Lymphdrüsenkrebs (Hodgkin-Krankheit, Morbus Hodgkin)
Was ist die Hodgkin-Krankheit?
Die Hodgkin-Krankheit ist eine bösartige Erkrankung des Lymphsystems (malignes Lymphom). Mediziner sprechen auch von Hodgkin-Lymphom, früher auch von Morbus Hodgkin oder Lymphogranulomatose. Benannt ist sie nach ihrem Erstbeschreiber im Jahr 1832, dem Arzt Sir Thomas Hodgkin.
Lymphome sind Krebserkrankungen, bei denen Lymphzellen bösartig entarten. Im Volksmund spricht man auch vereinfachend von "Lymphdrüsenkrebs". Es gibt verschiedene Formen von Lymphomen, die nach der betroffenen Zellart und dem Verlauf der Erkrankung unterschieden werden.
Man unterscheidet:
- Hodgkin-Lymphom (Hodgkin-Krankheit, Morbus Hodgkin)
- Non-Hodgkin-Lymphome (NHL): Hier gibt es bösartigere (agressive) NHL und weniger bösartige (indolente) NHL, zu denen zum Beispiel die chronische lymphatische Leukämie (CLL) zählt.
Mit zwischen zwei bis drei Erkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich ist die Hodgkin-Krankheit relativ selten. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Der Lymphdrüsenkrebs kann in jedem Alter auftreten; am häufigsten erkranken jedoch Menschen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr an Morbus Hodgkin. Ein weiterer, etwas kleinerer Häufigkeitsgipfel findet sich bei Menschen nach dem 65. Lebensjahr.
Prognose
Dank verbesserter Behandlungsmöglichkeiten hat Morbus Hodgkin eine sehr gute Prognose. Mit einer Kombination von Chemotherapie und Strahlenbehandlung kann die Krebserkrankung, früh erkannt, in über 90 Prozent der Fälle geheilt werden. Auch in fortgeschrittenen Stadien ist eine Heilung der Hodgkin-Krankheit noch möglich. Ohne Behandlung jedoch verläuft dieser Lymphdrüsenkrebs meistens tödlich.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen der Hodgkin-Krankheit sind nicht bekannt. Ärzte gehen jedoch davon aus, dass bestimmte Risikofaktoren die Entstehung dieser Krebserkrankung begünstigen. Zumindest für einen Teil der Betroffenen von Hodgkin-Lymphomen trifft zu, dass das Erkrankungsrisiko durch eine EBV-Infektion (Epstein-Barr-Virus, Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers) oder eine erbliche (genetische) Veranlagung erhöht wird.
Diskutiert wird auch, ob eine Immunschwäche – ausgelöst beispielsweise durch eine Infektion mit dem HI-Virus (Humanes Immundefizienz-Virus, Erreger von AIDS) – das Risiko an einem Hodgkin-Lymphom zu erkranken, erhöht. Sicher belegt ist das jedoch noch nicht. Unklar ist auch, ob lebensstilbedingte Faktoren oder Umweltrisiken zur Entstehung eines Hodgkin-Lymphoms betragen. Vermutlich erhöht langjähriges Rauchen das Risiko.
Symptome
Ein Hauptsymptom bei der Hodgkin-Krankheit sind schmerzlos geschwollene Lymphknoten. Über 90 Prozent der Betroffenen weisen zum Zeitpunkt der Diagnose Lymphknoten-Schwellungen, insbesondere im Halsbereich (zervikal), auf.
Außerdem können Lymphknoten bei Morbus Hodgkin beispielsweise in folgenden Bereichen vergrößert sein:
- Leisten-Lymphknoten
- Lymphknoten im Brustraum, eventuell mit Reizhusten und Druckgefühl hinter dem Brustbein
- Lymphknoten im Bauchraum
- Achsel-Lymphknoten
Bei der Hodgkin-Krankheit finden sich typischerweise schmerzlose Lymphknotenvergrößerungen. Entzündlich oder infektbedingt vergrößerte Lymphknoten sind im Gegensatz dazu oft schmerzhaft und von weiteren Beschwerden begleitet, beispielsweise Halsschmerzen bei einer Halsentzündung. Auch bilden sich solche infektbedingt vergrößerten Lymphknoten in der Regel innerhalb von einigen Tagen bis Wochen wieder zurück. Allein vom Tastbefund her kann der Arzt die Diagnose aber nicht sicher stellen. Weitere Untersuchungen sind nötig. Bleibt eine Lymphknotenschwellung über längere Zeit hinweg bestehen (also mehr als zwei bis drei Wochen), sollte man deshalb grundsätzlich einen Arzt aufsuchen und die Ursache klären lassen. Bei einer unerklärlichen Lymphknotenschwellung, die länger als vier Wochen anhält oder zunimmt, sollte eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen werden.
