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Von wegen Frühlingsgefühle! Ab März beginnt für viele Allergikerinnen und Allergiker die schlimmste Zeit des Jahres. Etwa 15 Prozent aller Deutschen werden im Laufe ihres Lebens von Heuschnupfen geplagt. Draußen blühen die Birken, drinnen suchen die Pollen-Opfer mit tränenden Augen und laufender Nase Schutz. Doch auch in der Wohnung kann der Heuschnupfen durchaus ärgern, nämlich beim Essen: Der gerade verspeiste ­Apfel oder die Kirschen hinterlassen auf einmal ein un­angenehmes Kribbeln im Mund. Warum?

„Die Ursache kann eine Kreuzallergie sein“, erklärt Professorin Margitta Worm. Sie ist Leiterin der Allergologie und Immunologie an der Dermatologischen Klinik der Ber­liner Charité und hat die ärztliche Leitlinie zu Kreuzallergien mitverfasst: „Antikörper des Immunsystems reagieren dabei nicht nur auf die eigentlichen Allergie-Auslöser, sondern auch auf ähnliche Eiweiße in Lebensmitteln.“

Besonders kritisch sind Birkenpollen

Besonders oft stecken Birkenpollen hinter der Kreuzreaktion. Sie enthalten einen speziellen Eiweiß-Abschnitt, der zur Gruppe der sogenannten PR-10-Proteine zählt. ­Diese Substanzen sind im Pflanzenreich weitverbreitet. Sie finden sich zum Beispiel in Äpfeln, Erdbeeren, Kirschen, Nüssen und weiteren pflanzlichen Lebensmitteln. „Bis zu 70 Prozent der Menschen, die sehr stark auf Birkenpollen reagieren, ent­wickeln ­eine Kreuzallergie auf eines oder mehrere dieser Lebensmittel“, sagt Medizinerin Worm.

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Die Reihenfolge ist immer gleich: Zuerst prägt sich der Heuschnupfen aus, später zielt die Immunreaktion auch auf Nahrungsmittel. Dabei ist das Risiko für eine Kreuzallergie größer, je stärker das Immunsystem auf Pollen reagiert. In der ­Altersgruppe zwischen 20 und 50 Jahren finden sich die meisten Pollen- und auch die meisten Nahrungsmittel-Allergikerinnen und -Allergiker.

Kräuter als Allergienauslöser

Neben Bäumen wie der Birke sorgen manchmal auch Kräuter für Irritationen beim Essen. Oft ist der im Sommer blühende Beifuß schuld – seine Allergene gibt es in ähnlicher Form zum Beispiel bei Sellerie und Gewürzen. Naturlatex-Allergiker vertragen manchmal Bananen und Avocados nicht. Und Hausstaubmilben können Kreuzreaktionen auf Krabben oder Garnelen verursachen. Auslöser ist ein Eiweiß im Muskel, das bei Milben in ähnlicher Form vorkommt wie bei den Krustentieren.

So hilft Ihnen Ihre Apotheke vor Ort

Allergiegeplagte erhalten in der Apotheke rezeptfrei schnelle Hilfe. Sogenannte Antihistaminika dämpfen die Überreaktion des Immunsystems. Diese Arzneimittel gibt es als Tabletten, Tropfen oder Spray. Ideal bei Symptomen einer Kreuzallergie sind Lutschtabletten, die direkt im Mund wirken.

„Primäre“ Nahrungsmittelallergien, also solche, denen keine andere Allergie vorausgeht, können mitunter schwerwiegende Symptome hervorrufen. Anders ist das bei Kreuzreaktionen. Ihre Anzeichen sind in der Regel leicht und gehen rasch vorüber. „Im Mund juckt oder kribbelt es“, erklärt Margitta Worm, „vielleicht schwillt auch die Mundschleimhaut an oder es bilden sich Quaddeln auf der Haut.“ Lebensbedrohliche Beschwerden sind extrem selten. Denkbar sei so etwas zum Beispiel, wenn jemand mit starker Birkenpollenallergie große Mengen eiweißreicher Sojadrinks oder „High Protein“-Produkte konsumiere, so Worm. Bei Alarm-Symptomen wie Atemnot, Übelkeit oder Kreislaufschwäche gilt: sofort den Notruf 112 wählen!

Ernährungsberatung bei leichten Symptomen

Bei Verdacht auf eine Kreuzallergie bringt ein Gespräch mit Ärztin oder Arzt Klarheit, gefolgt von einem Allergietest auf der Haut und eventuell auch einer Antikörperbestimmung im Blut. Sind die „Schuldigen“ gefunden, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Patientinnen und Patienten mit leichten Symptomen empfiehlt Margitta Worm eine Ernährungsberatung. Viele Krankenkassen erstatten die Kosten zumindest anteilig. Oft gebe es verträgliche Alternativen zu kritischen Lebensmitteln. Manchmal werden zum Beispiel nur bestimmte Sorten nicht vertragen, andere aber schon. Oder es hilft Erhitzen, zum Beispiel bei Äpfeln und Nüssen. Die problematischen Eiweiße werden dabei zerstört.

Bei stärkeren Reaktionen helfen Medikamente, die Symptome zu lindern. Eine Option für Menschen mit starkem Heuschnupfen ist die sogenannte spezifische Immuntherapie, bei der das Immunsystem an die Allergene gewöhnt wird. Schlägt sie an, bessert sich meist mit der Pollen- auch die Nahrungsmittelallergie. Oft hilft auch einfach: abwarten. „Kreuzallergien können, so wie sie gekommen sind, auch wieder verschwinden“, weiß Expertin Worm. „Das ist eines der positiven Dinge, die das Älterwerden mit sich bringt.“

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Quellen:

  • Worm M, Jappe U, Kleine-Tebbe J et al.: Food allergies resulting from immunological cross-reactivity with inhalant allergens. In: Allergo Journal International : 01.01.2014, https://doi.org/...
  • Bergmann K, Hheinrich J, Niemann H: Aktueller Stand zur Verbreitung von Allergien in Deutschland. https://www.rki.de/... (Abgerufen am 27.02.2023)
  • Langen U, Schmitz R, Steppuhn H: Häufigkeit allergischer Erkrankungen in Deutschland. https://edoc.rki.de/... (Abgerufen am 27.02.2023)
  • Helmholtz Zentrum München: Nahrungsmittel als Allergene und Kreuzallergien. https://www.allergieinformationsdienst.de/... (Abgerufen am 27.02.2023)
  • Deutscher Allergie- und Asthmabund (DAAB): Kreuzallergie, Durch Heuschnupfen verursachte Nahrungsmittelallergie. https://www.daab.de/... (Abgerufen am 27.02.2023)