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Der Vagusnerv ist ein paarig angelegter Nerv, der dem Gehirn entspringt und in der Tiefe auf beiden Halsseiten bis zum Bauch verläuft (siehe Grafik). Er vermittelt zwischen einer Vielzahl von Körperfunk­tionen wie Herzfrequenz, Verdauung und Atmung. Studien zeigen außerdem, dass die Stimulation des Vagusnervs (VNS) bei einer Vielzahl von psychiatrischen und neuro­logischen Erkrankungen hilfreich sein kann.

Stimulation des Vagusnervs kann Epilepsie lindern

Eine Übersichtsstudie kommt zu dem Schluss: Die VNS kann bei Patientinnen und Patienten mit schwer kontrollierbarer Epilepsie die Häufigkeit und Schwere von Anfällen in Kombination mit Medikamenten reduzieren. Bei diesen Anfällen ist das Zusammenspiel der Nervenzellen im Gehirn vorübergehend gestört. Das führt dazu, dass einzelne Hirnbereiche übermäßig ­aktiv sind und zu viele Signale abgeben.

Es gibt Hinweise darauf, dass die Stimula­tion des Vagusnervs die Erregbarkeit von Gehirnzellen reduzieren kann. „Die genaue Wirkungsweise der VNS bei Epilepsie ist noch nicht vollständig verstanden“, sagt Professorin Susanne Knake, Fachärztin für Neurologie und Expertin für Epilepsien am Universitätsklinikum Marburg. Auch bei Migräne ist die Stimulation als Therapie zugelassen, ebenso bei Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen, wenn andere Behandlungen nicht erfolgreich ­waren.

Der Vagusnerv ist mit vielen Organen verbunden. Was seine Stimulation genau bewirkt, ist nicht ganz klar.

Der Vagusnerv ist mit vielen Organen verbunden. Was seine Stimulation genau bewirkt, ist nicht ganz klar.

„Auch hier verstehen wir die Wirk­weise noch nicht ganz genau“, sagt Knake. „Wir nehmen an, dass die VNS die Frei­setzung von Neurotransmittern im Gehirn beeinflusst, die für die Stimmung und das Wohlbefinden verantwortlich sind.“ Allerdings, so gibt die Expertin zu bedenken, könne die Methode keine Heilung bieten, sondern nur dazu beitragen, Symptome zu lindern. Klingt trotzdem vielversprechend.

So läuft eine Stimulation ab

Um den Vagusnerv zu stimulieren, bedarf es oft einer kleinen Operation. Dafür wird ein Gerät unter der Haut im Brustbereich implantiert. Es ist mit einem Draht verbunden, der den Vagusnerv im Halsbereich umwickelt und elektrische Impulse an ihn sendet. Als Folge des Eingriffs können ­Nebenwirkungen wie etwa Stimmveränderungen oder Heiserkeit auftreten. Einige Studien berichten auch von Herzrhythmusstörungen nach der Implantation und der ersten Anwendung. Es gibt auch eine alternative Methode, bei der der Vagusnerv über die Haut stimuliert wird.

Hierfür tragen Patientinnen und Patienten ein Gerät im Ohr, das einem Kopfhörer ähnelt. Über die Haut wird ein Ast des Vagusnervs, der oberhalb des Gehörgangs sitzt, stimuliert. Die Wirksamkeit bei der Anregung übers Ohr ist vergleichbar mit der invasiven Stimulation. Daher kann es sinnvoll sein, erst einmal diese Methode für sich zu testen, bevor man sich ein Gerät zur VNS implantieren lässt. Auch für die Wissenschaft bietet die VNS über das Ohr Vorteile, so das Fazit von Susanne Knake.

Mithilfe dieser Methode wird es einfacher, große klinische Studien durchzuführen und dadurch aussagekräftigere Ergebnisse zu erzielen. Die Expertin erzählt, dass hierbei auch erstmals Lifestyle-Effekte gemessen werden konnten. „In einer Untersuchung konnten wir bei gesunden Probanden nach der Stimulation eine Verringerung des Stress­hormons Cortisol messen“, erklärt Knake.

Vagusnervstimulation im Trend

Laufen wir also bald alle mit einem kleinen Gerät am Ohr herum? Fest steht: VNS liegt im Trend. Es gibt viele Ratgeber oder On­line-Tutorials, die erklären, wie man den Vagusnerv massieren kann. Auch Geräte zur Selbststimulation sind auf dem Markt. Knake rät davon ab, sich nach Anleitung aus dem Netz den Vagusnerv zu massieren. Ihr Tipp: Probieren Sie auto­genes Training oder Meditation. Das reguliert das gesamte Nervensystem.

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