die einzigen körperlichen Anzeichen, die typisch für die Wechseljahre sind. Bevor eine Behandlung beginnt, schließen die Ärztin oder der Arzt andere mögliche Ursachen für verstärktes Schwitzen aus. Zum Beispiel haben manche blutdrucksenkenden Medikamente vermehrte Hitzegefühle als Nebenwirkung. „Es gibt Ratgeber für Frauen, die ganz locker daherkommen und sagen – heute kann jede Frau Hormone nehmen. So stimmt das nicht, Nutzen und Risiko müssen abgewogen werden“, sagt Beckermann. Gibt es Krankheiten oder Risiken, die gegen eine Hormontherapie sprechen wie ein erhöhtes Risiko für Thrombose? Nach überstandenem Brust- oder Gebärmutterschleimhautkrebs gibt man ebenfalls keine Hormone, diese erhöhen das Risiko für eine erneute Erkrankung.

Östrogen reduziert die Hitzewallungen

Brauchen Frauen Hormone, bekommen sie in der Regel zwei verschiedene: Östrogene und Gestagene. Sie werden aus Pflanzen wie der Yamswurzel und der Sojabohne hergestellt. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten ist die Herstellung standardisiert und die Qualität streng kontrolliert. „Von individuell erstellten Mischungen, sogenannten Magistral­rezepturen, rate ich ab, da sie weniger sicher sind. Das liegt daran, dass diese nicht auf die gleiche Art geprüft werden“, so Beckermann.

Und wie wirken die Hormone? Östrogene reduzieren Hitzewallungen und Schweißausbrüche. Es gibt sie als Tablette oder als Pflaster, Gel oder Spray, das auf die Haut aufgetragen wird. Nachteil: Durch Östrogene steigt das Risiko für Krebs an der Gebärmutterschleimhaut. Frauen, die Ös­trogen – egal in welcher Form – nehmen, sollten zusätzlich ein Gestagen, etwa Progesteron, als Tablette bekommen. Durch die Gabe beider Hormone ist das Risiko für Krebs an der Gebärmutterschleimhaut nicht mehr erhöht. Mögliche Nebenwirkungen der Hormone in den ersten Monaten der Anwendung: Schmierblutungen, Brustspannen und Übelkeit. Alle Nebenwirkungen sind in den Packungsbeilagen aufgelistet.

Tablette, Pflaster oder Creme?

Welche Art der Anwendung sich am besten eignet, ist sehr individuell und hängt unter anderem von Vorerkrankungen und dem Alter der Frau ab. Hitzewallungen können sowohl vor als auch nach der Menopause – dem Ende des Zyklus – auftreten. Hat die Patientin noch Blutungen und möchte wegen der Wechseljahresbeschwerden Hormone nehmen, müssen diese ihrem Zyklus angepasst sein oder ihn steuern. Östrogene in Tablettenform sind dafür eher geeignet als Pflaster oder Gel. „Je älter die Patientin ist und je höher das Gewicht, desto besser ist es, die Hormone über die Haut zu nehmen, denn das Risiko für Thrombose und Schlaganfall ist geringer“, so Expertin Bachmann.

Östrogen als Tablette birgt besonders für Frauen nach der Menopause ein erhöhtes Risiko für Thrombose. Der Grund: Die Tablette wird in der Leber verstoffwechselt und beeinflusst die Blutgerinnung. Gelangt das Hormon über die Haut in den Körper, umgeht man dieses Risiko. Die Haut ist gut durchlässig für Östrogene. Die Pflaster klebt man auf weiche Körperstellen, wie Bauch oder Hüfte. Das Gel wird einmal täglich in die Haut einmassiert. Bei der Behandlung mit Hormonen gilt immer: so niedrig dosiert und so kurz angewendet wie möglich, so lange wie nötig.

Regelmäßige Kontrollen sind wichtig

Im Auge behält man auch das Brustkrebsrisiko. „Das steigt, je länger und je höher dosiert man die Hormone nimmt“, so Beckermann. Daher ist die jährliche Kontrolle bei der Gynäkologin oder dem Gynäkologen wichtig. Wann sollte die Therapie enden? „Nach drei oder fünf Jahren lohnt es sich, zu schauen, ob die Patientin die Behandlung noch braucht“, sagt Bachmann. Das hängt von ihrer aktuellen Lebenssituation ab – wie geht es ihr im Alltag, wie hoch ist die Belastung? Möglich sind dann Auslassversuche, ein sofortiges Absetzen der Hormone oder ein Ausschleichen, indem die Dosis langsam verringert wird. Das wird individuell mit der Frau vereinbart. Nach dem Absetzen können vorübergehend wieder Hitzewallungen auftreten.

