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Schauspielerin Monika Baumgartner spielt seit 2008 die Rolle der Lisbeth Gruber in der ZDF-Serie „Der Bergdoktor“. Im Interview spricht sie über ihre Rolle, den Umgang mit Trauer und warum für sie auch das Alter keine Weisheit bietet.

Frau Baumgartner, Sie spielen seit vielen Jahren die Mutter des „Bergdoktors“. Was ist sein Schlüssel zum Erfolg?

Monika Baumgartner: Dass er so gut zuhört und versucht, für alles eine Erklärung und eine Lösung zu finden, ist sicher ein Grund. Die Menschen mögen es, wenn man nicht einfach sagt: „Ach, das passt schon“, sondern versucht, weiterzukommen.

Die von Ihnen gespielte Lisbeth wird nicht müde in ihren Versuchen, die Familie zusammenzuhalten in all den Irrungen und Wirrungen …

Baumgartner: Und es wird nicht leichter für sie: Die Familie wächst und wächst, der Kreis der Personen, die bedient werden müssen, wird immer größer.

Sie haben mal gesagt, dass Ihnen früher Partner oder Liebhaber ins Drehbuch geschrieben wurden und dass sich das verändert habe.

Baumgartner: Na klar, ich werde heuer 73 Jahre!

Aber auch mit 73 kann man sich neu verlieben.

Baumgartner: Das stimmt, mich sprechen auch immer wieder Zuschauer darauf an. Aber das liegt nicht in meiner Macht, das braucht ja auch die entsprechenden Geschichten und muss alles passen.

Bis vor einem Jahr haben Sie zusätzlich zu Ihrem Hauptberuf ein Raumausstattungsgeschäft mit Ihrer Schwester betrieben.

Baumgartner: Das war nicht einfach für uns, nach 25 Jahren so ein Geschäft aufzulösen. Das war brutal viel Arbeit. Aber meine Schwester möchte ihr Leben noch einmal ganz neu gestalten, das kann ich sehr gut verstehen.

Monika Baumgartner (links) spielte 1990 im oscarnominierten Film „Das schreckliche Mädchen“.

Monika Baumgartner (links) spielte 1990 im oscarnominierten Film „Das schreckliche Mädchen“.

Parallel kümmerten Sie sich lange Zeit noch um Ihre pflegebedürftige Mutter. Wie haben Sie das alles unter einen Hut bekommen?

Baumgartner: Das frage ich mich auch. Zwischenzeitlich war ich sehr erschöpft. Es war wirklich nicht einfach. Sie starb Ende 2021 kurz vor ihrem 94. Geburtstag. Ich habe noch immer vier ihrer Umzugskartons nicht ausgeräumt. Wenn ich es versuche, kommen mir sofort wieder die Tränen.

Wie gehen Sie mit der Trauer um?

Baumgartner: Meine Mutter ist zwar körperlich nicht mehr da, aber ich rede trotzdem jeden Tag mit ihr. Ich habe ein großes Foto von ihr am Fenster stehen und sage jeden Morgen: „Servus, Mama!“ Auch wenn Menschen sterben, bleiben sie in unseren Köpfen und Herzen.

Haben diese Erfahrungen Ihre Einstellung zum Alter verändert?

Baumgartner: Ja, schon. Weil man ja immer vor Augen hatte, dass das möglicherweise auch auf einen selbst zukommt. Ich freue mich, dass ich weiter meine Aufgaben habe und als Schauspielerin gefragt bin. Aber die Einschläge kommen näher und ich muss damit umgehen. Hier und da zwickt es, man wird langsamer und merkt erst, wenn etwas nicht mehr geht, dass das Alter zuschlägt. Früher bin ich ohne nachzudenken auf die höchsten Leitern geklettert, heute lasse ich das andere machen.

Spüren Sie wenigstens die berühmte Altersgelassenheit?

