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Spondylodiszitis - kurz erklärt

Bei einer Spondylodiszitis handelt es sich in der Regel um eine eitrige Entzündung der Wirbelsäule. Meist sind zwei Wirbelkörper und die dazwischen liegende Bandscheibe (ein Segment) betroffen, sie kann aber auch an mehreren Stellen gleichzeitig vorkommen. Betroffene klagen häufig über unspezifische Rückenschmerzen gegebenenfalls begleitet von Allgemeinsymptomen. Am frühesten wird eine Spondylodiszitis durch eine MRT-Untersuchung diagnostiziert. Ursächlich sind meist Erreger, welche über einen weiter entfernten Infekt über die Blutbahn zur Wirbelsäule gelangt sind. Wichtig ist eine Erregerbestimmung mittels Blutentnahmen, ist hier kein Erreger (mehr) nachweisbar, können auch direkt Proben aus dem erkrankten Segment genommen werden damit eine gezielte Antibiose bestimmt werden kann. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Ruhigstellung der Wirbelsäule. Dies ist entweder durch ein Korsett oder durch eine Operation möglich.

Was ist eine Spondylodiszitis?

Unter einer Spondylodiszitis versteht man eine entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule. Ist die Bandscheibe entzündet ist von einer Diszitis die Rede, ist der Wirbelkörper entzündet spricht man von einer Spondylitis. Sind beide Bereiche entzündet ist von einer Spondylodiszitis die Rede. Meistens sind aber zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Wirbelkörper und Bandscheibe befallen, so dass eine klare Trennung nicht möglich ist und daher alle drei Begriffe Diszitis, Spondylitis und Spondylodiszitis synonym verwendet werden.

Bei einer Osteomyelitis handelt es sich um eine Entzündung des Knochenmarkes und umliegenden Knochengewebes, diese kann an jedem Knochen im Körper auftreten. Die Spondylodiszitis ist die Osteomyelitis der Wirbelsäule und geht meist mit einer deutlichen Zerstörung des Wirbelsegmentes einher. Unter einem Wirbelsegment versteht man zwei aneinandergrenzende Wirbelkörper und die dazwischenliegende Bandscheibe.

Eine Spondylodiszitis tritt eher selten auf (30:250.000 Personen), kann aber in zwei bis 20 Prozent tödlich verlaufen und ist daher eine ernstzunehmende Erkrankung. Zwischen dem Zeitpunkt des Auftretens und der Diagnosestellung vergehen im Schnitt zwei bis sechs Monate. Männer sind häufiger betroffen, bei beiden Geschlechtern ist der Erkrankungsgipfel im 50- bis 70-Lebensjahr. Bei Patienten mit einer Immunschwäche findet sich häufig eine Altersverteilung jünger als 30 Jahre.

Ursachen: Wie kommt es zu einer Spondylodiszitis?

Ursächlich für eine Entzündung der Wirbelsäule ist eine Infektion. Meist handelt es sich um eine bakterielle Entzündung. Der häufigste Erreger ist Staphylococcus aureus. Sie kann aber auch durch Pilze oder in sehr seltenen Fällen durch Parasiten bedingt sein.

Die Spondylodiszitis lässt sich in sogenannte endogene oder exogene Ursachen einteilen.

  • Endogen bedingte Entzündung

Hierbei ist die Eintrittspforte des Erregers an einer der Wirbelsäule entfernten Stelle. Die Erreger können über den Blutweg streuen und so zu den Wirbelkörpern gelangen und sich dort absiedeln. Vorausgegangene Infekte sind beispielsweise ein Harnwegsinfekt, eine Lungenentzündung, eine Herzmuskelentzündung (Endokarditis) und oft auch nur eine Zahnwurzelentzündung sowie offene kleine Hautstellen bei einem diabetischen Fußsyndrom. In vielen Fällen ist aber die Eintrittspforte des Erregers nicht (mehr) bekannt.

Auch eine Ausbreitung über den Lymphweg oder von einem direkt der Wirbelsäule benachbarten Infekt (per continuitatem) ist möglich.

  • Exogen bedingte Entzündung

Hierbei kommt es im Rahmen von Operationen oder wirbelsäulennahen Injektionen zu einer direkten Besiedelung der Wirbelsäule mit Erregern. Exogene Ursachen sind eher selten (2,5 %). Das Risiko zur Entwicklung einer Spondylodiszitis ist vom Ausmaß des Eingriffs abhängig. Bei minimal invasiven Eingriffen 0,1-0,6 %, bei offenen (makrochirurgischen) Eingriffen 1,4-3%.

Eine weitere Unterteilung ist eine spezifische gegenüber einer unspezifischen Spondylodiszitis. Bei der sehr selten in Deutschland vorkommenden spezifischen Spondylodiszitis ist der Erreger der Tuberculose, bei der unspezifischen Spondylodiszitis alle anderen Keime verantwortlich. Auch nach dem Verlauf kann unterschieden werden in eine akute (seit weniger als 6 Wochen bestehende) oder chronische (über sechs Wochen bestehende) Infektion.

Vorbestehende Erkrankungen können das Auftreten einer Spondylodiszitis begünstigen, hierzu zählen:

  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • Adipositas (Fettleibigkeit)
  • Alkoholismus
  • Immunschwäche
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • verschlechtere Nierenfunktion (Niereninsuffizienz)
  • chronische Leberentzündungen (Hepatitis)
  • Krebserkrankungen (Tumorleiden)
  • Alter
  • vorherige bauchchirurgische Eingriffe und Bauchinfekte

Symptome: Welche Beschwerden bereitet eine Spondylodiszitis?

Hauptsymptom der Spondylodiszitis sind Schmerzen in der Wirbelsäule. Eine Schmerzverstärkung wird häufig durch vorbeugen (Inklination) und Wiederaufrichtung beschrieben. Im weiteren Verlauf klagen einige Betroffene auch über Schmerzen in der Nacht. Die Schmerzintensität ist unterschiedlich. Meist bestehen sehr starke Schmerzen, welche aber nicht auf die Schwere der Infektion schließen lassen.

Begleitend können auch neurologische Symptome auftreten. Diese äußern sich durch eine Schmerzausstrahlung in Arme oder Beine bis hin zu Lähmungen.

Diagnose: Wie wird eine Spondylodiszitis festgestellt?

  • Anamnese und körperliche Untersuchung

Zunächst wird die Krankengeschichte (Anamnese) erhoben. Bei der körperlichen Untersuchung kann bereits durch Druck auf die betroffene Region ein Schmerz ausgelöst werden. Häufiger aber sind die Schmerzen eher durch eine Stauchung der Wirbelsäule, beispielsweise beim abfallen auf die Fersen nach vorherigem Zehenstand (Fersenfalltest) oder durch abklopfen der Region auszulösen.

  • Laborchemische Untersuchungen

Besteht der Verdacht auf eine Spondylodiszitis wird Blut abgenommen und im Labor auf bestimmte Parameter hin untersucht. Insbesondere Werte, welche eine Entzündungsaktivität wiederspiegeln (CRP-Wert, Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozyten, Procalcitonin) sind von Interesse. Vor allem der CRP-Wert sowie die Blutsenkungsgeschwindigkeit sind meist erhöht wohingegen die Leukozyten häufig im Normbereich liegen. Allerdings kann man anhand der CRP-Wert-Erhöhung nicht die Schwere der Erkrankung abmessen.

  • Erregernachweis

Des Weiteren wird das Blut auf möglich Erreger hin (Blutkultur) untersucht. Der Erregernachweis spielt vor allem auch in Bezug auf eine geeignete Therapie (Antibiotikagabe) eine wichtige Rolle, gelingt allerdings zum Diagnosezeitpunkt noch in 49 bis 83 Prozent der Fälle. Daher ist es sinnvoll, vor einer antibiotischen Therapie mehrere Blutkulturen beziehungsweise wenn möglich sogar direkt Gewebe aus dem Infektbezirk abzunehmen.

Hierzu kann entweder unter Bildgebung (CT-gesteuert) mithilfe einer Nadel oder direkt während der Operation eine Gewebeprobe (Biopsie) entnommen werden.

  • Bildgebende Verfahren

Eine wichtige Rolle bei der Diagnosefindung spielen bildgebende Verfahren. Während im Röntgenbild erst im fortgeschrittenen Stadium Veränderungen der Grund- und Deckplatten der Wirbelkörper zu erkennen sind, können mittels einer Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT-Untersuchung) bereits in Frühstadium Veränderungen nachgewiesen werden.

Die Computer-Tomographie (CT-Untersuchung) stellt vor allem knöcherne Veränderungen gut dar, ist aber der MRT-Untersuchung deutlich unterlegen. Sie ist daher keine Standard-Untersuchung. Dennoch kann sie in Betracht gezogen werden, wenn beispielsweise keine MRT-Untersuchung (Trägern bestimmer Herzschrittmacher) durchgeführt werden kann.

