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Es kommt leider immer noch vor, dass Menschen mit Diabetes stigmatisiert werden, sagt Susan Clever, Fachpsychologin mit Schwerpunkt Diabetes bei der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Die Vorurteile unterscheiden sich dabei nach Typ des Diabetes.

Wenn das Verständnis für die Erkrankung fehlt

Erkrankten mit Typ 1 werde manchmal etwa erklärt, dass sie ihren Diabetes nicht richtig behandeln lassen würden. „Es herrscht die Vorstellung, man könne die Krankheit wie einen Apparat einstellen“, sagt Clever. Eltern von Kindern mit Typ 1 müssen sich zudem anhören, dass sie ihrem Nachwuchs zu viele Süßigkeiten gegeben hätten. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Durch manche „Coming-outs“ von Spitzensportlern — wie dem Tennisspieler Alexander Zve­rev — sehen mehr Leute, dass auch mit Diabetes Höchstleistungen möglich sind.

Menschen mit Typ 2 machen andere Erfahrungen: „Den Erkrankten wird etwa vorgeworfen, dass sie faul und undiszipliniert und deshalb selbst schuld an ihrem Diabetes seien“, so Clever. „Dabei stehen viele von ihnen mitten im Leben mit vielen Anforderungen.“ Die Folge: psychischer Stress.

Die Krankheit im Alltag nicht verstecken

Wie offen Sie mit dem Diabetes umgehen, ist eine individuelle Entscheidung. Lassen Sie doofe, abwertende Kommentare bloß nicht an sich herankommen. Fachpsychologin Clever meint: „Je mehr Leute offen Blutzucker messen oder einen Sensor tragen, desto normaler wird Diabetes in der Gesellschaft. Das kann helfen, Vorurteile abzubauen.

Man sieht: Menschen mit Diabetes sind nicht zwingend schwer krank, sondern mitten im Leben.“ Wichtig: Im Freundeskreis, am Arbeitsplatz oder bei Veranstaltungen wie Wanderungen sollten Sie vertrauenswürdige Personen über Ihren Diabetes informieren. Erklären Sie, was hinter der Krankheit steckt und was im Notfall — etwa bei Unterzucker — zu tun ist.

Diabetes im Job: Erstmal herantasten!

„Im Arbeitsleben kann Diabetes ein Nachteil sein.“ Das sagt Dr. Wolfgang Wagener, Vorsitzender des Ausschusses Soziales bei der DDG. Darum sollten Sie mit Ihrer Krankheit hier eventuell etwas zurückhaltend sein.

Zwar kann man Diabetes heute gut kontrollieren. Dennoch berichten Betroffene manchmal, dass ihnen wegen ihrer Erkrankung eine Ausbildung oder ein Arbeitsplatz verwehrt wurde. „Manche Arbeit­geber fürchten, dass Menschen mit Diabetes häufiger krank oder weniger zuverlässig seien“, sagt Wagener. Überlegen Sie es sich zudem gut, falls der Arbeitgeber auf den Antrag eines Schwerbehindertenausweises besteht. „Es gibt einige Vorteile“, sagt Wagener. „Aber ich glaube, die Nachteile überwiegen. Etwa mögliche Stigmatisierung wegen einer Behinderung.“

Für erkrankte Kinder ist Fingerspitzengefühl gefragt

Die Experten haben spezielle Ratschläge für Eltern von Kindern mit Diabetes: Wolfgang Wagener empfiehlt, besser nicht in sozialen Netzwerken über die Krankheit zu berichten. „Social Media ist auch für Arbeitgeber einsehbar“, sagt er. „Da das Internet nicht vergisst, könnte sich ein Beitrag später negativ auf die Karriere des Kindes auswirken.“

Ausnahmen seien geschlossene Gruppen, in denen sich Eltern zum Diabetes austauschen. Sobald das Kind dazu fähig ist, sollten Eltern es in die Kommunikation miteinbinden. Das kann schon in der Grundschule der Fall sein. „Je älter das Kind ist, desto mehr sollte man mit ihm abgleichen, was man über dessen Diabetes veröffentlicht“, sagt Fachpsychologin Susan Clever. So lernt der Nachwuchs, Verantwortung zu übernehmen und Stück für Stück selbst gut mit der Krankheit zurechtzukommen.

Clever rät, in Kita, Grundschule und Vereinen Aufsichtspersonen über den Diabetes und den Umgang damit aufzuklären. Hier machen Eltern sehr unterschiedliche Erfahrungen: Manche Betreuer sind sehr wissbegierig und hilfsbereit. Manche haben auch Berührungsängste oder komische Vorstellungen. Ganz wichtig jetzt: Die Personen da abholen, wo sie stehen, Ängste nehmen und wieder und wieder erklären.

Krank Chronisch

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Quellen:

  • Clever S: WDT 2022: Vortrag Susan Clever zum Thema "Warum Ihr Arzt Sie nicht zu einem besseren Diabetes-Management motivieren kann". diabetesde.org: https://www.diabetesde.org/... (Abgerufen am 13.09.2023)
  • Clever S: Diabetes und Burnout - woher die Kraft nehmen? -. diabetesde.org: https://www.diabetesde.org/... (Abgerufen am 13.09.2023)