Keine Angst vor der Narkose

Entspannt einschlafen: Eine Narkose ist ähnlich sicher wie Eisenbahnfahren.
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Wer morgens mit der Bahn zur Arbeit fährt, liest dabei gern mal ruhig ein Buch. Oder beobachtet entspannt die vorbeiziehenden Häuser. Anders, wenn eine Operation bevorsteht: Bevor sie in Tiefschlaf versetzt werden, ist vielen Menschen mehr als mulmig – selbst wenn der Eingriff Routine ist. Dabei könnten sie sich wie im Zug entspannt zurücklehnen.
„Eine Narkose ist in der Regel ähnlich sicher wie Eisenbahnfahren“, sagt Prof. Dr. Gerhard Schneider. Er ist Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Uniklinikum rechts der Isar in München. Die Angst, die manche Menschen vor einer Narkose haben, kann er dennoch verstehen. „Man gibt die Kontrolle ab. Und das an Personen, die man kaum kennt“, sagt er. Wichtig zu wissen ist dann: Bei den Anästhesistinnen und Anästhesisten handelt es sich um speziell ausgebildetes Fachpersonal. „Sie sind während der kompletten Narkose anwesend und können jederzeit eingreifen.“
Gut aufgeklärt
Was mit ihnen im künstlichen Tiefschlaf passiert, erfahren Patientinnen und Patienten im Aufklärungsgespräch. Dazu gehört auch eine Voruntersuchung. „Wir machen uns ein Bild, ob unsere Patienten Risiken mitbringen und welche“, sagt Schneider. Bestehen zum Beispiel Probleme mit dem Herzen oder der Niere, stellen sich die Fachleute darauf gezielt ein. Etwa durch die Auswahl spezifischer Medikamente. „Stellen Sie alle Fragen, die Ihnen auf der Seele liegen“, rät Schneider. Viele Ängste lassen sich auf diese Weise ausräumen.
Betreut in die Narkose
Wer sich direkt vor der OP noch unruhig und ängstlich fühlt, sollte das ansprechen. „Ein Gespräch kann oft die Sorgen zerstreuen“, sagt Schneider. Bei sehr großer Nervosität können auch beruhigende Medikamente verabreicht werden. Bevor die Narkose beginnt, startet die Anästhesistin oder der Anästhesist mit der Überwachung der Körperfunktionen. Ist genug Sauerstoff im Blut? Stimmt der Blutdruck?

„Eine Narkose ist in der Regel ähnlich sicher wie Eisenbahnfahren“, sagt Prof. Dr. Gerhard Schneider.
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In eine Vene, meist am Handrücken oder im Unterarm, wird ein Zugang gelegt, durch den die Medikamente verabreicht werden. „Wir geben in der Regel zuerst ein Schmerzmittel“, sagt Schneider. Dann folgt das eigentliche Narkosemittel: Ein Hypnotikum führt dazu, dass das Bewusstsein ausgeschaltet wird. Bei einer Vollnarkose übernimmt meist ein Beatmungsgerät die Atmung. Ein drittes Mittel sorgt dafür, dass sich die Muskeln entspannen. Das erleichtert unter anderem das Einführen des Beatmungsschlauchs.
Überwacht im Tiefschlaf
Auch wenn die Operation Stunden dauert: Die Anästhesistin oder der Anästhesist überwacht während der gesamten Zeit die Körperfunktionen über einen Monitor. Zusätzlich werden heute oft die Hirnströme gemessen. „Das zeigt uns, dass die Narkose wirklich tief genug ist“, sagt Schneider. Dass man während des Eingriffs unbemerkt erwacht, ist so nahezu ausgeschlossen. Andererseits wird auch verhindert, dass die Bewusstlosigkeit zu tief geht. Das Risiko, dass es nach dem Aufwachen zu Verwirrtheit kommt, lässt sich so deutlich verringern. „Die Anästhesie hat besonders hohe Sicherheitsstandards“, so Schneider. Von Checklisten bis zur Farbkennzeichnung der verschiedenen Medikamente: Auch im Kleinen wird viel getan, um Fehler auszuschließen.
Begleitet aufwachen
Ist die Operation vorüber, wird die Medikamentenzufuhr langsam beendet und die Patientin oder der Patient beginnt schon wenige Minuten danach zu erwachen. „Die Menschen sind meist rasch wieder ansprechbar“, sagt Schneider. Doch erinnern sie sich später meist nicht an diese ersten Minuten. Negative Informationen prägen sich allerdings eher ein. „Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, achten wir genau darauf, was während des Erwachens gesprochen wird“, so Schneider. Danach kommt die Patientin oder der Patient in einen Aufwachraum, um sich dort weiter zu erholen. Übelkeit und Erbrechen treten nur noch selten auf. Eine Pflegekraft hilft meist bei den ersten Schritten. „Es kann sein, dass man noch etwas müde ist“, sagt Schneider. Auch neigt man dazu, seine Leistungsfähigkeit zu überschätzen. Doch fühlt man sich in der Regel rasch wieder fit.
Quellen:
- Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA): Narkose in sicheren Händen. Online: https://www.sichere-narkose.de/... (Abgerufen am 25.09.2023)
- BPM: Dr. Irmgard Pfaffinger, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Psychoanalyse, Anästhesistin. Berufsverband der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie e.V.: https://www.bpm-ev.de/... (Abgerufen am 01.11.2023)