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Heute geht es um ein etwas kribbeliges Thema. Schön, dass Sie sich freimachen konnten.

Gerne. Aber warum kratzen Sie sich ständig am Kopf?

Ich weiß auch nicht. Das ging bei der Vorbereitung auf das Gespräch los. Jetzt wird es aber immer schlimmer. An Ihnen hing nicht vielleicht noch eine Laus, die zu mir rübergehüpft ist?

Also zunächst: Läuse hüpfen nicht. Das tun Flöhe. Läuse krabbeln nur. Aber ich kenne das: Mit wem ich auch zu tun habe, immer juckt es mein Gegenüber irgendwann am Kopf. Das liegt aber nicht an mir, es liegt an euch Menschen – und eurer Einbildungskraft. Wenn ihr an etwas denkt, gaukelt euer Gehirn euch das Gedachte gern ein Stück weit vor. Soll ich zur Sicherheit mal nachsehen?

Ja, bitte! Sie sind da ja Experte.

Ich sehe nichts. Und in meinen engen Zinken hängen auch keine Nissen. Dass man so Läuse-Eier nennt, wissen Sie ja sicher. Sie kleben fest an den feinen Menschenhaaren. Um die Läuse loszuwerden, gibt es in der Apotheke verschiedene wirksame Produkte. Mit meiner Hilfe lassen sich die abgetöteten Nissen dann auskämmen. Ich bin aber auch nützlich, um festzustellen, ob es in Ihren Haaren überhaupt krabbelt.

Igitt! Was für eine eklige ­Vor­stellung.

Jetzt hören Sie endlich auf zu kratzen! So schlimm ist das auch nicht. Das bisschen Blut, das Läuse saugen, ­werden Sie wohl entbehren können. Außerdem sollten Sie sich inzwischen an Ihre Untermieter gewöhnt haben. Schließlich sind Mensch und Laus schon seit Millionen von Jahren unzertrennlich. Weil das so ist, verraten die Krabbler auch viel über ihre Gastgeber, die Menschen.

Etwa, dass wir uns die Haare öfter waschen sollten?

Mit schlechter Hygiene haben Läuse nichts zu tun. Sie fühlen sich in jedem Haarschopf wohl. Die Kopfläuse erzählen uns aber ganz andere Dinge. Zum Beispiel, zu welcher Zeit Ihre Vorfahren Afrika verlassen haben. Denn von dort kommen alle Menschen ursprünglich her.

Läuse als Geschichtenerzähler? Jetzt bin ich aber gespannt.

Dann hören Sie mal gut zu: Als der erste Urmensch, der Homo erectus, nach Norden aufbrach, nahm er die Kopflaus mit. Die Menschen ent­wickelten sich weiter, ebenso die Läuse auf ihren Köpfen. Das Erbgut der Krabbler verrät, dass das vor etwa 1,2 Millionen Jahren passierte. Viel später, vielleicht vor 100.000 Jahren, verließ auch Homo sapiens, also Ihr direkter Vorfahre, Afrika. Dabei traf er offenbar auf Menschen-Verwandte, die lange zuvor ausgewandert waren. Der Kontakt muss eng gewesen sein. Denn die Läuse zogen wieder auf den Haarschopf des Homo sapiens um. Die Kopfläuse von heute haben daher unterschiedliche Stammbäume.

Faszinierend. Aber eklig bleiben die Viecher trotzdem. Also ich würde es keinem sagen, wenn ich Läuse hätte.

Die Kopfläuse wird das freuen. Denn so geht die gemeinsame Geschichte von Mensch und Laus noch lange weiter. Wenn Sie die Blutsauger lieber nicht so oft zu Gast haben möchten, ist eines wichtig: Ehrlichkeit. Wenn man die Tierchen entdeckt, sollte man das auf jeden Fall allen Menschen sagen, mit denen man engen Kontakt hatte. Wenn es auf dem Kopf Ihres Kindes krabbelt, unbedingt in Kita, Kindergarten oder Schule Bescheid geben. Wenn jemand dort schief guckt, sollte Sie das nicht jucken. Und bitte: Hören Sie endlich auf, sich zu kratzen.


Quellen: