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Viele Patientinnen und Patienten haben sie schon einmal zu spüren bekommen: Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln. Obwohl ihre Anzahl steigt, ist es bislang nur relativ selten zu Versorgunglücken gekommen. Das liegt auch an den Apotheken. Denn die betreiben tagtäglich viel Aufwand, um ihre Kundinnen und Kunden dennoch adäquat zu versorgen.

Lieferengpass: Apotheke kann oft ausweichen

Ist das Medikament so, wie es auf dem Rezept verordnet wurde, nicht verfügbar, suchen Apothekerinnen und Apotheker nach passenden Alternativen. Das kann etwa eine andere Packungsgröße sein oder der gleiche Wirkstoff von einem anderen Hersteller. Nach Rücksprache mit dem Arzt kann die Apotheke in bestimmten Fällen auch auf ein Ersatzmedikament zurückgreifen, das einen gleichwertigen, aber anderen Wirkstoff enthält.

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Lieferengpass: Was tun?

Aktuell sind etliche Arzneien nicht oder nur schwer erhältlich – darunter einige häufig benötigte. Was können Patienten tun, wenn ihr Medikament betroffen ist? zum Artikel

Möglich macht das eine Regelung, die im April 2020 im Zuge der Corona-Pandemie erlassen wurde. Die sogenannte „SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung“ erlaubt es den Apotheken, Medikamente flexibler auszutauschen, um so die Versorgung sicherzustellen.

Kritik am neuen Gesetz: Versorgungschaos droht

Doch am 7. April läuft diese Verordnung aus. Zwar soll das sogenannte Lieferengpass-Gesetz eine Anschlussregelung bringen, doch die Novelle wird voraussichtlich erst im August in Kraft treten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) kritisiert den vor wenigen Wochen vorgelegten Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition zudem scharf.

Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) berücksichtige weder die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten noch die der Apotheken vor Ort, erklärte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. So sei der Minister dafür verantwortlich, „das womöglich größte Chaos in der bundesdeutschen Arzneimittelversorgung loszutreten“.

Liefer- und Versorgungsengpass: Was ist das?

Von einem Lieferengpass spricht man, wenn die Auslieferung eines Arzneimittels im üblichen Umfang voraussichtlich länger als zwei Wochen unterbrochen ist oder der Hersteller einer deutlich steigenden Nachfrage nicht nachkommen kann. Nicht immer führen Lieferschwierigkeiten auch zu einem Versorgungsengpass. Häufig stehen alternative Medikamente zur Verfügung, die der Patient oder die Patientin stattdessen bekommen kann.

Engpass-Liste laut Kritikern nicht zweckmäßig

Dem Gesetzentwurf zufolge sollen Apotheken ein Medikament künftig nur noch dann flexibel austauschen können, wenn der Engpass für den Wirkstoff auf einer Liste beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfARM) vermerkt ist. Doch viele Medikamente würden auf dieser Liste erst gar nicht aufgeführt, etwa Fiebersäfte für Kinder, kritisierte Professor Martin Schulz, der den ABDA-Geschäftsbereich Arzneimittel leitet. So ist die Liste auf rezeptpflichtige Präparate beschränkt. Zudem seien etwaige Vorräte bei den Apotheken und im Großhandel beim BfARM nicht erfasst. „Wenn es diese Liste geben wird, dann hat sie nichts mit der Versorgungsrealität zu tun“, betonte Schulz.

Overwiening kündigte politische Protestaktionen an, mit der die Apothekerschaft die Gesundheitspolitik wachrütteln möchte. Man werde „sehr laut werden“, damit niemand hinterher sagen könne, „das haben wir nicht gewusst.“ Im Kern drängen die Apotheker darauf, die derzeit noch gelockerten Vorgaben dauerhaft beizubehalten. „Flexible Austauschregeln für die Apotheken sind notwendig für eine verlässliche Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln“, so Overwiening.

Politik signalisiert Entgegenkommen

Ein Entgegenkommen hat die Politik inzwischen immerhin signalisiert: Am Montag wurde bekannt, dass die Ampel-Parteien nun kurzfristig eine Übergangregelung auf den Weg bringen wollen, mit der die gelockerten Abgaberegeln noch bis zum 31. Juli erhalten bleiben sollen. Gelingen soll das über einen Änderungsantrag zum sogenannten UPD-Gesetz, das der Bundestag bereits in diesem Donnerstag abschließend berät.

Den Krankenkassen seien durch die flexiblen Austauschregeln in der Apotheke zuletzt keine höheren Kosten entstanden, betonte Overwiening und verwies auf eine Studie des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts zu diesem Thema. Die Apotheken auf der anderen Seite bekämen bislang keine Vergütung für das Management der Lieferengpässe. Die ABDA will daher auch für eine angemessene Honorierung kämpfen.

Das Gesetz steckt derzeit noch in der Abstimmung innerhalb der Ampel-Koalition. Noch bleibt den Parteien also Zeit für eventuelle Änderungen. Auch für einen Besuch in der Apotheke von Gabriele Regina Overwiening wäre noch Zeit. Dazu hatte die Apothekerin den Bundesgesundheitsminister nämlich persönlich eingeladen. „Dort können Sie hautnah erleben“, sagte sie an den Minister gerichtet, „was Apotheke in Deutschland bedeutet und was hier gerade aufs Spiel gesetzt wird.“