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Warum wird zunehmend vor der Asiatischen Tigermücke gewarnt?

Lange Zeit kam die Asiatische Tigermücke in Deutschland nicht vor. Das liegt daran, dass die Tigermücke – lateinisch Aedes albopictus – eher warme Gefilde bevorzugt. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet liegt in Ostasien, ab Mitte der 1980er-Jahre wurde sie in Amerika beobachtet und ab den frühen 1990er-Jahren breitete sie sich auch in Südeuropa aus.

Im Jahr 2007 wurden in Deutschland das erste Mal Eier der Asiatischen Tigermücke gefunden, seitdem verbreitet sie sich auch hierzulande. „In den letzten Jahren hat die Verbreitung enorm zugenommen. Das liegt sowohl daran, dass es hierzulande immer wärmer wird, als auch am internationalen Reise- und Warenverkehr. So gelangen beispielsweise über den Fernverkehr über die Alpen Tigermücken nach Deutschland“, erklärt Privatdozent Dr. Helge Kampen, Laborleiter am Friedrich-Löffler-Institut auf der Insel Riems bei Greifswald und Leiter der Geschäftsstelle der Nationalen Expertenkommission „Stechmücken als Überträger von Krankheitserregern“.

Weil die Tigermücke Erreger wie das Chikungunya- und Dengue-Virus übertragen kann, wird zunehmend über mögliche Gefahren diskutiert, die von der hier zunehmend heimischen Tigermücke ausgehen können.

Wo lebt die Tigermücke in Deutschland?

Mittlerweile gibt es zahlreiche Landkreise, in denen bereits Populationen von Tigermücken etabliert sind, das heißt, sie überwintern dort auch. Die Karte zeigt die Gebiete, in denen Populationen von Tigermücken vorkommen. Sie bildet allerdings nur die großen Populationen ab. Vereinzelte Tigermücken können inzwischen theoretisch überall in Deutschland vorkommen. In Hamburg etwa gilt der Hafen als mögliches Einfallstor, weil es in Containerschiffen viele Räume gibt, wo die Mücken-Eier während einer Überfahrt ungestört reifen können.

Bewohner der rot dargestellten Gebiete müssen besonders vorsichtig sein.

Bewohner der rot dargestellten Gebiete müssen besonders vorsichtig sein.

Was unterscheidet die Tigermücke von heimischen Stechmücken?

Die Asiatische Tigermücke ist eine relativ kleine Stechmücke, die auffällig schwarz-silberweiß gestreift ist. Doch nicht nur am Aussehen, auch am Verhalten ist sie zu erkennen: Anders als die hier heimischen gemeinen Stechmücken, die meistens dämmerungs- und nachtaktiv sind, ist die Asiatische Tigermücke tagaktiv. Dabei verhält sie sich recht aggressiv, sie folgt etwa auch ins Auto.

„Das kann enorm lästig sein. Wir haben Berichte von Familien, die ihre Kinder tagsüber kaum in den Garten schicken konnten, weil sie sofort attackiert wurden“, sagt Prof. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Abteilung für Arbovirologie und Entomologie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.

Wie hoch ist das Risiko einer Infektion mit Krankheiten wie Dengue-Fieber?

Derzeit ist noch kein Fall bekannt, in dem eine Asiatische Tigermücke in Deutschland einen Krankheitserreger übertragen hätte. „Das Risiko, dass man in Deutschland von einer Tigermücke gestochen und mit dem Erreger einer Tropenkrankheit infiziert wird, ist noch vernachlässigbar“, sagt Kampen.

Warum ist das Risiko so gering? Zunächst einmal müsste die Asiatische Tigermücke in Deutschland einen Infizierten stechen, der den Erreger in sich trägt. „Das sind in der Regel Menschen, die sich bei Reisen in tropischen Regionen angesteckt haben. Und deren Zahl war bislang gering: Beim Dengue-Fieber, das wie Chikungunya meldepflichtig ist, waren es in den letzten Jahren durchschnittlich knapp 1000 Fälle im Jahr, bei Chikungunya waren es weniger als 100 Fälle“, sagt Kampen.

Von diesen – auf die Gesamtbevölkerung bezogen – wenigen Menschen müsste sich dann jemand in den etwa zwei Wochen nach der Infektion in einem Gebiet in Deutschland aufhalten, wo Tigermücken vorkommen. Er müsste von einer Mücke gestochen werden und das Virus weitergeben, die Tigermücke müsste lange genug überleben, dass sich das Virus in ihr vermehren kann und die Mücke infektiös ist. Und dann müsste diese noch einen anderen Menschen stechen, um das Virus zu übertragen.

