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Herr Berndt, in Ihren Videos auf Social Media sind Sie immer gut gelaunt. Ist das nicht anstrengend?

Natürlich bin ich auch mal gestresst oder genervt. In der Negativspirale verliere ich mich aber nicht, indem ich mir sage: In den nächsten vier Stunden gebe ich der schlechten Laune Raum und Zeit, dann mache ich einen Haken dran. Und auch wenn ich als Doc Felix gute Laune versprühen will, habe ich privat eine sehr introvertierte Seite.

Interessant. Aber wieso zieht es Sie dann ausgerechnet ins Netz?

Ich habe gesehen, welchen Einfluss 16- oder 17-Jährige auf Hunderttausende Follower haben, wenn sie sagen: „Sport ist cool. Hab ich eben gemacht. Probier es doch mal aus.“ Und dann lese ich die Kommentare dazu: „Hey, du hast mein Leben verändert!“ Da dachte ich mir: Das kann ich doch für meine Medizin nutzen! Schließlich habe ich dieses Fach sechs Jahre studiert und oft erlebt, dass es schwer ist, bereits erkrankte Menschen zu einem Lebenswandel zu motivieren. Mit den Tools, die ich als Influencer habe, gelingt es mir viel besser, da ich mehr Leute erreiche und präventiv wirken kann.

Was ist denn „Ihre“ Medizin?

Ich möchte allen zeigen, wie geil es ist, gesund zu sein. Unser Werkzeugkoffer als Ärzte beinhaltet mehr als Pillen, Spritzen oder Operationen. Mit meiner Arbeit möchte ich Patienten und Kollegen inspirieren, sich aus diesem vollen Koffer zu bedienen.

Haben Sie sich das Medizinerdasein als Student einfacher vorgestellt?

Ich habe mich schon immer mehr für den gesunden Körper interessiert als für den kranken. Dadurch ist mir das Studium auch deutlich schwerer gefallen als meinen Kommilitonen. Und ich bin der Meinung, dass unser Gesundheitssystem auf falschen Füßen steht: Warum sollte man erst zum Arzt gehen, wenn man krank ist? Nehmen wir etwa Typ-2-Diabetes. Der zeichnet sich ja schon mit Prädiabetes ab und hat oft große Korrelation mit dem eigenen Lifestyle. Ich finde es so frustrierend, dass man nicht viel früher gegensteuert und die Menschen diesbezüglich aufklärt.

Was kann ein Arzt da tun? Oder ist hier die Politik gefragt?

Ich würde vor allem das Medizinstudium so reformieren, dass es mehr um die Psychologie des Menschen geht und welche Faktoren zu Gesundheit oder Krankheit führen. Auch das Bildungssystem sollte überdacht werden. Schon in Kitas und Grundschulen sollte es Impulse für psychische und körperliche Gesundheit geben. Genau das versuche ich mit meinen Videos.

Wie lange dauert es, bis so ein Video fertig fürs Netz ist?

Das lässt sich schwer sagen, weil es ein komplexer Vorgang ist und ein ganzes Team hinter mir steht. Die Videos müssen ja medizinisch korrekt sein, sie müssen geskriptet, also aufgeschrieben, und danach noch mal kontrolliert werden. Bevor man überhaupt zum eigentlichen Dreh im Studio kommt, ist es schon jede Menge Arbeit. Im Anschluss muss der Clip noch geschnitten werden. Die Videos sind zudem nur ein Bruchteil dessen, was ich mache.

Unser Werkzeugkoffer als Ärzte beinhaltet mehr als Pillen, Spritzen oder Operationen. Mit meiner Arbeit möchte ich Patienten und Kollegen inspirieren, sich aus diesem vollen Koffer zu bedienen.

Was machen Sie denn noch alles?

Ich bin als Medfluencer natürlich immer auf den Plattformen präsent, weil ich selbst ja das Produkt bin. Außerdem stehe ich im intensiven Kontakt mit Kunden, gebe Workshops, halte Vorträge und reise deshalb auch viel und muss nebenbei noch mein Team führen. Also ein Nine-to-five-Job ist das nicht. Aber mir macht es total Spaß, wenn ich merke, dass ich Menschen mitreißen und etwas in ihnen verändern kann.

Und wie gehen Sie mit blöden Kommentaren um?

Auch nach fünf Jahren Social Media reagiere ich immer noch emotional auf Hate, also Hass. Ich glaube, das ist ganz menschlich.

Sie haben auch ein Buch geschrieben. Darin haben Sie viele Tipps zum Gesund- und Glücklichsein parat. Ein wenig hat man das Gefühl, es steht ein Muss dahinter – was meist die größte Hürde darstellt. Wie kommt man davon weg?

Indem man es geil findet, gesund zu sein. Gesundheit war viel zu lang negativ assoziiert, mit Verboten oder Geboten. Also sage ich nicht: Du musst dich bewegen. Sondern ich sage: Du verzichtest auf etwas, wenn du es nicht tust. Ich möchte, dass die Menschen aus dem „Ich muss“ ein „Ich will“ machen. Wie man dahin kommt – das möchte ich den Leuten zeigen.

Welche Strategien gibt es denn?

Eine Strategie ist Konditionierung. Das kennt man von den Leckerlis, die der Hund bekommt, wenn er auf einen Befehl hört. Auf Sport umgemünzt könnte man sagen: Belohne dich jedes Mal, wenn du es geschafft hast zu trainieren. Also nicht mit ungesundem Essen, das ist klar. Man kann sich ja auch mit einer Massage belohnen. Eine weitere Strategie können Motivationsvideos sein. Wenn du jemanden hast, der dich inspiriert, dann push dich damit. Und auch Nudging funktioniert gut.

Was ist Nudging?

So eine Art Anstupser. Stell dir vor, du liegst auf der Couch, und dann sagt jemand: Auf geht’s, Sportsachen anziehen! Wir fahren zum Sport. Da hast du direkt keinen Bock mehr, weil es gerade so bequem ist. Also können wir uns zeitlich oder örtlich „nudgen“, indem wir den Sport direkt vor oder nach die Arbeit legen und gar nicht in Versuchung kommen, es uns auf der Couch gemütlich zu machen.

Haben Sie denn immer Lust auf Sport?

Natürlich gibt es auch Tage, an denen ich weniger motiviert bin. Als Jugendlicher habe ich Sport gehasst! Der war mit Zwang, Anstrengung und Misserfolg verbunden. In meinem Buch verrate ich aber, wie ich es geschafft habe, Sport in mein größtes Hobby zu verwandeln. Ein simpler Trick ist, nur die Sportart zu machen, die Spaß macht. Wenn du nicht joggen willst, dann tu es nicht! Vielleicht liegt dir Kraftsport mehr oder Volleyball oder Schwimmen? Es gibt so viele Arten, sich zu bewegen!

In einem Kapitel schreiben Sie darüber, dass auch Sex wichtig ist, um gesund zu bleiben.

Mit Sex kann man Stress abbauen. Auch der Schlaf verbessert sich. Wenn man Sin­gle ist, lohnt es sich auch, sich selbst zu befriedigen. Auch dabei wird das Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet. Das hat Einfluss auf die Zellen des Immunsystems und kann es so stärken. Also: Lasst es krachen!


Quellen:

  • Buch