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Was ist eine Klimasprechstunde?

Eine Klimasprechstunde oder auch klimasensible Gesundheitsberatung findet während einer normalen Sprechstunde beim Arzt oder der Ärztin statt. Der Unterschied ist, dass der Mediziner oder die Medizinerin bewusst über gesundheitliche Beschwerden aufklärt, die auch durch den Klimawandel entstanden sein können oder noch entstehen werden. Durch längere Hitzeperioden erhöht sich beispielsweise das Risiko für Herzinfarkte. Der Arzt oder die Ärztin gibt dann Tipps, wie man sich besonders gut vor der Hitze schützen kann. Dabei kommen keine zusätzlichen Kosten auf gesetzlich versicherte Patienten zu. Der Arzt kann die Beratung in seine sonstigen Leistungen einbetten. So hat er die Möglichkeit, sie bei der Krankenkasse mit abzurechnen.

Warum braucht es eine Klimasprechstunde?

Die Klimakrise belastet die Gesundheit von Menschen. Aber auch das Gesundheitswesen belastet das Klima. Fünf bis sieben Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland entstehen durch das Gesundheitswesen. Die klimasensible Gesundheitsberatung soll die Möglichkeit bieten, sowohl den Menschen als auch das Klima zu schützen, indem die Patientinnen und Patienten auch informiert werden, wie sie ihrerseits zu weniger Emissionen beitragen können. Durch das Bewusstsein sollen klimabedingte Erkrankungen weniger häufig zu Krankenhausaufenthalten führen.

Medizinerinnen und Mediziner genießen das Vertrauen der Gesellschaft und haben täglich Kontakt zu Personen, deren Gesundheit vom Klimawandel betroffen ist. Sie haben die Möglichkeit Patienten über Klimaveränderungen aufzuklären. Etwa bei Patienten mit Diabetes gehören mehr Bewegung und eine Ernährungsumstellung zum Therapieansatz. Im Rahmen der klimasensiblen Gesundheitsberatung könnte der Arzt hier eine sogenannte planetare Diät empfehlen. Die beinhaltet zum Beispiel den Verzicht auf Fleisch oder zumindest eine Reduzierung des Fleischkonsums. Außerdem soll man vor allem regionale Lebensmittel verwenden. Immerhin entstehen 14.5 Prozent aller Klimagase in Deutschland durch Viehhaltung. Weitere CO2-Emissionen entstehen durch den Import und Fleisch, Fisch und anderen Lebensmitteln.

Wie hängen Klima und Gesundheit zusammen?

Über 60 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner gehen davon aus, dass der Klimawandel ihre Arbeit mit Patientinnen und Patienten verändern wird. Denn die Klimakrise belastet die Gesundheit.

Hier einige Beipiele:

  • Hitzewellen und andauernde Hitze erhöhen das Risiko für Krankenhauseinweisungen und es gibt mehr Todesfälle.
  • Die Pollensaison hat sich durch das wärmere Klima verlängert. Hinzu kommen neue Allergene in der Luft, beispielsweise von der bei uns eigentlich nicht heimischen Pflanze Ambrosia. Sie kommt ursprünglich aus Amerika, ihre Blütezeit ist von Juli bis Oktober. Das kann Pollenallergikern zusätzlich zu schaffen machen.
  • Ein Umstieg vom Auto auf öffentlichen Nahverkehr oder das Fahrrad würde sowohl dem Klima als auch der individuellen Gesundheit guttun. Durch höhere Feinstaubbelastung - vor allem in den Städten - können Lungenerkrankungen entstehen oder sich verschlechtern.
  • Mittlerweile gibt es auch einige exotische Krankheiten, wie etwa Dengue-Fieber, das Zika-Virus, oder West-Nil-Fieber, die mittlerweile auch von Insekten in Europa und Deutschland übertragen werden.

Praxen auf Klimasprechstunden vorbereiten

Die Deutsche Allianz für Klimawandel und Gesundheit (KLUG) hat das Projekt „Transformative Arztpraxen“ ins Leben gerufen. Ein Schwerpunkt des Projekts ist die Schulung von Medizinerinnen und Medizinern für klimasensible Gesundheitsberatung in ambulanter Betreuung. Für ihre Praxen erhalten sie außerdem Informationsmaterial, das sie an ihre Patientinnen und Patienten weitergeben können.

Die Idee des Projekts ist es, Klimathemen in die reguläre ärztliche Behandlung und Beratung einzubinden. Außerdem versucht KLUG im Rahmen des Projekts Möglichkeiten für Patienten und Patientinnen zu schaffen, die es ihnen erleichtern den Lebensstil zu ändern. Dazu gehören beispielsweise sichere Rad- und Fußwege, die aktive Bewegung fördern. Außerdem der Stopp fossiler Verbrennungsprozesse, um Luftverschmutzung zu verringern.

Wird die Klimasprechstunde Alltag?

Ein langfristiges Ziel könnte schließlich sein, dass alle Allgemeinmediziner und -medizinerinnen, Kinderärzte und -ärztinnen und Gynäkologen und Gynäkologinnen in ihrer Praxis eine klimabewusste Beratung im Rahmen der regelmäßigen Gesundheitsuntersuchung anbieten. Eine Praxis könnte so innerhalb von drei Jahren etwa 1000 Patientinnen und Patienten erreichen. Darüber hinaus können Ärztinnen und Ärzte bei Patientinnen und Patienten, die ohnehin aus gesundheitlichen Gründen ihren Lebensstil verändern sollten, auch auf den Klimaschutz aufmerksam machen.

Gut zu wissen:

Eine Befragung ergab, dass sich über 75 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner kompetent genug fühlen um eine gesundheitsförderliche und klimafreundliche Gesundheitsberatung durchzuführen. Mehr als 80 Prozent sich auch bereit dazu.

Was spricht gegen die Klimasprechstunde?

Grund zur Sorge könnte sein, dass die reguläre ärztliche Sprechstunde sich durch die klimasensible Beratung verlängert. In einigen Praxen wird die Klimasprechstunde allerdings schon seit ein paar Jahren angeboten. Scheinbar stellt sie dort keinen Mehraufwand dar. Die klimasensiblen Themen können einfach in die übliche Beratung eingebettet werden.