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Viele Apotheken in Deutschland entwickeln sich zu Gesundheitszentren. Mit der Pandemie hielten dort Leistungen wie Coronatests, digitale Impfausweise und Covid-19-Impfungen Einzug. Ab Herbst kann man sich in vielen Apotheken bundesweit auch gegen Grippe impfen lassen. Ein weiteres Angebot für viele Patientinnen und Patienten sind sogenannte pharmazeutische Dienstleistungen, die die Apotheken von den Krankenkassen vergütet bekommen. Apotheken können sie ab sofort anbieten. Darüber informierte die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände am 10. Juni 2022.

Eigentlich haben Versicherte bereits seit Jahresbeginn Anspruch auf die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. So zumindest hatte es der Gesetzgeber im Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz festgeschrieben. Doch der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) kamen zu keiner Einigung, was das Paket der Dienstleistungen und die jeweilige Vergütung der Apotheken betrifft. Im Juni 2022 traf deswegen die Schiedsstelle eine Entscheidung. Dagegen hat der GKV-Spitzenverband nun eine Klage eingereicht.

Aber wie sieht im Moment die Praxis aus? Was steckt hinter pharmazeutischen Dienstleistungen und wer profitiert davon?

  • Beratung bei Polymedikation: Patientinnen und Patienten, die dauerhaft fünf oder mehr verordnete Arzneimittel einnehmen, können eine Medikationsberatung erhalten. Gefährliche Wechselwirkungen lassen sich so leichter vermeiden.
  • Nach der Organtransplantation: Auch Menschen, die nach einer Organtransplantation neue Medikamente verordnet bekommen, um die körpereigene Abstoßungsreaktion zu hemmen (Immunsuppressiva), haben zukünftig Anspruch auf umfassende Betreuung in der Apotheke.
  • Medikationsberatung bei Krebs: Zudem erhalten Patientinnen und Patienten, die gegen eine Krebserkrankung neue Tabletten oder Kapseln erhalten (orale Antitumortherapie) durch qualifizierte Apothekerinnen und Apotheker eine spezielle Beratung und Betreuung.
  • Betreuung bei Bluthochdruck: Auch wer einen ärztlich diagnostizierten Bluthochdruck hat und Blutdrucksenker nimmt, bekommt eine darauf zugeschnittene Betreuung durch pharmazeutisches Personal.
  • Üben der Inhalationstechnik: Menschen mit Atemwegserkrankungen, die Medikamente zum Inhalieren erhalten, haben Anspruch auf zusätzliche Betreuung. Mitarbeitende der Apotheke zeigen ihnen, wie sie die Arzneimittel richtig anwenden und üben die Inhalationstechnik mit den Patientinnen und Patienten.

ABDA-Präsidentin: Meilenstein für die Patientenversorgung

„Mit den neuen Leistungen können wir Versorgungsdefizite beheben und die Effizienz der individuellen Arzneimitteltherapie verbessern“, sagt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. „Das ist ein Meilenstein für die Patientenversorgung.“ Die Blutdruckmessung und die Inhalativa-Schulung können Apotheken sofort anbieten. Die anderen drei pharmazeutischen Dienstleistungen sind anspruchsvoller und aufwendiger, was eine entsprechende Fortbildung erfordert.

„Alle pharmazeutischen Dienstleistungen werden qualitätsgesichert erbracht“, sagt Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer. „Die Bundesapothekerkammer hat für Apothekenteams passende Hilfestellungen erarbeitet. Für einige Dienstleistungen sind spezielle Fortbildungen nach Vorgaben der Bundesapothekerkammer zu absolvieren.“ Deswegen könne es sein, dass nicht alle Apotheken sofort alle Dienstleistungen anbieten können. Als Patient soll man am besten einfach bei seiner Apotheke nachfragen, welche angeboten werden, so Benkert.

Leistungen im Interesse der Patientinnen und Patienten

„Wir haben lange für die pharmazeutischen Dienstleistungen gekämpft und verhandelt“, sagt Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands. Jetzt gebe es ein gutes Leistungsportfolio, das die Apotheken auch im Interesse der Patienten umsetzen können, ohne dass es dazu einer ärztlichen Verordnung bedarf. „Wir nehmen mit großem Bedauern und Unverständnis zur Kenntnis, dass der GKV-Spitzenverband den unabhängigen Schiedsspruch zur Einführung pharmazeutischer Dienstleistungen nicht akzeptiert und sich weiterhin gegen eine Verbesserung der Patientenversorgung in den Apotheken vor Ort stellt.“

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