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Was sind Kohlenhydrate?

Neben Fett und Eiweiß zählen Kohlenhydrate zu den Makronährstoffen und liefern unserem Körper vor allem Energie. "Die Kohlenhydrate sind der bevorzugte Brennstoff unseres Körpers", sagt Julia Meier-Gebert, Diplom-Ökotrophologin und Ernährungstherapeutin in Berlin. Keinen Nährstoff nutzt er lieber, um Energie zu gewinnen. Das liegt daran, dass der Organismus die meisten Kohlenhydrate schnell und ohne große Anstrengung zu Glukose zerlegen kann, aus der er Energie gewinnt. Diese Energie verwendet der Körper für alles Mögliche: zum Beispiel für die Muskelarbeit oder für den Aufbau von Zellbestandteilen.

Einfach, raffiniert, komplex – was ist was?

Einfache Kohlenhydrate sind Einfachzucker wie Glukose (Traubenzucker) und Fruktose (Fruchtzucker) oder Zweifach­zucker wie der Haushaltszucker. Sie lassen den Blutzucker schnell und stark ansteigen, es wird viel Insulin ausgeschüttet, und der Blutzucker fällt rasch wieder: nicht günstig.

Raffinierte Kohlenhydrate entstehen etwa bei der Herstellung von Weißmehl. "Ich nehme vom Getreidekorn die Schale weg — und damit auch Ballaststoffe, Mineralstoffe und Vitamine. Was übrig bleibt, ist der weiße Mehlkörper", erklärt Ökotrophologin Meier-Gebert. Auch raffinierte Kohlenhydrate führen zu einer stärkeren Ausschüttung von Insulin als komplexe.

Komplexe Kohlenhydrate sind lange Ketten aus vielen Zuckermolekülen. "Sie können auch Abzweigungen, also Seitenketten, haben", erklärt Dr. Stefan Kabisch, Studienarzt an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Der Körper kann sie nicht so leicht aufnehmen. "Unsere ­Darmenzyme müssen da schon ordentlich arbeiten." Komplexe Kohlenhydrate lassen den Blutzucker langsamer und weniger stark ansteigen und stecken in Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten: sehr gesund!

Verzicht muss nicht sein:

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Braucht unser Körper Kohlenhydrate?

Rein theoretisch: nein. Zwar brauchen unsere Zellen Glukose, um zu überleben. Aber die müssen wir nicht in Form von Kohlenhydraten zu uns nehmen. "Unser Körper kann Eiweiß in Glukose umwandeln, aus Fett Ketonkörper bilden und so seinen Bedarf decken", erklärt Kabisch. Sinnvoll ist es trotzdem nicht, Kohlenhy­drate ganz zu streichen. So gut wie jedes Lebensmittel enthält kleine Mengen davon. "Eine wirklich kohlenhydratfreie Ernährung ist also sehr einseitig", sagt Kabisch. Es würden uns wichtige Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe entgehen. Manche Menschen sind außerdem weniger leistungsfähig, wenn sie sich sehr kohlenhydratarm ernähren. Das ist jedoch individuell unterschiedlich.

Machen Kohlenhydrate dick?

Jein. "Kohlenhydrate an sich machen nicht dick", sagt Julia Meier-Gebert. Aber: Es ist wahrscheinlicher, dass man zunimmt, wenn man oft Lebensmittel mit einfachen und raffinierten Kohlenhydraten isst. Der Grund: Im Vergleich zu Fett und Eiweiß sättigen sie nicht besonders gut. Selbst wenn wir also große Mengen essen, sind wir schnell wieder hungrig. Deshalb essen wir auch leicht zu viel von ihnen, ohne es zu merken — und überschreiten unseren Bedarf. Das macht dick.

Dazu kommt: Einfache und raffinierte Kohlenhydrate lassen den Blutzucker stark ansteigen und führen zu einer hohen Insulin­ausschüttung. Insulin schleust nicht nur den Zucker in die Zellen. Es hemmt auch die Fettverbrennung und sorgt dafür, dass überschüssige Energie als Fett gespeichert wird. Haben wir also ständig viel Insulin im Blut, fällt das Abnehmen schwerer.

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Ist Vollkorn immer gesünder?

In der Regel schon. Es gibt viele Studien, die zeigen: Wer Vollkornprodukte isst, hat ein geringeres Risiko für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einige Krebsarten. Allerdings: "Wie groß dieser Effekt tatsächlich ist, lässt sich schwer beziffern" sagt Stefan Kabisch. Wer mehr Vollkorn isst, raucht oft nicht, bewegt sich häufiger, isst mehr Gemüse und weniger Fleisch.

Grundsätzlich sorgt raffiniertes Mehl für einen stärkeren Blutzuckeranstieg als Vollkornmehl. Vollkorn sollte also die erste Wahl sein. Auch bei Vollkorn gibt es noch einmal Unterschiede: Zum Beispiel bewirkt fein vermahlenes Vollkornbrot einen etwas höheren Blutzucker als grob geschrotetes Brot mit ganzen Körnern. Hier kann allerdings bei Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Divertikulose Vorsicht ­geboten sein, sagt Expertin Meier-Gebert. Dazu am besten den Arzt fragen!

Was bringt Low Carb?

Kommt darauf an. Es hat sich gezeigt, dass Low Carb positive Effekte auf den Blutzucker haben kann. "Wenn ein Typ-2-Diabetes noch nicht lange besteht, kann man zum Beispiel so seine Werte wieder in den Griff bekommen", sagt Ernährungsforscher Kabisch. Damit der Effekt bleibt, muss man sich aber langfristig gesund ernähren. Wichtig ist auch, an den richtigen Stellen Kohlenhydrate zu sparen und vor allem Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel wegzulassen. Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sollten weiterhin auf dem Speiseplan stehen.

Wer Insulin spritzt und Kohlen­hydrate reduziert, muss sein Mahlzeiteninsulin anpassen und an das Unterzucker-Risiko denken. Das gilt auch für Typ-2er, die Sulfonylharnstoffe einnehmen. Zudem besteht die Gefahr, dass durch Low Carb die Glykogenspeicher in der Leber geleert werden. Wenn es zu einer Unterzuckerung kommt und die Glykogenspeicher leer sind, kann das lebensgefährlich sein.

Was nützt es, abends auf Kohlenhydrate zu verzichten, wenn man abnehmen möchte?

Die einen sagen, es spiele keine Rolle, wann wir Kohlenhydrate essen — wichtig sei das Essverhalten über den gesamten Tag. Denn wer immer wieder einfache und raffinierte Kohlenhydrate isst, schraubt Blutzucker und Insulinspiegel damit in die Höhe. Die ­anderen ­sagen, der Kohlenhydrat-Verzicht am Abend sei besonders effektiv. Der Gedanke dahinter: Wer abends wenig Kohlenhydrate isst, ­schüttet kaum Insulin aus. Die Fettverbrennung funktio­niert über Nacht besser, der Körper zehrt von seinen Reserven, und man nimmt ab.

"Theoretisch ergibt das durchaus Sinn", sagt Stefan Kabisch. "Aber jeder hat ­einen etwas anderen Stoffwechsel." Ein klares Ja oder Nein gibt es also bisher nicht. Wichtig ist auch hier: Wer Insulin spritzt oder Sulfonylharnstoffe einnimmt, sollte mit seinem Arzt sprechen, wenn er abends auf Kohlenhydrate verzichten möchte.