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Ein und aus: Denken wir nicht darüber nach, klappt das Atmen ganz automatisch. Auch wenn der Körper mehr Sauerstoff braucht - etwa weil wir uns beim Sport auspowern - passt sich die Atemfrequenz an.

«Das ist ein lebenswichtiger Vorgang, der zunächst einmal unbewusst abläuft», sagt Barbara Nützel, Dozentin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. So stellt der Körper sicher, nicht in eine Sauerstoffschuld zu rutschen. Denn den Sauerstoff brauchen unsere Zellen, damit sie Energie gewinnen können.

Wie der Körper die Sauerstoffversorgung regelt

Stichwort Energie: Können wir den Atem beeinflussen, um unsere Leistung beim Sport zu steigern? Erstmal etwas Theorie: «Gesteuert wird die Atmung durch das vegetative Nervensystem und den Hirnstamm», sagt Sylvain Laborde. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Leistungspsychologie der Deutschen Sporthochschule Köln.

Das Netzwerk des Hirnstamms kann dabei unsere Atmung den äußeren Umständen anpassen. Wenn wir entspannt sind oder schlafen, atmen wir automatisch eher tief und gleichmäßig.

«Unser Körper reguliert die Sauerstoffversorgung ganz fein», sagt Laborde. «Wir haben Sensoren, sogenannte Chemorezeptoren, die erkennen, ob wir genug Sauerstoff und nicht zu viel Kohlendioxid im Blut haben und dann die Aufnahme entsprechend anpassen.»

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Am besten tief in den Bauch atmen

Atmen ist aber nicht gleich Atmen. Wir können die Luft in unseren Brustkorb schicken - oder gefühlt ganz tief in unseren Bauch. Letzteres - die sogenannte Zwerchfellatmung - sei die Urform der Atmung, sagt Barbara Nützel. Das Zwerchfell ist ein großer Atemmuskel, der unterhalb der Lunge sitzt und sich bei der Bauchatmung anspannt.

Im Laufe des Lebens verlernen wir die Zwerchfellatmung allerdings. Stress etwa sorgt dafür, dass unsere Atmung flacher wird. Mit einem Nachteil: «Die Brustatmung ist Energieverschwendung, weil dafür viele Muskeln aktiviert werden, die wir eigentlich für das Atmen gar nicht brauchen», sagt Sylvain Laborde. Beim Sport heißt das: Wir haben weniger Energie zur Verfügung.

Bauchatmung trainieren

Gut also, wenn man als Sportler oder Sportlerin die Bauchatmung trainiert, sodass sie mehr und mehr zur Routine wird. Statt einer Atemfrequenz von 15 bis 20 Atemzügen pro Minute könne man die Atmung so auf 6 Atemzüge herunterfahren, sagt Laborde.

Auf dem Weg dahin kann es sich lohnen, eine Yogaklasse zu besuchen. Denn dort liege der Fokus darauf, die Zwerchfellatmung zu trainieren, sagt Nützel, die selbst Yogalehrerin ist.

Durch Nase oder Mund atmen?

Sportlerinnen und Sportler können sich verschiedene Atemtechniken zunutze machen. Auch hier gilt: Das ist Übungssache.

Etwa, wenn man sich die Nasenatmung angewöhnt. «Am besten atmet man bei jeder Sportart durch die Nase ein, weil die Luft so feuchter und wärmer wird», sagt Laborde. Das schütze die Atemwege vor Austrocknung und Abkühlung. Aber auch vor Schmutz, wie Nützel sagt: «Die Nase fungiert als körpereigener Filter für Partikel aus der Luft.»

Bei intensiver Belastung sei es aber üblich, durch den Mund zu atmen, um den Sauerstoffbedarf zu decken. «Bei hoher Intensität wird viel Sauerstoff gebraucht und manchmal hat man dann keine Wahl», sagt Laborde. «Wenn die aufgenommene Sauerstoffmenge durch die Nase zu gering ist, wird auch die Leistung schlechter.»

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Atemtechniken beim Joggen oder Kraftsport

Welche Atemtechnik ist denn nun die beste für die Laufrunde oder das Krafttraining im Studio? «Es geht immer darum, dass ich im Sport möglichst wenige Atemzüge benötige, egal was gemacht wird», sagt Nützel.

Beim Laufen etwa ist es gar nicht notwendig, dass wir unseren Atem künstlich an unsere Schritte anpassen. «Am besten lässt man den Atem frei laufen, denn unser Körper weiß genau, wie viel Luft er braucht», sagt Sylvain Laborde.

Beim Kraftsport könne man dagegen eine gezieltere Atemtechnik einsetzen. «Wenn man gegen Schwerkraft arbeitet, sollte man ausatmen und in der entspannten Phase wieder einatmen», rät Barbara Nützel.

Mehr Kraft durch Pressatmung?

Eine bekannte Methode beim Kraftsport ist außerdem die Pressatmung. «Sportler versuchen mehr Kraft zu mobilisieren, indem sie die Luft gegen geschlossenen Mund und Nase drücken», sagt Sylvain Laborde. Das mache allerdings kaum einen Unterschied in der Leistung.

Im Yoga kann man ein vergrößertes Atemvolumen besonders gut trainieren. «Wir lernen, tiefer zu atmen und mit ein bisschen Training kann man erreichen, dass für die gleiche Herausforderung weniger Atemzüge gebraucht werden», sagt Barbara Nützel.

Atemtraining hat positive Effekte

Wer die Atmung zum eigenen Vorteil nutzt, versorgt nicht nur den Körper optimal mit Sauerstoff, um Höchstleistungen zu erbringen. «Bewusstes Atmen hat auch einen förderlichen Effekt für das Immunsystem», sagt Nützel. Wenn man den Ausatem verlängert, wirke das außerdem blutdrucksenkend. Der Ruhepuls wird langsamer und die Herzfrequenz sinkt.

Auch psychologische Effekte wie die Reduktion von Stress können durch Atemtraining erreicht werden. Wer also mehr Achtsamkeit in seinen Alltag einbaut, immer wieder bewusst und langsam atmet, steigert neben der Leistungsfähigkeit auch die Lebensqualität.

Laborde rät dazu, das verlangsamte Atmen als Entspannungsübung in die tägliche Abendroutine einzubauen: «Langfristig ist eine langsame Atmung gesundheitsfördernd und empfehlenswert.»