Handgelenksganglion (Überbein)

Ein Ganglion (Überbein) bildet sich häufig am Handgelenk
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Was ist ein Ganglion?
Ganglien (Einzahl: Ganglion, auch Überbein genannt) machen 50 bis 70 Prozent der gutartigen Haut- und Weichteilveränderungen an der Hand aus.
Es handelt sich um Ausstülpungen der weichen Gelenkhäute, die mit Flüssigkeit aus den Gelenken (Synovialflüssigkeit, "Gelenkschmiere") gefüllt sind. Sie sind mit dem Gelenk über einen Stiel verbunden, vorstellbar wie die Tülle und ihr Luftballon. Die Ausstülpung füllt sich mit Gelenkflüssigkeit, welche nicht in das Gelenk zurück fließt und daher zu einer Ausstülpung führt. Diese ist als erhabener Knoten meist im Bereich des Handrückens sichtbar. Die Größe des Ganglions wird maßgeblich durch die Flüssigkeitsmenge bestimmt. Daher kann die Größe schnell zunehmen - aber auch wieder abnehmen, wenn die Flüssigkeit wieder in den Gelenkspalt abfließt.
Der Begriff Überbein ist hierbei etwas irreführend, da es sich nicht um eine knöcherne Veränderung, sondern um einen flüssigkeitsgefüllte Geschulst handelt.
Frauen zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Ganglien können aber auch bereits im Kindesalter auftreten.

Ein Ganglion bildet sich an der Gelenkapsel oder Sehenscheide und enthält Gelenkflüssigkeit
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Ursachen: Wie entsteht ein Ganglion?
Die Ursachen für die Entstehung eines Ganglions sind nicht endgültig geklärt. Diskutiert wird eine allgemeine Bindegewebsschwäche. In etwa zehn Prozent der Fälle lassen sich in der Vorgeschichte auch Verletzungen oder Verstauchungen ermitteln. Ein weiterer Grund kann eine Reizung im Gelenk sein, zum Beispiel bei einer Arthrose. Bei der Therpie dieses Ganglions steht aber die Grunderkrankung im Vordergrund, das heißt, nicht das Ganglion sonder die Arthrose muss behandelt werden.
Man vermutet, dass Ganglien dann entstehen, wenn die Kapsel des Gelenkes eine Schwachstelle hat und gleichzeitig ein Überdruck im Gelenkspalt besteht, zum Beispiel durch besonders viel Flüssigkeit. Dann können sich die weichen inneren Gelenkhäute nach außen stülpen.
Vorkommen: Wo können sich Ganglien bilden?
Grundsätzlich können Ganglien an jedem Gelenk, jeder Sehnenscheide oder jedem Ringband auftreten. Von der Häufigkeitsverteilung findet sich folgendes:
- 70 Prozent der Handgelenksganglien liegen am Handrücken und gehen von dem Gelenk zwischen Kahnbein und Mondbein auf der Außenseite der Hand aus.
- Bis zu 25 Prozent der Ganglien liegen auf der Beugeseite der Hand oberhalb des Daumens. Sie stehen oft mit dem Daumensattelgelenk in Verbindung. Bei Kindern unter zehn Jahren ist das sogar der häufigste Ort.
- An den Fingern können Ganglien an den Ringbändern der Fingergelenke entstehen (Ringbandganglien) oder an den Sehnenscheiden der Strecksehnen (Hygrome). Ganglien an den Fingerendgelenken heißen Mukoidzysten. Sie entstehen oft als Folge von Knochenauswüchsen bei einer Arthrose der Fingerendgelenke.
- Manchmal stülpen sich aber die Gelenkhäute nicht nach außen sondern nach innen, zwischen die Handwurzelknochen.
Symptome: Welche Beschwerden verursacht ein Ganglion?
Allgemeine Symptome:
Häufig macht ein Ganglion keine Beschwerden und zeigt sich als schmerzloser, verschieblicher und prallelastischer Knoten am Handgelenk, was ästhetisch stören kann. Handgelenksganglien können mit Durchmessern von bis zu acht Zentimetern sehr groß werden.
Ein Ganglion kann dumpfe, belastungsabhängige Gelenksschmerzen hervorrufen und die Beweglichkeit einschränken. Im Bereich des Handrückens verursacht es typischerweise Schmerzen, wenn sich der Betroffene mit seiner Hand aufstützt – zum Beispiel bei Liegestützen. Drückt das Ganglion auf umgebende Nerven kann zusätzlich ein Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Schwächegefühl in der Hand auftreten. Die Schmerzen strahlen eventuell in die Fingerspitzen oder bis zum Ellenbogen aus. Wenn ein Ganglion eine Sehne quetscht, entsteht womöglich eine schmerzhafte Sehnenscheidenentzündung.
Symptome bei Ringbandganglien:
Ganglien an den Ringbändern der Finger (Ringbandganglien) sind oft sehr klein (zwei bis acht Millimeter). Bei der Fingerbeugung bewegen sie sich nicht mit. Sie können beim Faustschluss und beim Zugreifen auf die Fingernerven drücken und Schmerzen oder Gefühlsstörungen auslösen.
Symptome bei Strecksehenganglien:
An den Strecksehnen der Finger bilden sich manchmal sogenannte Sehnenganglien (Hygrome), die sich beim Strecken der Finger meist mitbewegen. Sie machen nur selten Beschwerden.
Symptome bei Fingerendgliedganglien:
Die sogenannten Mukoidzysten an den Fingerendgelenken sind bis zu 15 Millimeter große, runde oder unregelmäßig begrenzte, glasig aussehnende Schwellungen hinter dem Nagelfalz. Sie können Nagelwachstumsstörungen mit Rillen am Nagel verursachen. In manchen Fällen reißen sie auf und führen zu immer wiederkehrenden Entzündungen an den Fingerendgelenken.
Diagnose: Wie stellt der Arzt die Diagnose?
Die Diagnose eines Ganglions stellt der Arzt in erster Linie durch die Untersuchung der betroffenen Hand. Technische Untersuchungsmethoden wie die Ultraschalluntersuchung ermöglicht es, die genaue Ausdehnung des Ganglions zu beurteilen und können Hinweise auf mögliche Ursachen liefern. Des weiteren können andere Gründe für eine Schwellung, zum Beispiel Tumore ausgeschlossen werden. Zur Beurteilung ob Strukturen wie Nerven oder Gefäße in der Umgebung des Ganglions in Mitleidenschaft gezogen worden sind werden funktionelle Tests durch den Arzt durchgeführt und mithilfe einer speziellen Ultraschallsonde (Doppler) der Blutfluss in den betroffenen Gefäßen gemessen. Diese Untersuchungen sind häufiger bei Ganglien auf der Beugeseite der Hand erforderlich, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu Nerven und Gefäßen liegen. In seltenen Fällen kommt eine Kernspinuntersuchung zum Einsatz, vor allem wenn vermutet wird, dass es sich um ein Ganglion an der Gelenkkapsel handelt, das also von außen nicht sichtbar ist. Ist die Diagnose trotz aller Untersuchungen nicht eindeutig zu klären, kann auch die Entnahme einer Gewebeprobe angebracht sein. So lässt sich im Zweifelsfall ein therapiebedürftiger Tumor entdecken oder ausschließen.

