Sehnenscheidenentzündung: Ursachen, Beschwerden, Behandlung
Was ist eine Sehnenscheidenentzündung?
Mediziner sprechen von einer Sehnenscheidenentzündung oder Tendovaginitis, wenn die Hülle, die eine Sehne umgibt, gereizt und entzündet ist. Sehnen verbinden die Muskeln mit den Knochen und verlaufen an den Stellen, an denen sie einer besonderen Belastung und Reibung ausgesetzt sind, innerhalb von Sehnenscheiden. Die Sehnenscheiden verhindern, dass sich die Sehnen zu sehr abnutzen beziehungsweise zu sehr reiben. Im Inneren dieser Schutzhülle befindet sich eine der Gelenkschmiere ähnliche Synovialflüssigkeit, durch die die Sehne hin und her gleiten kann.
Besondere Formen der Tendovaginits:
- Tendovaginitis stenosans, auch Schnappfinger oder schnellender Finger (Digitus saltans) genannt
- Tendovaginitis stenosans de Quervain (Erklärung bei Tendovaginitis stenosans, weiter unten im Text): Sehnenscheidenentzündung der an der Streckung und Abspreizung beteiligten Sehnen auf Höhe des Handgelenkes mit Zug am Daumen. Das Strecken und Spreizen des Daumens bereitet Schmerzen und fällt zunehmend schwerer. Zugleich treten auch Beschwerden am Handgelenk auf.
- Karpaltunnelsyndorm. Hervorgerufen durch eine Enge im Handgelenk, typischerweise mit Schmerzen und Kribbeln von Daumen bis Mittelfinger, zunächst vor allem nachts
Ursachen der Sehenscheidenentzündung
Normalerweise gleiten die Sehnen, zum Beispiel im Bereich des Handgelenks oder der Finger, durch die sie umgebenden Sehnenscheiden hindurch. Werden die Sehnen übermäßig gefordert, können sie an der Innenseite der Sehnenscheide reiben. Durch diese Reibung kommt es zum Anschwellen der Sehnenscheide, und der Kanal, durch welchen die Sehnen gleiten, wird in Relation enger. Dadurch erhöht sich die Reibung noch mehr, es kommt zu einem Teufelskreis. Sportarten wie Tennis, Golfen oder Klettern können beispielsweise dazu führen, dass die Sehnen im Bereich des Handgelenks oder der Schulter überlastet werden. Sie gehören zu den typischen Auslösern einer Sehnenscheidenentzündung. Andere häufige Beispiele sind Renovierungsarbeiten im Haus, ein Umzug oder Arbeiten, die der Körper nicht gewohnt ist – etwa mit Gartengeräten.
Bei den oben beschriebenen Tätigkeiten findet sich also eine Überlastung als Auslöser der Sehnenscheidenentzündung. Dabei müssen es nicht immer besondere Belastungen sein die zu einer Sehnenscheidenentzündung führen. Häufig kommt es durch wiederholte monotone Tätigkeiten zu einer Überlastung der Sehnen zum Beispiel durch langes Arbeiten am PC. Gefährdete Berufsgruppen sind auch Gärtner, Bauarbeiter, Musiker oder Masseure. In seltenen Fällen kann dies sogar als Berufserkrankung anerkannt werden.
Daneben gibt es auch nicht-mechanische Ursachen für eine Sehnenscheidenentzündung wie zum Beispiel die Rheumatoide Arthritis oder hormonelle Ursachen (Menopause, Kontrazeptiva, Schwangerschaft). In der Schwangerschaft kann es aufgrund von vermehrter Flüssigkeitseinlagerung zur Verengung der Sehnendurchtrittsstellen kommen, die Beschwerden verursachen. Einige Zeit nach der Entbindung verschwinden diese dann meistens wieder.
In seltenen Fällen können auch bakterielle Infekte im Rahmen von vorherigen Verletzungen oder vorheriger Erkrankung, wie zum Beispiel einer Borreliose, eine Sehnenscheidenentzündung auslösen. Die Unterscheidung zwischen infektiöser und nicht-infektiöser Sehnenscheidenentzündung ist aufgrund der unterschiedlichen Behandlung wichtig.
Symptome der Sehnenscheidenentzündung
Starke Schmerzen, die an der betroffenen Sehne auftreten, weisen auf eine Sehnenscheidenentzündung hin. So schmerzt beispielsweise das Handgelenk oder die Achillessehnenregion bei jeder Bewegung. Bei einer Sehnenscheidenentzündung im Handgelenksbereich schmerzt das Gelenk vor allem, wenn der Patient es nach oben in Richtung Unterarm bewegt. Später kann die Stelle auch in Ruhe oder nachts schmerzen. Außerdem kann sich der Bereich erwärmen, röten, verhärten und anschwellen. Manchmal kommt es zu knirschenden Reibungsgeräuschen (Schneeballknirschen), die beim Bewegen der Sehnen hörbar sind (besonders am Unterarm).
Diagnose der Sehnenscheidenentzündung
Der Arzt fragt zunächst nach den genauen Beschwerden und tastet die schmerzende Stelle ab. Danach führt er einige Bewegungstests durch, anhand derer er meist schnell auf eine Sehnenscheidenentzündung schließen kann. Ist die Diagnose nach wie vor unklar, kann eine Ultraschall-Untersuchung weiterhelfen. Da die Knochen nicht betroffen sind, ist eine Röntgenuntersuchung nicht angezeigt, höchstens zum Auschluss von anderen Krankheiten, wenn die übliche Therapie nicht anspricht. Die hochgradig auflösende Magnetresonantomografie (MRT) ist heute in der Lage den Entzündungsbereich genau darzustellen.
Vermutet der Arzt, dass die Entzündung durch eine rheumatische Erkrankung ausgelöst wurde, nimmt er Blut ab und veranlasst entsprechende Laboruntersuchungen.
Therapie der Sehnenscheidenentzündung
Ruhigstellung
Zunächst sollte die betroffene Region geschont und die auslösende Tätigkeit eingestellt werden. Unterstützend kann die Region durch Schienen ruhiggestellt werden.
Kühlen
Kühlen ist angezeigt, wenn der schmerzende Bereich angeschwollen, gerötet und warm ist. Bei akuten Schmerzen kann so eine Linderung erreicht werden. Eine Kühlung kann stündlich wiederholt werden, aber Kühlkompressen bitte immer nur kurz und nie direkt aus dem Eisfach auf die Haut legen, sondern mit einem Tuch umwickeln, um Kälteschäden an der Haut zu vermeiden.
Medikamente
Zusätzlich können Patienten eine schmerz- und entzündungshemmende Creme auftragen oder – wenn nötig – auch Tabletten einnehmen. (Beipackzettel beachten oder in der Apotheke dazu beraten lassen!)
Darüber hinaus kann ein erfahrener Arzt Kortison zusammen mit einem örtlich betäubenden Mittel (Lokalanästhetikum) in die entzündete Region beziehungsweise um die Sehnenscheide herum einspritzen. Dabei ist vom Arzt streng darauf zu achten, dass eine Injektion nur um die Sehne herum (peritendinöse Region) erfolgt und nie in die Sehne selbst, da dies der Sehne schaden würde. Kortison kann den entzündlichen Prozess unterbrechen – viel schneller als jede andere Maßnahme. Vorher sollte ein Gespräch zwischen Arzt und Patient stattfinden, um über die möglichen Risiken aufzuklären.
Operation
Bei chronischen und nicht auf die oben genannten Maßnahmen ansprechenden Sehnenscheidenentzündungen kommt unter Umständen eine Operation in Betracht. Dabei wird die verengte Stelle an der Sehnenscheide aufgespalten und so entlastet.
Tritt eine Tendovaginitis als Begleiterscheinung einer rheumatoiden Arthritis auf, richtet sich die Therapie nach der Grunderkrankung.
Video: Was tun bei einer Sehnenscheidenentzündung?
Wie kann man einer Sehnenscheidenentzündung vorbeugen?
Prinzipiell sollten bereits bei den geringsten Beschwerdeanzeichen durch Lockerung der überanstrengten Muskeln und Dehnungsübungen der betroffenen Sehnen einer Überlastung entgegengewirkt werden. Auch regelmäßige Pausen und Wechsel der monotonen Tätigkeit gehören zum Vorbeugen dazu.
Hier ein paar weitere Tipps, wie Sie Finger und Handgelenke bei der Arbeit am PC schonen:
- Stützen Sie die Handballen vor der Tastatur auf, das entlastet die Handgelenke
- Spezielle Polster vor der Tastatur helfen zusätzlich
- Die Tastatur sollte möglichst flach sein, damit Sie die Handgelenke nicht zu stark anwinkeln müssen
- Bewegen Sie die Handgelenke zwischendurch immer mal hin und her oder dehnen Sie sie etwas
- Benutzen Sie eine ergonomisch geformte Maus
- Verwenden Sie statt des "Mausfingers" zur Abwechslung eine Tastenkombination, um einen Befehl am PC auszuführen. So bekommt der Zeigefinger ein wenig Ruhe
- Arbeiten Sie, wenn möglich, nicht die ganze Zeit an einem Notebook. Da beanspruchen Sie ihre Hände und Arme besonders einseitig
- Überprüfen Sie Ihre Sitzposition und wechseln Sie diese regelmäßig
Bei Sportarten, bei denen ein Schläger benutzt wird, wie zum Beispiel Tennis kann eine Stützbandage vorbeugend wirken.
Bei Musikern kann eine Änderung der Haltung und der Besaitung des Musikistrumentes hilfreich sein.
Bei Handwerkern kann zum Beispiel durch das Benutzen ergonomisch geformter Werkzeuge einer Sehenenscheidenentzündung vorgebeugt werden.
Beratender Experte
Dr. med. Martin Talke ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Rheumatologie mit Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Physikalische Therapie. Von 1980 bis 2012 war er in eigener orthopädischer Praxis in Berlin tätig. Seit 2013 ist er in einem Medizinischen Versorgungszentrum in Berlin tätig.
Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.