Hülsenfrüchte: Kleine Eiweiß-Kraftpakete
Der Mensch und die Kichererbse sind gute alte Bekannte. Schon vor rund 10.000 bis 8000 Jahren sollen die Bewohner des vorderen Orients sie als Nutzpflanze angebaut haben. Wahrscheinlich wussten unsere Vorfahren unter anderem den hohen Energiegehalt der nussig schmeckenden Hülsenfrucht zu schätzen.
Mehrere Jahrtausende später stehen Kichererbsen und andere Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Linsen und Sojabohnen immer noch auf dem Speiseplan. Gerade für Menschen mit Diabetes bieten sie einige Vorteile.
Langsamer Blutzuckeranstieg bei Hülsenfrüchten
"Hülsenfrüchte enthalten einen hohen Anteil an Ballaststoffen", sagt Christiane Knipper, Ernährungsberaterin in Bremen. Bei Ballaststoffen handelt es sich um Pflanzenfasern, die im Darm Wasser an sich binden, aufquellen und dadurch die Verdauung ankurbeln. Außerdem gehen die Kohlenhydrate aus dem Essen langsamer ins Blut über, wenn die Mahlzeit Ballaststoffe enthielt. Der Blutzuckerspiegel steigt deshalb bedeutend langsamer an. Menschen mit Diabetes können so Zuckerspitzen nach dem Essen vorbeugen. Zudem fördern Ballaststoffe ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl, was das Abnehmen erleichtert.
Ein weiteres Plus von Hülsenfrüchten ist ihr hoher Anteil an pflanzlichen Eiweißen, die ebenfalls das Sättigungsempfinden unterstützen und den Blutzuckeranstieg verlangsamen. Die Kombination aus Ballaststoffen und Eiweißen bremst den Zuckerausschlag besonders gut. Deshalb müssen Diabetiker, die Insulin spritzen, für Hülsenfrüchte meist eine niedrigere Dosis berechnen, als sie es anhand der Brot- oder Kohlenhydrateinheiten müssten. Sonst kann es zu Unterzuckerungen kommen. Knipper rät, vor dem Essen von Kichererbsen und Co. zunächst weniger Insulin zu spritzen und danach zu beobachten, wie sich die Werte entwickeln. Wer sich unsicher ist, wie er es richtig macht, sollte sich vom Arzt oder Diabetesteam beraten lassen.
Ein Streifzug durch die Welt der Hülsenfrüchte
Bessere Blutdruck-, Blutzucker- und Blutfettwerte?
Von Hülsenfrüchten scheint der Blutzuckerspiegel auch längerfristig zu profitieren: Laut einer kanadischen Studie senken Hülsenfrüchte den Blutzuckerlangzeitwert HbA1c, außerdem bessert sich der Blutdruck. Allerdings hatten die Teilnehmer für den Effekt drei Monate lang täglich mindestens eine Tasse mit Hülsenfrüchten essen müssen. Diese Menge dürften die meisten im Alltag kaum erreichen. In einer weiteren Untersuchung senkten Hülsenfrüchte den Anteil an schädlichem LDL-Cholesterin im Blut.
Wer zumindest hin und wieder Gerichte mit Hülsenfrüchten isst, nutzt deren überdurchschnittlich hohen Gehalt an B-Vitaminen. Sie unterstützen unter anderem den Kohlenhydratstoffwechsel und die Nervenfunktion. Bei den Mineralstoffen stechen Eisen, Kalium, Magnesium, Kalzium und Zink heraus.
Ungekocht sind Hülsenfrüchte ungenießbar
Roh enthalten Hülsenfrüchte einige für Menschen unverträgliche Stoffe, wie zum Beispiel das Lektin Phasin oder Protease-Inhibitoren. Verbraucher müssen unbehandelte Hülsenfrüchte – mit wenigen Ausnahmen – daher vor dem Verzehr in Wasser einweichen. Rund zwölf Stunden sollten die Hülsenfrüchte im Wasserbad verbringen. Lima- und Urdbohnen können größere Mengen an Blausäure enthalten. Hier deshalb das Einweichwasser wegschütten! Bei anderen Hülsenfrüchten ist das meist nicht nötig.
Anschließend die kleinen Kraftpakete kochen. Kichererbsen brauchen etwa zwei Stunden, bis sie gar sind, Erbsen und grüne Bohnen nur etwa eine Viertelstunde. Die lange Einweichzeit kann sich sparen, wer Hülsenfrüchte aus der Konserve oder dem Gerfrierfach verwendet. Der Nährstoffgehalt ist bei Produkten aus der Dose meist etwas geringer als bei frischer Ware. Bei tiefgefrorenen hält sich der Verlust dagegen in Grenzen.
Vorsicht bei Gicht
Aufpassen sollten beim Verzehr von Hülsenfrüchten Menschen, die erhöhte Harnsäurewerte haben oder unter Gicht leiden. Hülsenfrüchte enthalten nämlich Purine, die die Beschwerden verschlimmern können. Patienten besprechen am besten mit dem Arzt oder Ernährungsberater, in welchen Mengen Erbsen, Bohnen und ihre Verwandten für sie infrage kommen.
Gefürchtet sind die starken Blähungen, die nach einer Mahlzeit mit Hülsenfrüchten auftreten können. "Für diese sind vor allem unverdauliche Kohlenhydrate wie Stachyose verantwortlich", berichtet Knipper. Zersetzen Bakterien im Darm diese Stoffe, entstehen Gase, die das berühmte Tönchen nach den Böhnchen nach sich ziehen. Wer anfällig ist, sollte langsam mit kleinen Portionen von Hülsenfrüchten starten und außerdem immer das Einweichwasser wegschütten. Denn darin sind die Blähungen fördernden Kohlenhydrate zum Teil gelöst. Kräuter wie Pfefferminze, Rosmarin oder Bohnenkraut beugen Luft im Bauch vor.
Vielseitig in der Küche
"Hülsenfrüchte lassen sich nicht nur zu den traditionellen Eintöpfen verarbeiten", sagt Knipper. "Man kann sie keimen lassen und als knackige Salatbeigabe reichen." Außerdem sind sie gut zu pürieren und lassen sich dann zu Bratlingen oder Brotaufstrichen verarbeiten. Praktisch jede Küche dieser Welt kennt Gerichte mit Hülsenfrüchten: In Mexiko kommt kein Chili con carne ohne Kidneybohnen aus, im vorderen Orient werden Kichererbsen zu Hummus püriert, in Fernost veredeln Sojabohnen Currys. Eigentlich kein Wunder – bei der langen Vorgeschichte.