Bei der Skelettszintigraphie wird mithilfe von radioaktiv markierten Substanzen die Aktivität im Knochen gemessen. Allerdings kann mittels dieser speziellen Untersuchung nicht zwischen einer aktiven Entzündung und gewissen anderen Ursachen (aktiviert Osteochondrosen) unterschieden werden, weshalb sie auch nicht zur Standard-Untersuchung gehört. Ein unauffälliger Befund in der Skelettszintigraphie schließt aber eine Spondylodiszitis sicher aus und kann daher in Einzelfällen sinnvoll sein. Ähnlich stellt es sich bezügich der Entzündungsszintigraphie (Leukozytenszintigraphie) dar, bei welcher körpereigene Blutzellen (Tc-99m-markierte Antigranulozyten-Antikörper) markiert werden. Diese lagern sich allerdings auch bei Gesunden im Knochenmark ab und sind daher für die Wirbelsäule nicht gut geeignet. Ihr Anwendungsgebiet liegt eher in den Knochen der Extremitäten.

Bei der Positronenemissionstomographie mit Fluor-18-Flourodeoxyglucose (F-18-FDG-PET) werden Zuckermoleküle radioaktiv markiert. Normalerweise reichern sich diese nicht übermäßig im Knochenmark an, im Rahmen einer Entzündung werden sie aber vermehrt aufgenommen und als sogenannte „hot spots“ sichtbar. Problematisch kann allerdings mitunter eine klare Abgrenzung zu manchen Krebserkrankungen sein.

Eine weitere Möglichkeit ein differenziertes Bild zu bekommen stellt die Kombination von zwei Untersuchungsmethoden dar, das PET/CT. Hierdurch kann ein dreidimensionales Bild erstellt werden mit typischen Anreicherungen. Diese Untersuchungsverfahren stellt ebenfalls eine Alternative dar, falls eine MRT-Untersuchung nicht möglich ist.

Therapie: Wie wird eine Spondylodiszitis behandelt

Mehrere Säulen bilden die Therapie. Sie bestehen aus Ruhigstellung und einer geeigneten antibiotischen Therapie. In den meisten Fällen ist eine zusätzlich operative Maßnahme notwendig. Diese richtet sich nach dem Ausmaß der Erkrankung.

  • Ruhigstellung

Die Ruhigstellung des betroffenen Gebietes ist eine wichtige Rolle. Bei der sogenannten konservativen Therapie, das heißt ohne Operation werden hierfür mobilitätseinschränkende Korsette/Bandagen (Orthesen) getragen, um das entsprechende Gebiet ruhig zu stellen und eine Kraftverteilung der Wirbelsäule auf die hinteren Wirbelsäulenanteilte zu erreichen (da meist die vorderen Bereiche entzündet sind). Kommt das Tragen einer Orthese in Betracht, kann in dieser eine Mobilisation erfolgen, das heißt, mit dieser Stabilisierung kann sich der Betroffene normal bewegen und am Alltag teilnehmen. Allerdings ist vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule (Übergang zwischen LWS und Kreuzbein) oder bei größeren Defekten der Wirbelkörper eine ausreichende Ruhigstellung mittels Orthese oft nicht möglich, so dass nur eine absolute Bettruhe für sechs Wochen bleibt. Gefahr dieser Immobilisation ist ein kompletter Abbau der Muskulatur und eine erhöhte Thromboseneigung. Daher wird für diese lange Phase der Immobilisierung keine Empfehlung ausgesprochen.

  • Antibiotikagabe

Am besten wird eine sogenannte geziele Antibiotikatherapie begonnen. Nachdem ein Erreger nachgewiesen werden konnte erfolgt auch eine spezifische Austestung im Labor, welches Antibiotikum gegen den Erreger am besten hilft (Resistogramm).

Konnte allerdings kein Erreger nachgewiesen werden oder ist der Verlauf so schwer, dass nicht abgewartet werden kann, sollte eine antibiotische Breitband-Therapie begonnen werden, welche die häufigsten Erreger (Staph. aureus und E. coli) mit abdeckt.

Zur Behandlung der unspezifischen (erregerbedingten, pyogenen) Spondylodiszitis erfolgt die Gabe der geeigneten Antibiose meist insgesamt über sechs Wochen. Zunächst wird sie über die Vene (i.v-Gabe) verabreicht, da es so höher dosiert am Zielort ankommt und besser wirken kann. Aktuellen Empfehlungen zufolge sollte dies in den meisten Fällen über zwei Wochen erfolgen.

Im weiteren Verlauf kann dann die Antibiose in Tablettenform (per os, p.o) für meistens vier, in speziellen Fällen auch sechs Wochen fortgesetzt werden. Voraussetzung für eine orale Antibiotikatherapie (als Tabletten) ist eine hohe Verfügbarkeit des Wirkstoffs auch bei Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt (enterale Aufnahme), wie dies zum Beispiel bei Fluorchinolonen, Clindamycin oder Linezolid gegeben ist.