Pflanzliche Alternativen

Frauen, die etwas gegen ihre Hitzewallungen tun, aber keine Hormone nehmen wollen, können Extrakte der Traubensilberkerze (Cimicifuga) oder pflanzliche Östrogene (Phytoöstrogene) ausprobieren. Zum Beispiel das Isoflavon Genistein aus Sojabohnen. Es reduziert vermutlich die Häufigkeit von Hitzewallungen. Phytoöstrogene ­ähneln von der chemischen Struktur her nicht unbedingt den Östrogenen, haben aber eine leichte östrogenartige Wirkung. Daher sind diese Mittel nach Brustkrebs tabu. Cimicifuga wirkt vermutlich etwas anders, es ist aber nicht zweifelsfrei geklärt, ob Frauen nach Brustkrebs das Mittel nehmen dürfen.

Auf dem Markt gibt es zahlreiche pflanzliche Präparate. Einige enthalten hohe Mengen an Isoflavonen, deutlich über der von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde empfohlenen Tageshöchstmenge. Bei hohen Dosen sind die Risiken nicht mehr einschätzbar. Besprechen Sie daher auch pflanzliche Präparate immer mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.

Es ist normal, dass der Hormonspiegel sinkt und Hitzewallungen auftreten. Sind diese extrem belastend, müssen Frauen das nicht aushalten, wenn sie nicht wollen, so Bachmann: „Mir ist wichtig – bei allem Problembewusstsein –, dass man den Frauen hilft. Und ihnen Selbstvertrauen gibt, sodass sie die zweite ­Lebenshälfte positiv angehen ­können.“

Muss noch verhütet werden?

Rund um das Thema Sex und Verhütung beginnt für viele Frauen in der Perimenopause ein neuer Lebensabschnitt. Woran die meisten wohl zuerst denken: Das Thema Verhütung ist abgehakt. Das stimmt meistens – zumindest wenn bei Frauen über 50 ein Jahr nach der letzten Blutung vergangen ist, bei Frauen unter 50 zwei Jahre. Bis dahin ist eine Schwangerschaft möglich und es sollte verhütet werden, wenn kein Kinderwunsch bestehe, betont Dr. Cornelia Friedrich, Fachärztin für Sexualmedizin und Gynäkologin in Köthen.

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Es kommen grundsätzlich alle Verhütungsmethoden infrage. Welche am besten geeignet ist, hängt von verschiedenen Faktoren – wie etwa dem individuellen Risiko für Thrombose – ab. Die Frauenärztin oder der Frauenarzt kann dazu individuell beraten.

Was tun bei Scheidentrockenheit?

Im mittleren Alter sinkt der Hormonspiegel. Das führt auch zur hormonabhängigen Veränderung der Scheidenschleimhaut. Sie wird dünner und empfindlicher und dadurch anfälliger für Verletzungen und Infektionen. Das ist ein fortschreitender Prozess, der meistens zwischen 55 und 70 Jahren stattfindet und alle Frauen betrifft. „Über Beschwerden im Intimbereich sprechen Frauen nicht gerne, daher werden diese auch häufig übersehen“, sagt Gynäkologin Annette Bachmann. Viele Frauen haben mit Scheidentrockenheit nur ein Problem bei ­penetrierendem Sex. Dieser kann schmerzhaft sein.

Abhilfe schaffen Mittel, die die Gleitfähigkeit verbessern. Etwa Speiseöle wie Olivenöl oder Kokosöl. Helfen können auch Gleitmittel mit Hyaluronsäure oder Glyzerin. „Kommt man damit zurecht, dann ist das eine prima Lösung. Die Scheide bleibt auch geschmeidiger, wenn man regelmäßig Sex hat“, sagt Frauenärztin Beckermann. Sind hormonfreie Alternativen nicht ausreichend, kann die Frau lokal in der Scheide ein schwach wirksames Östrogen verwenden: als Creme oder Zäpfchen. Diese sind vor allem nach längerer Zeit ohne Geschlechtsverkehr sinnvoll. Zu Beginn der Behandlung ist eine tägliche Anwendung nötig, um die Scheidenschleimhaut wiederaufzubauen. Danach reicht zwei- bis dreimal die Woche. Besprechen Sie die genaue Anwendung mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt.

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Quellen: