Rückzug vom Pilotprojekt: E-Rezept erleidet Rückschlag

Beim E-Rezept bekommen gesetzlich Versicherte einen Code auf ihr Smartphone. Mit dem erhalten sie das gewünschte Medikament in der Apotheke.
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Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) hat sich vorerst aus der Einführung des elektronischen Rezepts zurückgezogen. Grund sei, dass eine mailbasierte Umsetzung nach dem Landesdatenschutzgesetz untersagt sei, teilte die KVSH am Montag mit. Damit sei der für Patienten praktikabelste Weg versperrt. Digitale Lösungen, die Praxen und Patienten gleichermaßen nutzen, seien momentan nicht umsetzbar.
Rückzugs-Argument: Haftungsrisiko für Praxen
Der Nutzen des E–Rezepts liegt nach KVSH–Angaben für Arztpraxen in der bürokratiearmen Erstellung und für Patienten in der Einsparung von Wegen. „Beides kann momentan nicht erreicht werden“, bewertete die Vorstandsvorsitzende der KVSH, Monika Schliffke, die Lage. Der Landesdatenschutz habe mitgeteilt, dass vom Praxisverwaltungssystem erzeugte datenlose Transfer–QR–Codes als Gesundheitsdaten einzustufen seien. Es bestehe anders als beim Papierrezept bei Missbrauch ein Haftungsrisiko für die Praxen.
Westfalen bleibt dabei – und stellt Forderungen
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) will hingegen vorerst an Bord bleiben. „Wir respektieren natürlich die Entscheidung unserer Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein“, sagte Thomas Müller, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe am Dienstag. Man sei weiterhin davon überzeugt, dass es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens besser ist, auf dem Fahrersitz zu sitzen und den Kurs mitzubestimmen.
„Für ein digitales Angebot wie das E-Rezept kann es nur eine digitale Lösung zur Übertragung geben. Den Weg dafür haben wir mit dem Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte bereits aufgezeigt“, betonte Müller. „Wir erwarten von der gematik, dem Bundesgesundheitsministerium und den Apothekenverwaltungssystem-Herstellern, dass das E-Rezept spätestens in drei Monaten mit der eGK übertragen und eingelöst werden kann.“ Das sei die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einführung des E-Rezepts und nicht verhandelbar.
Zum Start der Rollout-Phase am 1. September nehmen in Westfalen-Lippe rund 250 Praxen teil. Im Anschluss daran soll ihre Anzahl sukzessive gesteigert werden, um die Funktionsfähigkeit des E-Rezepts in der Arbeitsrealität der Ärztinnen und Ärzte erproben zu können.
Verbindliche Nutzung möglicherweise ab Dezember
Beim E-Rezept bekommen gesetzlich Versicherte kein rosa Zettelchen mehr, sondern einen Code auf ihr Smartphone, mit dem sie das gewünschte Medikament von der Apotheke erhalten. Wer die dafür nötige App nicht hat oder kein Smartphone benutzt, bekommt den Code ausgedruckt auf einem Zettel.
Eigentlich sollte das E-Rezept kommende Woche in Westfalen–Lippe und Schleswig–Holstein starten. Das sieht ein Stufenmodell der halbstaatlichen Firma Gematik vor. An dem dreimonatigen Pilotverfahren in den beiden Regionen müssen die Ärzte und Klinken zwar nicht teilnehmen. Sollten die Gematik–Gesellschafter die regionale Einführung aber als Erfolg werten, würde die Nutzung von E–Rezepten ab Dezember verbindlich vorgeschrieben. Ursprünglich sollte das E–Rezept schon im Januar 2022 bundesweit zur Pflicht werden.