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Manche Straftäterinnen und Straftäter kommen auf richterliche Anordnung in eine Klinik, statt ins Gefängnis. Menschen, die zum Beispiel abhängig von Alkohol sind, soll das die Chance eröffnen, von ihrer Sucht loszukommen. Personen mit schweren psychischen Krank-
heiten sollen davor bewahrt werden, sich selbst oder andere zu gefährden. Der sogenannte Maßregelvollzug soll den Weg zurück zu einem besseren Leben ebnen – außerhalb von Gefängnismauern.

Zu wenig Plätze für zu viele Patienten

Doch es liegt hier vieles im Argen. Das zeigten etwa Recherchen des Medienportals Buzzfeed im Jahr 2020: Schon damals waren die Kliniken in den meisten Bundesländern überfüllt. Über 13.000 Frauen und Männer waren in deutschen Einrichtungen untergebracht – bei Kapazitäten für nur circa 11.000 Personen. Gleichzeitig mangelt es an Ärztinnen und Ärzten, Pflege- und Therapiepersonal. Die Arbeit im Maßregelvollzug ist für Fachkräfte nicht wirklich attraktiv. Vielen Einrichtungen fällt es schwer, ihre Stellen zu besetzen. Und es gibt zu wenig Plätze für die vielen Patientinnen und Patienten.

Keine angemessene Behandlung

Nichts deutet darauf hin, dass sich die Situation bis heute entspannt hat. In der Bundeshauptstadt zum Beispiel ist sie zu Jahresbeginn sogar eskaliert. „Die Zustände im Krankenhaus des Maßregelvollzugs sind erschreckend und nicht länger hinnehmbar“, empörte sich im Januar Dr. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. „Die Unterbringung der Patientinnen und Patienten ist zum Teil menschenunwürdig, die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden sind untragbar.“

Das sind generell keine guten Voraussetzungen für Therapieerfolge. Besonders verheerend sind sie für Straffällige mit Süchten oder psychischen Erkrankungen. Diese erhalten keine angemessenen Behandlungen, bleiben zu lange in ihren Zimmern eingesperrt. Das provoziert aggressives Verhalten und gefährliche Situationen. Ärztinnen und Ärzte reagieren mit Zwangsmaßnahmen, etwa dem Ruhigstellen durch Medikamente.

Besserung durch Gesetzesreform?

Langfristig könnte eine aktuelle Gesetzesreform eine gewisse Entspannung bringen. Ein Paragraf im Strafgesetzbuch soll umformuliert werden. Der Deutsche Bundestag will das noch vor der Sommerpause
beschließen. Allein der Hang zum Alkoholmissbrauch wird künftig nicht mehr genügen, um in den Maßregelvollzug zu kommen. Künftig ist die ärztlich diagnostizierte Abhängigkeit dafür Voraussetzung – und der erkennbare Wille der oder des Betroffenen, von der Sucht loszukommen.

Ich frage mich, warum es so lange dauert, bis so etwas im Gesetz steht. Kurzfristig ließe sich das Problem im Maßregelvollzug durch eine bessere Bezahlung der Fachkräfte entschärfen und durch mehr Stellen. Doch ob die Länder das dafür nötige Geld aufbringen können und wollen? Bei all dem Reformbedarf im deutschen Krankenhauswesen glaube ich nicht wirklich daran.

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Quellen: