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Frau Dr. Rudolph, kleinen Kindern kann das RS-Virus gefährlich werden. Warum?

Weil das Risiko besteht, dass sie einen schweren Verlauf bekommen können. Bei Erwachsenen verursacht das Virus oft nur Schnupfen. Bei Kleinkindern und vor allem Säuglingen kommt es dagegen häufiger zu Entzündungen der oberen und unteren Atemwege, sprich im Bereich der Lunge. Besonders für Babys unter drei Monaten ist eine Infektion gefährlich. Sogar Atemaussetzer sind bei ihnen möglich.

Auf welche Warnsignale müssen Eltern achten?

Atembeschwerden und Husten. Ganz Kleine fallen oft durch Fieber und pfeifende Atemgeräusche auf. Spätestens dann sollten Eltern mit ihrem Kind zur Kinderärztin oder zum Kinderarzt.

Wird dort denn dann auf RSV getestet?

In der Regel nicht. Für die Behandlung macht es keinen Unterschied, welches Virus für die Beschwerden verant­wortlich ist. Kranke Kinder bekommen Inhalationen, gegebenenfalls fiebersenkende Mittel und Medikamente, die die Bronchien weiten. Wichtig ist, dass das Kind viel trinkt. Hellhörig werden sollten Eltern, wenn es ihrem Kind schon wieder besser ging und dann erneut Fieber auf­tritt. Das kann eine Folgeinfektion sein, etwa eine Lungenentzündung.

Baby im Brutkasten

Atemwegsinfekte: RSV gefährdet Babys

Keuchender Husten, schweres Atmen bis hin zur Luftnot: Eine Infektion mit dem RS-Virus ist vor allem für Früh- und Neugeborene riskant. Was kann die Kleinen schützen? zum Artikel

Wann müssen Kinder in die Klinik?

Wenn sie Fieber und Luftnot oder sehr starken Husten haben. Wenn nötig, bekommen sie Sauerstoff. Bei Babys unter drei Monaten will man sichergehen, dass sie keine Atemaussetzer entwickeln. Deshalb werden ihre Werte über einen Monitor kontrolliert.

Vergangenes Jahr traten RS-Virus­infektionen gehäuft auf. Warum?

Durch die Maskenpflicht gab es zunächst weniger Infektionen. Als die Maske fiel, war die RSV-Welle deutlich ak­tiver und trat früher auf – im August statt im November. Neben den Kleinen waren auch viele Kita-Kinder krank.

Das heißt, die Kinder haben die Infektionen einfach nachgeholt?

Ja. In einer Kita-Gruppe werden normaler­weise nicht alle zeitgleich krank, weil verschiedene Kinder schon einmal Kontakt mit dem Virus hatten und zumindest eine kurze Immunität aufbauen. Trifft das Virus aber zum ersten Mal auf alle Kinder, kann das mitunter die ganze Gruppe lahmlegen.

An einer Impfung wird im Moment geforscht. Wie weit ist man da?

Gerade haben mRNA-Impfstoffe großen Aufschwung. Es laufen vielversprechende Studien. Ich erwarte eine RSV-Impfung in den nächsten Jahren.

Es gibt auch Studien zu einem Impfstoff, mit dem Frauen in der Schwangerschaft geimpft werden sollen, um Neugeborene zu ­schützen. Was halten Sie davon?

Das ist ein guter Ansatz, mit dem wir auch bei Keuchhusten schon gute Erfahrung gemacht haben. Der Impfstoff befindet sich aber noch in der Testung. Er muss erst zugelassen werden. Das wird vermutlich noch etwas dauern.

Welche Möglichkeiten gibt es bislang, Risikokinder zu schützen?

Frühgeborenen, Kindern mit schwerwiegenden angeborenen Herzfehlern oder Erkrankungen wie Trisomie 21 können während der Saison monatlich Antikörper gegen RSV verabreicht werden. Eltern von Säuglingen sollten aber grundsätzlich vorsichtig sein. Das bedeutet, sich nicht mit erkälteten Menschen treffen, auf eine gute Handhygiene achten, nicht rauchen und das Baby möglichst stillen.