Kreuzbandriss – und nun? Über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten
Manchmal ist ein Knacken oder Knallen zu hören. Dann schwillt das Knie meist an und schmerzt, vor allem beim Bewegen. „Wer so etwas erlebt, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit einen vorderen Kreuzbandriss“, sagt Prof. Dr. Lars Großterlinden, Chefarzt des Zentrums für Orthopädie, Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie der Asklepios-Klinik Altona in Hamburg.
Wie kommt es zum Kreuzbandriss?
Wie ein X liegen das vordere und das hintere Kreuzband im Knie übereinander und stabilisieren das Gelenk: Sie bremsen zu starke Verdrehungen ab und verhindern, dass das Knie überstreckt. Reißt eines der Bänder, meist ist es das vordere, geht diese Stabilität zunächst verloren. Häufig geschieht dies bei abrupten Drehbewegungen oder Richtungswechseln, vor allem beim Ballsport oder Skifahren.
Therapie: Kreuzbandrisse - was nun?
Betroffene haben dann zwei Möglichkeiten: Das Knie wird operiert oder konservativ behandelt. Bei einer Operation wird das gerissene Band in der Regel ersetzt. Dazu wird eine körpereigene Sehne – meist aus der Innenseite des Oberschenkels – entnommen und in das Knie eingesetzt. Bei der konservativen Therapie hingegen versucht man, die fehlende Stabilität durch Muskelaufbau auszugleichen. Doch wann ist welches Verfahren besser geeignet?
Eine allgemeingültige Empfehlung gibt es nicht. „Für den einen kann eine Operation die ideale Lösung sein, für den anderen ist eine konservative Behandlung deutlich besser“, sagt der Orthopäde und Chirurg Prof. Dr. Philipp Lobenhoffer aus Hannover. Er rät, sich frühzeitig von einem Facharzt oder einer Fachärztin beraten zu lassen, eventuell eine Zweitmeinung einzuholen. „In manchen Skiorten gibt es Kliniken quasi neben der Piste, dort will man bei Unfällen oft direkt operieren“, sagt Lobenhoffer. Manche Verletzungen erforderten zwar ein schnelles Handeln, oft sei ein Eingriff aber auch erst nach einigen Wochen sinnvoll, wenn die Folgen der akuten Verletzung abgeklungen sind.
Welche Eingriffe werden bei einem Kreuzbandriss empfohlen?
Dennoch gibt es gewisse Faktoren, unter denen eine bestimmte Methode infrage kommt. So sind bei einem Kreuzbandriss nicht selten weitere Strukturen im Knie verletzt, etwa ein Seitenband oder Meniskus. „Dann lässt sich das Knie allein mit einer konservativen Behandlung häufig nicht stabilisieren“, sagt Experte Lars Großterlinden.
Auch wer – wie etwa im Profisport – das Kniegelenk weiter viel belastet und auf dessen Stabilität angewiesen ist, dem wird oft zu einem Eingriff geraten. Dieser erfolgt meist arthroskopisch: Der Operateur führt die Instrumente durch ein kleines Loch in das Gelenk ein. Auch wenn das Risiko gering ist, birgt jede Operation Gefahren, die man durch eine konservative Therapie vermeidet. „Ein Hobbysportler, der sein Knie mit physiotherapeutischen Übungen stabilisiert bekommt, braucht keine Operation“, sagt Großterlinden. Zeigt sich im Laufe der konservativen Behandlung, dass diese nicht ausreicht, um das Knie zu stabilisieren, kann man immer noch operieren.
Was passiert nach dem Eingriff?
Geduld beim Heilungsprozess ist bei beiden Methoden gefragt. „Nach einer schonenden Anfangsphase von einigen Wochen, in der es erst einmal darum geht, die Beweglichkeit wiederherzustellen, folgt eine mehrmonatige intensivere Muskelaufbauphase. Hier kommen Übungen wie Kniebeugen und Ausfallschritte zum Einsatz“, erklärt Physiotherapeut Axel Hagemann aus Köln, der beim Deutschen Verband für Physiotherapie die AG Sportphysiotherapie leitet. Nach einer Operation kann mit der intensiven Übungszeit meist erst später begonnen werden, weil das operierte Kreuzband einwachsen muss. Doch ob operiert oder nicht – der Reha-Prozess braucht Zeit.
Insgesamt zahlt sich die Geduld aus. „Die große Mehrheit meiner Patientinnen und Patienten ist nach den Monaten der Physio- und Trainingstherapie mit der Beweglichkeit und Stabilität sehr zufrieden“, sagt Hagemann. Studien bestätigen dies: Bei bis zu 90 Prozent der erfolgreich Behandelten funktioniert das Knie später wieder normal oder fast normal.
Welche Folgen hat ein Kreuzbandriss?
Doch führt die Knieverletzung später zu einem schnelleren Verschleiß des Gelenks? Nicht unbedingt. Zwar steigt das Arthroserisiko nach einem Kreuzbandriss verschiedenen Studien zufolge an, aber nur leicht, und der Anstieg ist unabhängig von der Behandlungsart. Dabei kann nicht nur Inaktivität eine Arthrose fördern. „Eine große Gefahr liegt vor allem in der dauerhaften Überlastung des Knies, auch nach einem Kreuzbandriss“, erklärt Lobenhoffer. Denn diese begünstige einen Meniskusschaden und damit die Entstehung einer Arthrose. Ob sich ein deutlich erhöhtes Arthroserisiko entwickelt, können Patientin oder Patient also mitbeeinflussen.