Bei einem Morbus Hodgkin kann es zudem zu einer sogenannten B-Symptomatik kommen. Mediziner bezeichen so eine Kombination aus Allgemeinbeschwerden: Fieber (über 38°C), nächtliches Schwitzen, das mit einem Wechsel der Nachtwäsche verbunden ist, und ein Gewichtsverlust von über zehn Prozent des Körpergewichts innerhalb von sechs Monaten. Die Erfassung der B-Symptome ist wichtig, da sie in die Bewertung des Tumorstadiums einbezogen werden.
Bei etwa einem Drittel der Patienten treten zusätzlich auch unspezifische Allgemeinbeschwerden wie Müdigkeit, Schwächegefühl, Leistungsknick und ein starker Juckreiz am ganzen Körper auf. Selten, aber typisch für die Hodgkin-Erkrankung sind Schmerzen in den befallenen Lymphknoten nach Genuss von Alkohol.
Weitere Organe wie die Leber und Milz können bei der Hodgkin-Krankheit ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen sein. Es kommt dann zu einer Vergrößerung von Leber (Hepatomegalie) und Milz (Splenomegalie). Dies kann sich durch einen vergrößerten Bauchumfang ("Bauchschwellung"), Schmerzen im rechten und linken Oberbauch sowie Verdauungsstörungen bemerkbar machen. Auch andere Organe und Gewebe des Körpers können in seltenen Fällen von der Hodgkin-Krankheit befallen sein.
Diagnose
Nach einem ausführlichen Gespräch über die Beschwerden und die Vorgeschichte (Anamnese) sowie einer gründlichen körperlichen Untersuchung kann die Entfernung und feingewebliche Untersuchung eines verdächtigen Lymphknotens weiteren Aufschluss geben. Der Arzt lässt den entnommenen geschwollenen Lymphknoten mikroskopisch untersuchen. Im Fall der Hodgkin-Krankheit finden sich typische entartete Lymphzellen, sie werden Hodgkin- und Reed-Sternberg-Zellen (H-RS-Zellen) genannt.
Klassikfikation der Hodgkin-Krankheit
Abhängig von der Art und dem Ausmaß der nachgewiesenen Lymphomzellen, unterscheiden Mediziner zwei verschiedene Typen des Morbus Hodgkin. Diese Klassifizierung ist für die Ärzte vor allem in Bezug auf Behandlung und Prognose wichtig:
- Lymphozytenprädominante Form des Hodgkin-Lymphoms (mit etwa fünf Prozent relativ selten)
- Klassisches Hodgkin-Lymphom:
- nodulär sklerosierender Typ (mit circa 65 Prozent die häufigste Form)
- Mischtyp (circa 25 Prozent)
- lymphozytenreicher klassischer Typ (etwa vier Prozent der Fälle)
- lymhozytenarmer klassischer Typ (mit etwa ein Prozent relativ selten)
- nicht klassifizierbares Hodgkin-Lymphom
Stadieneinteilung/Ann-Arbor-Klassifikation
Weitere Untersuchungen bei Morbus Hodgkin sind wichtig, um das Stadium und die Ausbreitung der Krebserkrankung im Körper zu ermitteln, und um andere Erkrankungen auszuschließen. Neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung kommen dazu Blut-und-Knochenmarksanalysen sowie Röntgenbilder und Computertomografien infrage.
Das Stadium der Hodgkin-Krankheit wird nach der so genannten Ann-Arbor-Klassifikation eingeteilt. Es berücksichtigt, welche Lymphknotengebiete befallen sind und ob sich der Lymphdrüsenkrebs auf andere Organe ausgebreitet hat.
• Stadium I: Nur ein Lymphknotengebiet ist befallen oder es liegt ein einziger Befall außerhalb des Lymphsystems vor
• Stadium II: Zwei oder mehr Lymphknotengebiete auf der gleichen Zwerchfellseite sind befallen oder es findet sich ein lokalisierter Befall außerhalb des Lymphknotengebiets neben einer oder mehreren befallenen Lymphknoten-Regionen auf der gleichen Zwerchfellseite
• Stadium III: Zwei oder mehr Lymphknotengebiete auf beiden Seiten des Zwerchfells sind befallen oder es findet sich ein lokalisierter Befall außerhalb des Lymphknotengebiets neben einer oder mehreren befallenen Lymphknoten-Regionen auf beiden Seiten des Zwerchfells
• Stadium IV: Es liegt ein diffuser Befall von einem oder mehreren Organen außerhalb des Lymphsystems, mit oder ohne Befall von Lymphgewebe, vor
Der Zusatz E beschreibt das Vorliegen eines lokal begrenzten extranodalen Befalls, also einem Befall eines Körperorgans, das nicht zum lymphatischen System gehört. Der Zusatz "B" hinter dem Stadium (also zum Beispiel Stadium II B) bedeutet, dass außerdem B-Symptome (Fieber, Gewichtsabnahme und Nachtschweiß) vorliegen. Ein "A" signalisiert das Fehlen dieser Symptome. All diese Informationen sind wichtig für die Ärzte, um die bestmögliche Therapie zu planen. Insbesondere die Studiengruppen verwenden darüber hinaus auch eine Einteilung nach Risikogruppen. Diese werden entsprechend der Lymphomausbreitung (Ann-Arbor-Stadium) und bestimmten Risikofaktoren festgelegt. Man spricht von einem frühen oder lokalisierten Stadium, wenn ein Ann-Arbor Stadium I oder II, A oder B ohne weitere Risikofaktoren vorliegt. Ist das Lymphom nach Ann-Arbor in Stadium I oder II einzuordnen und bestehen weitere Risikofaktoren, wie ein großer Tumor im Brustraum, ein Befall von nicht-lymphatischen Organen, eine Beteiligung von mehr als drei Lymphknotenregionen oder eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, so gilt dies als intermediäres Stadium. Alle Lymphome der Ann-Arbor Stadien III und IV sowie die Lymphome des Stadiums IIB, bei denen ein großer Tumor im Brustraum zu finden ist oder nicht lymphatische Organen befallen sind, gelten als fortgeschritten.
