Was ist ein Mitralklappenprolaps?
Wo sitzt die Mitralklappe?
Die Mitralklappe befindet sich zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer und unterstützt das Herz, seiner Hauptaufgabe effizient nachzukommen: Blut, das in der Lunge mit Sauerstoff angereichert wurde, über den linken Vorhof in die linke Herzkammer und von dort in den Körper zu pumpen.
Damit das Blut während der Pumpaktionen des Herzens immer vorwärts und nicht zurück fließt, kommen die Herzklappen zum Einsatz. Wie Ventile verhindern sie einen Rückfluss.
Die Mitralklappe öffnet sich, wenn das Blut vom linken Vorhof in die linke Herzkammer strömt und verschließt sich, wenn die Kammer sich anschließend zusammenzieht, um das Blut in die Hauptschlagader zu treiben.
Ihr Name lässt sich auf ihre gewölbte Form zurückführen: Sie ähnelt einer Bischofsmütze, Mitra genannt. Die Mitralklappe besteht aus einem vorderen und einem hinteren Klappensegel, das an Sehnenfäden aufgehängt ist. Die Sehnenfäden wiederum entspringen Vorwölbungen des Herzmuskels der linken Herzkammer – den sogenannten Papillarmuskeln.
Bei einem Mitralklappenprolaps können sich Teile eines Segels, ein ganzes Segel oder sogar beide Segelteile in den linken Vorhof wölben.
Welche Ursachen hat ein Mitralklappenprolaps?
Ein Mitralklappenprolaps ist meist die Folge einer Bindegewebsstörung. Die Ursachen dafür sind weitgehend unbekannt. Genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen.
In manchen Fällen entwickelt sich ein Mitralklappenprolaps im Rahmen von erblichen Bindegewebserkrankungen wie etwa dem Marfan-Syndrom. Als Folge kommt es zu einer Vergrößerung, Überdehnung, Lockerung oder auch Verdickung der Klappen und der Sehnenfäden.
Ein Prolaps kann aber auch nach einem Herzinfarkt auftreten – etwa, wenn dabei einer der Papillarmuskeln geschädigt wurde, an dem die Sehnenfäden der Mitralklappe entspringen.
Macht ein Mitralklappenprolaps Beschwerden?
Beschwerden machen die Auswölbungen meist nicht. Manche Patienten wenden sich an den Arzt, weil ihr Herz hin und wieder zu stolpern scheint. "Aber solche Palpitationen genannten Wahrnehmungen von Unregelmäßigkeiten des eigenen Herzschlages sind beim Mitralklappenprolaps kein Grund zur übermäßigen Sorge", beruhigt Haass.
Wer Herzrhythmusstörungen wahrnimmt, sollte sie trotzdem beim Arzt abklären lassen – denn sie können auch andere Ursachen haben. Manche Rhythmusstörungen müssen behandelt werden.
Wie stellt der Arzt die Diagnose?
Weil ein Mitralklappenprolaps in der Regel keine Beschwerden macht, ist die Diagnose meist ein Zufallsbefund. Beim Abhören fällt ein charakteristisches Herzgeräusch auf. "Im Herzultraschall, der Echokardiografie, ist die Vorwölbung der Klappensegel und in manchen Fällen eine Verdickung der freien Ränder der Mitralklappensegel zu erkennen", so Haass. Eine Insuffizienz lässt sich mit Hilfe einer sogenannten Doppler-Echokardiografie darstellen.
Mögliche Folge: Undichte Herzklappe
Auch wenn der Mitralklappenprolaps selbst meistens unproblematisch und kaum spürbar ist, sollten Betroffene die Diagnose nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn ein krankes Segel kann sich mit der Zeit immer stärker vorwölben. Ein überlasteter oder veränderter Sehnenfaden kann abreißen, so dass sich die Klappe irgendwann nicht mehr vollständig schließt – sie wird undicht. Ärzte sprechen dann von einer Mitralklappeninsuffizienz.
Bei dieser Undichtigkeit kommt es während der Pumpaktion der linken Herzkammer zu einem Rückfluss von Blut in den linken Vorhof. Dies bedeutet für das Herz einen ständigen Mehraufwand – wie wenn ein durchlöcherter Eimer mit Sand gefüllt werden soll. Je nachdem wie stark Segel und Sehnenfäden verändert sind, kann eine solche Insuffizienz stärker oder schwächer ausfallen.
Typische Symptome einer Mitralklappeninsuffizienz sind rasche Ermüdbarkeit bei körperlicher Belastung und Schwindel, oft verbunden mit Luftnot und Leistungseinbußen.
Therapie bei undichter Mitralklappe
Hat sich als Folge eines Mitralklappenprolaps eine Klappeninsuffizienz eingestellt, ist eine engmaschige ärztliche Kontrolle und in der Regel auch eine passende Therapie erforderlich.
Das Herz kann die Fehlfunktion der Mitralklappe zwar eine Zeit lang ausgleichen, indem es seine Leistung verstärkt. Doch bei einer unbehandelten Mitralklappeninsuffizienz bestehen zwei Risiken, erklärt Haass.
Zum einen kann sich die Klappenfunktion plötzlich weiter verschlechtern, etwa, weil ein überstrapazierter Sehnenfaden reißt. "Die Betroffenen können dann von einem Moment auf den anderen unter schwerster Luftnot leiden und müssen notärztlich behandelt werden."
Zum anderen verändert sich die betroffene Herzkammer unter der erhöhten Belastung: Ihre Muskulatur verdickt sich, während sich gleichzeitig ihr Volumen erweitert. Beide Veränderungen können unbehandelt in eine irreparable Herzschwäche münden.
Als Medikamente zur Entlastung der linken Herzkammer bieten sich ACE-Hemmer oder Sartane an. Bei Luftnot infolge einer Lungenstauung sind Entwässerungsmittel (sogenannte Diuretika) erforderlich.
Rechtzeitige Operation bei Insuffizienz
Damit es nicht so weit kommt, sollte die betroffene Klappe rechtzeitig operiert werden. "Meist wird heute versucht, die Mitralklappe über einen minimal-invasiven Zugang zu rekonstruieren. In einigen Fällen ist aber auch ein kompletter Mitralklappenersatz durch eine biologische oder mechanische Herzklappe erforderlich," so Haass. Wie jede Operation bergen auch die genannten Eingriffe Risikien – etwa Blutungen oder Infektionen. Der Arzt wird im Vorfeld ausführlich darüber aufklären.
Die Mitralklappeninsuffizienz gehört zu den häufigeren Ursachen für eine Operation der Herzklappen. Oft ist der Insuffizienz ein Mitralklappenprolaps vorausgegangen.
Alternativ bietet sich bei Patienten mit einem überdurchschnittlich erhöhten Operationsrisiko ein Clip-Verfahren an. Dieser Eingriff erfolgt in Vollnarkose. Ärzte führen ihn nach Punktion einer großen Beinvene über die rechte Leiste durch. Ziel dieses Verfahrens ist es, die beiden auseinanderklaffenden Mitralklappensegel mithilfe eines oder mehrerer spezieller Clips enger zu fassen, um so die Insuffizienz zu reduzieren.
Ratsam: Regelmäßige Kontrollen
Liegt ein Mitralklappenprolaps ohne Insuffizienz und ohne Beschwerden vor, empfehlen Experten mindestens alle drei bis fünf Jahre Kontrolluntersuchungen.
Hat sich bereits eine Insuffizienz entwickelt, sollten die Kontrollen in Abhängigkeit vom Schweregrad in einem Abstand von sechs bis zwölf Monaten erfolgen.
Beratender Experte
Professor Dr. med. Markus Haass ist Internist und Kardiologe. Er ist Lehrbeauftragter der Universität Heidelberg und seit 2002 Chefarzt der Abteilung Innere Medizin II mit den Schwerpunkten Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin sowie seit 2016 ärztlicher Direktor der Theresienkrankenhaus und St. Hedwig-Klinik GmbH in Mannheim, einem akademischen Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.