Ein Ganglion kann operativ entfernt werden
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Therapie: Wie wird ein Handgelenksganglion behandelt?
Solange ein Ganglion keine Beschwerden verursacht, ist es harmlos. Normalerweise ist dann keine Behandlung nötig. In beinahe der Hälfte der Fälle besteht die Aussicht, dass sich das Ganglion spontan wieder ganz oder zeitweise zurückbildet.
Dringend abzuraten ist von einer Selbsttherapie, welche unter dem Begriff "Bibel- oder Hammer-Therapie" im Internet kursiert und der Vorzeit entspricht. Hierbei wird durch einen kräftigen Schlag auf das Ganglion dieses zerschmettert.
Hält sich ein Ganglion hartnäckig, bereitet es Probleme – zum Beispiel durch Druck auf Nerven oder Gefäße – oder stört es ästhetisch, kann es durch verschiedene Operationsmethoden entfernt werden.
- Punktion und Absaugen der Flüssigkeit:
Der Arzt kann ein Ganglion mit einer Hohlnadel anstechen und die Flüssigkeit absaugen. Anschließend kann er Kortison oder andere Medikamente in den Zystenhohlraum spritzen. Diese Wirkstoffe sollen verhindern, dass das Ganglion erneut auftritt. Allerdings kommt es nach dieser Methode häufig zu einer erneuten Füllung des Ganglions, zudem können durch dieses Verfahren Keime eingeschleppt werden, so dass die operative Entfernung die Therapie der Wahl darstellt.
- offene chirurgische Entfernung (Resektion):
Diese Operationen sind in der Regel in einer örtlichen Betäubung oder bei gezielter Betäubung des Armes (Regionalanästhesie des Armes) möglich. Damit der Operateur bestmögliche Sicht auf das Operationsgebiet hat, erfolgt der Eingriff unter Blutleere in der Hand. Die Rückfallrate nach diesen Operationen liegt bei bis zu zehn Prozent.
- Arthroskopische Entfernung:
Hierbei wird das Ganglion über vier kleinere Hautschnitte mithilfe der Arthroskopie (Gelenkspiegelung) entfernt. Dieses Verfahren kommt vor allem bei Handgelenksganglien der Streckseite zum Einsatz.
Die Rezidivraten (Wiederauftreten eines Ganglions) gelten bei beiden Verfahren mit circa 10 bis 20 Prozent als vergleichbar.
Nachbehandlung:
In den meisten Fällen kann man das Handgelenk nach der Operation gleich wieder bewegen. Nur nach der Entfernung von sehr großen Ganglien oder nach sehr ausgedehnten Eingriffen wird das betroffene Gelenk möglicherweise vorübergehend mit einer Unterarmgipsschiene ruhiggestellt.
Der Patient sollte die Hand in jedem Fall schonen, bis die Wundheilung abgeschlossen und das Nahtmaterial nach etwa 7 bis 10 Tagen entfernt worden ist. Danach kann eine krankengymnastische Übungsbehandlung notwendig sein, um die volle Beweglichkeit des Handgelenks wiederherzustellen.
Risiken:
Nach einer operativen Entfernung kann es zu einer Bewegungseinschränkung im Gelenk und zu Schmerzen kommen. Vor allem bei beugeseitigen Handgelenksganglien besteht die Gefahr, dass die benachbarte Arterie (Radialarterie) verletzt wird. Bei Operationen von Mucoidzysten können Hautdefekte entstehen, die durch Haut- oder Gewebetransplantation behandelt werden müssen.
Prognose: Kommen Ganglien wieder?
Ganglien können erneut auftreten und gelten als recht rezidivfreudig. Die Rückfallrate ist unter anderem von der Art des Ganglions und vom Behandlungsverfahren abhängig.

Dr. med. Michael Ruggaber
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Beratender Experte: Dr. med. Michael Ruggaber
Dr. Michael Ruggaber ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie sowie Handchirurgie. Er ist Leiter dieser Bereiche am Campus Bodensee - Friedrichshafen und Tettnang.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.