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Das Problem betrifft nicht nur eine Randgruppe: Rund 100 000 Patientinnen oder Patienten erhalten jährlich einen Herzschrittmacher, 20 000 bis 30 000 wird ein Defibrillator (Defi) implantiert. Die Geräte helfen Menschen, deren Herz zu langsam schlägt. Oder bei denen umgekehrt das Risiko für lebensgefährliches Herzrasen erhöht ist. Beide Hilfsmittel können Leben retten, deshalb sollten sie reibungslos funktionieren.

Für die Trägerinnen und Träger ist es aus diesem Grund keine gute Nachricht, dass vor allem in chinesischen Minen zunehmend Neodym gewonnen wird. Das Element zählt zu den seltenen Erden und wird für Magnete verwendet, die damit sehr klein und trotzdem leistungsstark sein können. Doch wo liegt das Problem für Herz-Hilfsgeräte?

Ungewollte Notschaltung

Dazu muss man wissen, dass diese Geräte über eine Art Abschaltmechanismus verfügen, um unnötige Impulse zu vermeiden – etwa wenn die Geräte Fehlfunktionen zeigen. Dann halten Ärztinnen oder Ärzte einen starken Magneten vor den Brustkorb und schalten die Geräte in den sogenannten Magnetmodus. Ein Herzschrittmacher stimuliert dann „blind“, ohne den natürlichen Herzrhythmus zu beachten. Ein Defi kann Herzrasen nicht mehr feststellen und beenden.

Das kann allerdings auch ungewollt passieren, wenn starke Magnete den implantierten Geräten zu nahe kommen. Etwa solche in Lautsprechern oder Kopfhörern. Oder in Smartphones. Aufsehen erregt haben jüngst Berichte über die iPhone-Serien 12 und 13. Sie werden, wie die meisten neueren Smartphones, drahtlos (induktiv) aufgeladen. Das Besondere der Apple- Modelle: Kreisförmig um die dazu nötige Induktionsspule sind kleine Magnete eingebaut. Sie sollen vor allem das Laden beschleunigen.

Messungen, unter anderem der US-amerikanischen Zulassungsbehörde, belegen: Diese Magnete sind bei Weitem stark genug, um Herzschrittmacher und implantierte Defis in den erwähnten Magnetmodus zu schalten. Dann erkennt zum Beispiel der Defi lebensgefährliches Herzrasen nicht mehr – und kann das Herz nicht mehr in den normalen Takt zurückversetzen. Tödliche Fälle sind zwar bisher nicht bekannt. Wohl aber gibt es einige Berichte über derart außer Betrieb gesetzte Defis.

Auch Apple selbst hat das Problem erkannt und warnt Implantatträgerinnen und -träger auf seiner Internetseite: Sie sollten das Smartphone mindestens 15 Zentimeter entfernt halten, beim Laden mindestens 30 Zentimeter. „Wer besorgt ist, kann die korrekte Funktion des Herzschrittmachers oder Defis beim nächsten Prüfungstermin testen lassen“, rät Dr. Christian Fräbel, Arzt in der Kardiologie der Uniklinik Gießen, der gemeinsam mit Kollegen kürzlich eine Studie zum Thema vorstellte.

Versteckte Magnete

Freilich ist Vorsicht nicht nur bei Smartphones angebracht. Auch Handyhüllen enthalten meist Magnete. Ebenso Tablets und Notebooks, Lautsprecher und Kopfhörer oder Magnetschmuck. Selbst bei gechippten Dienstausweisen, die als Türöffner oder zur Zeiterfassung dienen, sowie beim kontaktlosen Bezahlen sind Einflüsse auf die Implantate denkbar. Auch das ahnungslos am Revers magnetisch befestigte Namensschild kommt den Geräten ziemlich nahe.

„Abstand ist das A und O“, sagt Dr. Andreas Napp, Kardiologe an der Uniklinik Aachen, „mit 15 Zentimetern zum Herzen, beim Induktionsherd einer Unterarmlänge ist man auf der sicheren Seite.“ Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hat Napp eine Stellungnahme verfasst, welche die potenziellen Risiken detailliert bewertet. „Das Gute ist, dass die Gefahr mit der Entfernung zum Implantat sehr rasch abnimmt“, erklärt er. „Aber hätte ich einen Herzschrittmacher oder Defi, würde ich ein Smartphone nicht in der Brusttasche tragen.“ Und sich nicht über den eingeschalteten Induktionsherd beugen, um an der Suppe zu riechen.

Insgesamt aber lasse sich die Gefahr einfach beherrschen, berichtete Vorfälle seien extrem selten. Implantatträger müssen nicht auf allerlei Spaß verzichten, wenn sie das Abstandsgebot beachten. Und es ist sicher verschmerzbar, die Ladeschale nicht auf dem Nachttisch zu platzieren und ohne Smartwatch am Handgelenk zu schlafen.

iPhone & Co.: Die Firma Apple informiert über ihre Geräte, die Magnete enthalten, und gibt Sicherheitstipps: https://support.apple.com/de-de/HT211900

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