Therapie
Die Hodgkin-Krankheit lässt sich sehr gut durch eine kombinierte Chemo- und Strahlentherapie behandeln. In der Regel wird zunächst eine Chemotherapie durchgeführt und anschließend bestrahlt.
- Chemotherapie
Bei einer Chemotherapie werden Zytostatika verabreicht. Dies sind Zellgifte, die Krebszellen – in diesem Fall die bösartigen Lymphomzellen – abtöten. Mehrere Medikamente werden nach einem festgelegten Zeitplan in regelmäßigen Abständen (Zyklen) verabreicht. Bei der Hodgkin-Krankheit haben sich, je nach Stadium der Erkrankung, unterschiedlich intensive Chemotherapie-Schemata bewährt, die nach den Anfangsbuchstaben der Zytostatika benannt sind (wie ABVD-Schema und BEACOPP-Schema).
- Strahlenbehandlung
Das Hodgkin-Lymphom ist eine sehr strahlensensible Krebserkrankung. Das bedeutet, dass die Tumorzellen durch Bestrahlung zerstört werden können. Im Optimalfall erarbeitet ein Team den Behandlungsplan, zu dem auch ein speziell ausgebildeter Arzt – ein Strahlenarzt oder Radioonkologe – gehört. Dieser plant die Details der Bestrahlung, wenn eine solche Therapie sinnvoll erscheint.
Nebenwirkungen der Behandlung bleiben nicht aus, da sowohl die Chemo- als auch die Strahlentherapie zwar vor allem bösartiges, zum Teil aber auch gesundes Gewebe angreifen. Es kann zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Haarausfall, Schwäche, Schleimhautentzündungen und Infektionsgefährdung kommen. Viele dieser Beschwerden lassen sich jedoch mit vorbeugenden Maßnahmen verhindern oder verringern beziehungsweise durch Medikamente lindern. Auch Spätfolgen der Behandlung sind möglich wie Schädigung von Organen, zum Beispiel der Schilddrüse, der Lunge oder des Herzens. Das Risiko für Zweitkrebserkrankungen kann durch die Therapie erhöht werden. Auch die Fruchtbarkeit kann beeinträchtigt werden. Patienten mit Kinderwunsch sollten sich daher vor Behandlungsbeginn von Ihrem Arzt beraten lassen, welche Möglichkeiten es gibt, um dem vorzubeugen. Insgesamt jedoch überwiegt der Nutzen der Hodgkin-Therapie die Risiken; ohne Behandlung verläuft die Hodgkin-Krankheit tödlich, während mit der Behandlung sehr gute Heilungsergebnisse erzielt werden können.
- Stammzelltransplantation bei einem Rückfall
Eine Transplantation von Blutstammzellen – das sind Vorläuferzellen des blutbildenden Systems – kommt bei der Hodgkin-Krankheit infrage, wenn es zu einem Rückfall kommt und eine nochmalige herkömmliche Chemo- oder Strahlentherapie nicht erfolgversprechend erscheinen. Hierbei werden dem Patienten nach einer herkömmlichen Chemotherapie eigene Blutstammzellen entnommen und diese nach einer hoch dosierten Chemotherapie, die das gesamte blutbildende System zerstört, zurückübertragen (autologe Blutstammzelltransplantation). Auf diese Weise wird das blutbildende System wiederhergestellt. Für viele Patienten mit einem ersten Rückfall der Hodgkin-Erkrankung stellt dieses Behandlungskonzept derzeit die Therapie der Wahl dar.
- Nachsorge beim Hodgkin-Lymphom
Nach überstandener Therapie sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen wichtig, um ein Wiederauftreten der Hodgkin-Krankheit (Rezidiv) oder gesundheitliche Störungen als Folge der Behandlung frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Die behandelnden Ärzte informieren ausführlich darüber, wann und wie oft die Nachsorge erfolgen muss.
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.