Was bringen Haltungstrainer?

„Sitz gerade!“ So ermahnten schon Generationen von Eltern ihre am Esstisch zusammengesunkenen Kinder. Oft ohne nachhaltigen Erfolg – wie viele von uns sich selbst eingestehen müssen, wenn nach langer Arbeit vor dem Computerbildschirm die Schultern nach vorne fallen oder sich nach endlosem Scrollen auf dem Smartphone der Nacken verspannt.

Unsere krummen Rücken und herunterhängenden Schultern sollen nun Haltungstrainer richten. Diese auch Haltungskorrektoren oder Geradehalter genannten Schultergeschirre gibt es in verschiedenen Ausführungen und Preisklassen, man findet sie im Sportgeschäft, im Onlinehandel und mittlerweile auch beim Discounter. Durch sanften Zug sollen sie Trägerin und Träger daran erinnern, den Rücken wieder in eine aufrechte Posi­tion zu bringen. Einige Hersteller werben gar mit einer „garantierten Schmerzlinderung“ durch ihre Geräte.

Keine ausreichende Datenlage

Als kleine Gedächtnisstütze könnte der ein oder andere von so einem Geradehalter profitieren. „Hilfsmittel wie Haltungstrainer oder auch Sitzkeile für den Bürostuhl können dabei unterstützen, ein Gefühl für die richtige Körperhaltung zu gewinnen“, sagt Ute Merz, Sprecherin des Deutschen Verbands für Physiotherapie. Das sei etwa für Menschen hilfreich, die gerade damit beginnen, dieses Thema anzugehen. Auch Professor Bernd Kladny, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie an der m&i-Fachklinik Herzogenaurach, würde Patientinnen und Patienten nicht grundsätzlich von Haltungstrainern abraten: „Wenn jemand das Gefühl hat, dass ihm Haltungskorrektoren helfen, dann kann man das probieren.“

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Große wissenschaftliche Studien zum Nutzen von Haltungskorrektoren gibt es nicht. Ein Allheilmittel gegen Rücken-, Schulter- oder Nackenschmerzen sind die Geradehalter auf keinen Fall. „Man sollte nicht denken, dass man seine Schmerzen beseitigen kann, einfach indem man einen Gurt anlegt“, so Kladny, der auch Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie ist. Denn für einen schmerzfreien Rücken braucht es kräftige Muskeln, um die Wirbelsäule zu stützen.

Aktives Muskeltraining erforderlich

„Sie müssen eine ausreichend trainierte Rumpfmuskulatur haben, um aufrecht ­sitzen und stehen zu können. Und Sie sollten auch mal schmerzfrei krumm sitzen können“, erklärt Physiotherapeutin Merz. Wichtig sei daher ein aktives Training, um die Muskulatur zu stärken. „Der Haltungstrainer kann dabei zu Beginn unterstützen, sollte aber nicht dauerhaft erforderlich sein.“ Einige Fachleute zweifeln sogar am Einfluss der Körperhaltung auf Kreuzschmerzen – zumindest was lang anhaltende Beschwerden im unteren Rücken betrifft. In Übersichtsarbeiten konnte kein Zusammenhang zwischen chronischen Schmerzen und Körperhaltung gezeigt werden.

So sitzt der Haltungstrainer richtig

Wer dennoch einen Haltungstrainer ausprobieren möchte, der sollte darauf achten, dass die Gurte nicht zu eng sitzen und Schmerzen verursachen, betont Expertin Ute Merz. Der Geradehalter sollte außerdem nicht zu lange am Stück getragen werden. Einige Fachleute befürchten nämlich, dass die Geräte den Oberkörper zu sehr ­unterstützen könnten, der Nutzer oder die Nutzerin sich an diese Stützfunktion gewöhnt und so die Muskeln nicht aktiv ­trainiert.

Ein Haltungstrainer kann also allenfalls ­einer von mehreren Bausteinen sein, um Rücken- oder Nackenschmerzen vorzubeugen oder diese zu lindern. Und es spielt nicht nur die Körperhaltung eine Rolle, sondern auch die Dauer, die man in dieser verbringt. „Besser, man sitzt von vornherein nicht so lange, sondern baut immer wieder Bewegungspausen ein“, rät daher Chefarzt Kladny.

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