Pflege und Inkontinenz
Erst mal zum Arzt
Wenn das Gedächtnis Schaden nimmt, leidet auch die Blase. Fast 80 Prozent der Menschen mit Demenz entwickeln eine Harninkontinenz. Denn bei ihnen wird häufig die Hirnregion in Mitleidenschaft gezogen, die auch die Blasenkontrolle steuert. Doch nicht immer steckt hinter der Inkontinenz eine Demenz: Auch Harnwegsinfekte oder Erkrankungen der Prostata verursachen manchmal eine Blasenschwäche. Der Arzt, am besten ein Urologe, kann solche Krankheiten ausschließen und die eigentliche Ursache gezielter behandeln.
Medikamenten-Check
Arzneimittel gegen Demenz schwächen häufig die Blase. Umgekehrt verstärken Mittel, die die Blasenschwäche lindern, unter Umständen die Demenz. Sprechen Sie als Angehöriger mit dem Arzt oder Apotheker über unerwünschte Begleiterscheinungen von Medikamenten. Vielleicht kommen andere Präparate infrage, die diese Nebenwirkungen nicht zeigen.
Vorlagen geben Sicherheit
Selbst wenn Ihr Angehöriger nicht unter einer ausgeprägten Demenz leidet und nach wie vor selbstständig oder mit Ihnen zusammen zur Toilette geht: Er kann den Urin nicht mehr hundertprozentig halten, ein paar Tropfen gehen meist daneben. Nutzen Sie saugstarke Inkontinenz-Vorlagen oder -slips. Behelfen Sie sich nicht mit Damenbinden! Kondomurinale sind für Männer eine gute Alternative bei starkem Harnverlust. Das Schlauchsystem, an dem ein Urinbeutel angebracht ist, wird täglich gewechselt.
Inkontinenz-Hilfen
Produkte gibt es in verschiedenen Ausführungen, Größen und Passformen.
Barrierefrei zur Toilette
Wenn ein demenzkranker Mensch seinen Harndrang äußert, ist es fast schon zu spät. Der Drang ist für ihn schwer kontrollierbar, der Urinverlust meist unausweichlich. Je kürzer der Weg zur Toilette, desto besser. Schaffen Sie einen Toilettenstuhl an oder verlegen Sie, wenn möglich, den Hauptaufenthaltsraum des Erkrankten in die Nähe der Toilette. Achten Sie auf eine gute Beleuchtung. Räumen Sie alle Hindernisse aus dem Weg, und entfernen Sie rutschende Läufer. Reißverschlüsse und Knöpfe an der Kleidung verzögern den Toilettengang unnötig. Praktischer: Klettverschlüsse oder Gummizüge.
Orientierung schaffen
Demenzkranke Menschen fürchten sich manchmal vor dem Weiß der Toilette, andere haben den Weg dorthin vergessen. Wählen Sie für die Klobrille eine Signalfarbe, um einen Farbimpuls zu geben. Erhöhen Sie den Toilettensitz, um das Sitzen zu erleichtern. Lassen Sie immer den Deckel offen stehen. Bringen Sie in der Nähe der Toilettentür ein Schild an. Vielleicht erinnert sich Ihr Angehöriger an Wörter wie "Klosett" oder "Abort" – Begriffe von früher helfen bei der Orientierung.
Körpersignale lesen
Viele Demenzpatienten haben Mühe, sich zu artikulieren. Lernen Sie, Gestik und Mimik des Erkrankten zu lesen! Unruhe, ständiges Rufen, wiederholtes Aufstehen oder Umherlaufen können ein Zeichen sein, dass er auf die Toilette muss.
Toilettengang trainieren
Suchen Sie mit dem Pflegebedürftigen nach einem festen Zeitplan – etwa alle zwei bis drei Stunden – die Toilette auf. Diese regelmäßigen und vorsorglichen Gänge, die Sie in den Tagesablauf einbauen, funktionieren wie ein Ritual. Den Demenzkranken unterstützt es, seine Körperfunktionen zum Teil wieder beherrschen zu lernen. Ist der Patient noch aktiv und selbstständig, kann ihn auch ein Wecker an den Toilettengang erinnern.
Ausreichend trinken
Viele trinken einfach weniger, um einen Harndrang zu vermeiden. Doch auch bei einer Blasenschwäche ist es wichtig, bis zu zwei Liter täglich aufzunehmen. Wer allerdings nach Kaffee oder schwarzem Tee mehr als sonst auf die Toilette muss, kann zumindest am Abend auf diese Getränke verzichten.
Fachliche Beratung: Michael Thomsen, Fachkrankenpfleger für geriatrische Rehabilitation, Bissendorf; Prof. Daniela Schultz-Lampel, Urologin, Kontinenzzentrum Südwest, Villingen-Schwenningen
Müllsäcke und Inkontinenz
Wenn jemand in der Familie an Inkontinenz leidet, fällt meist mehr Müll an als in anderen Haushalten. Pflegebedürftige Menschen können in einigen Kommunen größere Restmüllsäcke oder -tonnen bekommen – manchmal gratis, manchmal für einen ermäßigten Betrag. Meist muss man ein ärztliches Attest vorlegen. Fragen Sie in Ihrer Gemeinde nach!