Baumgartner: Nein. Ich stelle fest: Für mich kommt auch im Alter keine Weisheit. Ich würde mir wünschen, dass ich es lockerer angehen könnte, aber ich rege mich immer noch genauso auf wie vor 20 Jahren.

Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich raten?

Baumgartner: Dem könnte ich nichts raten. Du triffst deine Entscheidungen immer im Jetzt. Natürlich bist du hinterher gescheiter. Wenn sich etwas im Nachhinein als falsch erweist, dann ist das so. Ich habe immer versucht, der Situation gerecht zu werden und da heraus meine Entscheidung zu treffen. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Vom 18. bis zum 33. Lebensjahr litten Sie ständig unter Schmerzen. Erst das Aufkommen der Computertomographie zeigte den Grund: einen gutartigen Tumor, der einen Nerv im Bein beeinflusste. Bleibt da eine gewisse Bitterkeit, weil Sie so lange leiden mussten?

Baumgartner: Ja, aber das nützt ja nichts! Ich spielte teilweise drei verschiedene Hauptrollen am Tag, von der Kinder- bis zur Spätvorstellung, stand unter schwersten Schmerztabletten. Ich weiß bis heute nicht, wie ich das geschafft habe. Nur ein einziges Mal musste ich eine Vorstellung absagen, da hatte ich die Tabletten zu spät genommen und konnte überhaupt nicht mehr laufen.

Sie waren unglaublich leidensfähig!

Baumgartner: Weil ich immer das Gefühl hatte: Irgendwann findet man was. Ich las Literatur über das Nervensystem, sagte immer allen Ärzten: Genau dieser Nerv ist mein Schmerzverlauf. Aber sie fanden nichts und verwiesen mich an den Psychiater. Erst recht, als sie hörten, dass ich Schauspielerin bin.

Vor ein paar Jahren fürchteten Sie eine neue Odyssee …

Baumgartner: Ich konnte nicht mal mehr meine Arme heben, um meine Zahnbürste zu halten. Neun Monate war ich ergebnislos von Arzt zu Arzt gelaufen. Dann endlich die Diagnose: eine Polymyalgie, eine rheumatische Erkrankung. Die verschwand dank Kortison.

Sie haben schon mal beklagt, dass die Deutschen so viel und gerne jammern.

Baumgartner: Ja! Egal, um was es geht, sofort sind ganz viele Menschen dagegen. Man hat das Gefühl, die Deutschen haben viele tolle Sachen erfunden, aber gleichzeitig stehen sie sich so im Weg. Auch weil die Bürokratie so viel verkompliziert, dass kein Mensch durchblickt.

Was ist Ihre Strategie, um am alltäglichen Wahnsinn nicht zu verzweifeln?

Baumgartner: Das ist beim Blick auf die Weltlage nicht einfach. Manchmal kann ich gar nicht schlafen, weil mich das alles so beschäftigt. Viele Freunde schauen sich gar keine Nachrichten mehr an, aber das kann ich nicht. Ich will wissen, was der Stand ist. Ich habe keine Strategie, ich muss mit den Dingen umgehen, die jeden Tag neu aufploppen. Das müssen wir alle, was anderes bleibt uns gar nicht übrig. Jeder weiß immer alles besser, aber niemand weiß, wie man da rauskommt.

Die Welt braucht ganz offensichtlich mehr „Bergdoktor“. Läuft die Serie eigentlich auch in anderen Ländern?

Baumgartner: Klar! Am Drehort fahren neuerdings Reisebusse mit Fans aus Kroatien vor. In Spanien laufen wir als „Doctor en los Alpes“. Als die Spanier während Corona die Häuser nicht verlassen durften, war ihnen die Serie eine willkommene Ablenkung. Noch heute läuft jedes Wochenende eine Doppelfolge. Die Synchronfassung finde ich gelungen, auch wenn meine spanische Stimme deutlich tiefer ist.