Bei der spezifischen, durch Tuberculose ausgelöste Entzündung beläuft sich die Therapieempfehlung auf 24 bis 48 Monate mit speziellen Kombinationen mehrerer Antibiotika.

Maßstab für einen Behandlungserfolg ist eine Besserung des Allgemeinzustandes und der Rückgang der Entzündungswerte.

  • Operative Maßnahmen

Meistens ist eine Stabilisierung des infizierten Wirbelsegments durch eine Operation notwendig. Das genaue Vorgehen richtet sich aber nach dem Ausmaß der Infektion an der Wirbelsäule. Ziel der Operation ist einerseits eine Stabilisierung und damit Erhalt von Form und Statik und gleichzeitig eine Sanierung des Prozesses und Gewinnung von Material zur Erregerbestimmung.

Für eine operative Versorgung sprechen folgende Punkte:

  • Neurologische Auffälligkeiten. Sollten bereits Hinweise auf eine Schädigung von Nerven vorliegen, wie starke ausstrahlende Schmerzen in Arme oder Beine, Kribbel-/Taubheitsgefühle oder Lähmungen ist eine rasche operative Versorgung nötig.
  • Sepsis. Liegt bereits eine Blutvergiftung und ein deutlich verminderter Allgemeinzustand vor, ist eine rasche operative Versorgung notwendig.
  • Deutlich zerstörte Knochenstruktur mit fehlender Stabilität der Wirbelsäule mit Formveränderung (meist nach vorne oder seitlich).
  • Eiteransammlung (Abszess) im Bereich des Rückenmarks (epiduraler Abszess/Spinalkanal).
  • starke, fortbestehende Schmerzen und Versagen der konservativen Therapie.

Eine Mobilisation nach einer operativen Versorgung ist schneller möglich. Auch eine deutliche Schmerzminderung ist zu verzeichnen. Welches genaue operative Verfahren angewandt wird (Schrauben-Stab-Systeme, Plattenverbindungen, Bandscheiben- oder Wirbelkörperersatz) ist vom jeweiligen individuellen Ausmaß der Erkrankung abhängig und muss daher für jeden Einzelfall neu entschieden werden. Die antibiotische Therapie allein ersetzt die Operation aber meistens nicht.

Unser beratender Experte:

Dr. med. Dominik Bengel

Dr. med. Dominik Bengel

Dr. med. Dominik Bengel ist leitender Oberarzt im Wirbelsäulenzentrum des Benedictus Krankenhauses Tutzing. Seit 2008 erfolgte seine Spezialisierung als Wirbelsäulenchirurg und umfasst heute das gesamte Spektrum der Wirbelsäulenchirurgie. Schwerpunkt ist die Behandlung degenerativer und traumatologischer Erkrankungen. Eine operative Versorgung kann häufig in minimal-invasiven Techniken durchgeführt werden. Nach dem Curriculum der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG) ist Dr. Dominik Bengel seit September 2016 im Besitz des Basis- und Masterzertifikats für Wirbelsäulenchirurgie.

Quellen:

Expertise Orthopädie und Unfallchirurgie Wirbelsäule, G. Stein, P. Exsel, M. J. Scheyerer, Kapitel 2.2 „Konventionelle Röntgendiagnostik der Wirbelsäule“, B. Schönnagel, S. 49/50, Thieme-Verlag

Expertise Orthopädie und Unfallchirurgie Wirbelsäule, G. Stein, P. Exsel, M. J. Scheyerer, Kapitel 6 „Entzündungen der Wirbelsäule“, M. J. Scheyerer, R. Sobottke, S. 255-273, Tieme-Verlag

Spine-Guide, online: https://spine-operation.guide/krankheiten/spondylitis/ (abgerufen am 03.03.2022)

Deutsches Ärzteblatt, „Aktuelle Diagnostik und Therapie der Spondylodiszitis“, Dtsch Arztebl 2008; 105(10): 181-7; DOI: 10.3238/arztebl.2008.0181, Sobottke R., Seifert H., Fätkenheuer G. et al. Online: https://www.aerzteblatt.de/archiv/59258/Aktuelle-Diagnostik-und-Therapie-der-Spondylodiszitis (abgerufen am 03.03.2022)

S2k Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Spondylodiszitis“, Stand 26. August 2020. Online: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/151-001l_S2k_Diagnostik-Therapie-Spondylodiszitis_2020-10.pdf (abgerufen am 03.03.2022)