Dass diese Kette an Ereignissen eintritt, ist noch enorm unwahrscheinlich. Allerdings weisen verschiedene Faktoren darauf hin, dass dies künftig wahrscheinlicher wird: „Die Tigermücken hierzulande breiten sich weiter aus – und auch die Zahl der infizierten Reiserückkehrer nimmt in jüngster Zeit stark zu. Beim Robert-Koch-Institut wurden in den ersten vier Monaten des Jahres bereits mehr als 700 Fälle von Dengue gemeldet – das sind drei Mal so viele wie im gleichen Zeitraum im Vorjahr“, sagt Schmidt-Chanasit.

Beide Experten betonen einerseits, dass das Risiko einer Übertragung einer Tropenkrankheit durch einen Stich der Tigermücke derzeit sehr gering sei. Zugleich gehen sie aber auch fest davon aus, dass dieses Risiko in Zukunft ansteigen wird.

Wie ist die Situation in anderen Teilen Europas und der Welt?

In anderen Teilen der Welt, wo die klimatischen Bedingungen für die Tigermücke und die tropischen Viren besser sind, wachsen die Fallzahlen des durch die Tigermücke verbreiteten Dengue-Fiebers derzeit rasant an, unter anderem auf dem amerikanischen Kontinent. So erwartet das Gesundheitsministerium in Brasilien für das Jahr 2024 mehr als 4,2 Millionen Dengue-Fälle. Und im Jahr 2023 vermeldete Bangladesh den Ausbruch einer Dengue-Epidemie mit mehr als 1000 Toten.

Aber eine Verbreitung von Tropenkrankheiten durch die Tigermücke war auch schon in der Nähe von Deutschland zu beobachten. In Italien kam es bereits 2007 in zwei Dörfern nahe Ravenna durch die Asiatische Tigermücke zu einer Chikungunyafieber-Epidemie mit mehr als 200 Erkrankten.

Wie bekämpft man die Tigermücke?

Die Tigermücke gilt als „Kulturfolger“ und legt ihre Eier in künstliche Kleingewässer, also in Regentonnen, wassergefüllte Schalen, Auffangbecken oder Gebrauchtreifen. Wer in einem Risikogebiet (siehe Karte) lebt und vermeiden will, dass Tigermücken im eigenen Garten heranwachsen, sollte solche künstlichen Wasserflächen beseitigen – zum eigenen Schutz und auch zum Schutz der Allgemeinheit. „Und für diejenigen Wasserflächen, die sich nicht vermeiden lassen, kann man in der Apotheke Tabletten mit einem bestimmten Bakterien-Toxin kaufen, das die Eier und Larven abtötet“, sagt Schmidt-Chanasit.

Schmidt-Chanasit empfiehlt außerdem Reisenden in Tropengebiete, in den ersten zwei Wochen nach ihrer Rückkehr aufmerksam zu sein und sich vor Mückenstichen zu schützen. Denn da Dengue nicht immer Beschwerden hervorruft, kann man auch ohne Symptomen infiziert sein – und nach einem Stich das Virus weitergeben.

Was sollte man beim Verdacht auf einen Tigermücken-Stich tun?

Wer fürchtet, dass er selbst oder beispielsweise ein Kind von Tigermücke gestochen wurde, muss nichts Besonderes beachten. „Wer hierzulande von einer Tigermücke gestochen wurde, kann das wie einen normalen Mückenstich behandeln“, sagt Kampen. Denn das Risiko, dass die Mücke einen tropischen Krankheitserreger übertrage, sei noch äußerst gering. Lediglich wenn sich im Laufe der nächsten Tage Fieber entwickle, sollte man eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.


Quellen:

  • Umweltbundesamt: Asiatische Tigermücke. Online: https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 07.06.2024)
  • Umweltbundesamt: Die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus Fachinformation. Online: https://www.umweltbundesamt.de/... (Abgerufen am 07.06.2024)
  • Robert Koch Institut: Epidemiologisches Bulletin, Anstieg der Denguefieber-Fälle in Deutschland in den ersten Monaten 2024. Online: https://www.rki.de/... (Abgerufen am 07.06.2024)
  • Stephanie Nolen: Brazil Has a Dengue Emergency, Portending a Health Crisis for the Americas. NY Times: https://www.nytimes.com/... (Abgerufen am 07.06.2024)
  • Nadim S., Nazmul S., Afsana K. et al.: The Epidemiologic and Clinical Characteristics of the 2023 Dengue Outbreak in Bangladesh. Online: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 07.06.2024)
  • European Centre for Disease Prevention and Control: Chikungunya fever in EU/EEA. Online: https://www.ecdc.europa.eu/... (Abgerufen am 07.06.2024)