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Ihre Stimme zählt: Am Sonntag, den 9. Juni 2024, wird in Deutschland über die künftige Zusammensetzung des Europäischen Parlaments abgestimmt. Neben anderen großen Themen der Europäischen Union (EU) wie der Klima- oder Asylpolitik geht es bei der Europa-Wahl auch um das Thema Gesundheit. Laut einer Umfrage sehen EU-Bürgerinnen und -Bürger Public Health, also die Gesundheit der Bevölkerung, als eines der Probleme, das am dringendsten angegangen werden sollte[1].

Die Gesundheitspolitik liegt zu einem großen Teil in den Händen der Nationalstaaten der EU. Die Europäische Union unterstützt jedoch die einzelnen Mitgliedstaaten – etwa mit Richtlinien oder finanzieller Unterstützung. Eine Reihe Beispiele zeigt, wie die Entscheidungen der EU einen Einfluss auf unsere Gesundheitsversorgung vor Ort haben.

Grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren

Spätestens seit der Corona-Pandemie haben wir eine Vorstellung davon, wieso Gesundheitspolitik nicht nur in den Grenzen von Nationalstaaten verhandelt werden kann. Im Fall von grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren wie einer Pandemie koordiniert die EU das Risiko- und Krisenmanagement der Mitgliedstaaten.

Hierbei geht es zum Beispiel darum, Gesundheitsgefahren zu beobachten und frühzeitig zu melden, sowie um ihre Vorsorge und Bewältigung. Die einzelnen EU-Staaten können sich in diesem Zusammenhang auch unabhängig und wissenschaftlich vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) beraten lassen.

Arzneimittel und Medizinprodukte

Ob ein Arzneimittel für den Markt zugelassen wird, entscheiden verschiedene Behörden – teils auch nationale, etwa wenn ein Medikment bereits in einem anderen EU-Land zugelassen wurde. In vielen Fällen muss aber die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) in einem zentralisierten Verfahren über die Zulassung entscheiden. Das ist zum Beispiel der Fall bei Arzneimitteln für seltene Leiden oder Mittel mit neuen Wirkstoffen zur Behandlung von Krebs, neurodegenerativen Erkrankungen, Diabetes, erworbenem Immundefizienz-Syndrom, Viruserkrankungen, Autoimmunerkrankungen und anderen Immunschwächen.[2]

Die EU beschäftigt sich außerdem mit dem Thema Lieferengpässe. Sie sieht vor, dass Mitgliedsstaaten im Fall von Arzneimittelknappheit einander aushelfen. Ähnlich wie bei der Beschaffung der Corona-Impfstoffe ermutigt die EU-Kommission weiter dazu, dass EU-Länder sich auch andere Arzneimittel gemeinsam kaufen. Außerdem hat die EU eine Liste unverzichtbarer Arzneimittel erstellt. Vor allem bei den dort gelisteteten Medikamenten sind Engpässe zu vermeiden, da es für sie keine Alternativen gibt und ein Mangel für Patientinnen und Patienten gefährlich werden könnte.[3] Für diese Arzneien sollen andere Lösungen gegen den Mangel erarbeitet werden.

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Die neue Arzneimittelstrategie der EU

Die Europäische Kommission hat kürzlich eine Pharmastrategie vorgelegt. Warum sie wichtig ist, zeigt auch die Coronakrise. Die Kernpunkte im Überblick zum Artikel

Gesundheitsförderung und Bekämpfung von Krankheiten

Die EU erarbeitet eine Reihe von Themen zur Gesundheitsförderung und Bekämpfung von Krankheiten. Zwei Beispiele:

Krebs

Die Europäische Union nennt Krebs als eine ihrer Prioritäten in Sachen Gesundheitspolitik. Darum entwickelte sie „Europas Plan gegen den Krebs“, ein Maßnahmenpaket in Höhe von 4 Milliarden Euro. Mit zehn Leitinitiativen soll die Zahl der von Krebs betroffenen reduziert werden.

So soll unter anderem für einen gleichberechtigten Zugang zu Diagnostik und Behandlung, etwa zu Arzneimitteln, gesorgt werden. Denn davon konnte bislang nicht die Rede sein: Derzeit unterscheidet sich die Rate der Brustkrebs-Überlebenden in den Mitgliedsstaaten um bis zu 20 Prozent.

Auch Vorsorge spielt eine große Rolle. Einer Empfehlung vom Januar dieses Jahres zufolge sollen die Zahlen der Impfungen gegen Humane Papillomviren (HPV), verantwortlich für Gebärmutterhalskrebs, und gegen das Hepatitis-B-Virus (HBV) gesteigert werden. Auch Früherkennungsuntersuchungen können Leben retten. Doch in den einzelnen Ländern schwanken die Zahlen der Krebsgefährdeten, die Vorsorge bekommen, stark. Bei Brustkrebs liegen sie je nach Land zwischen sechs und 90 Prozent. Bei Gebärmutterhalskrebs zwischen 25 und 80 Prozent.[4]

Tabak

Tabakkonsum ist mit knapp 700 000 Todesfällen pro Jahr die Hauptursache für vorzeitige Todesfälle in der EU. Dabei wären gerade diese Tode vermeidbar.

Bereits seit 2014 gibt es die Richtlinie für Tabakerzeugnisse der EU. Man kennt sie etwa durch die seither verpflichtende Angabe gesundheitsrelevanter Warnhinweise in Kombination mit den sogenannten Schockbildern auf Zigaretten- und Tabakpackungen. Zu der Regulierung gehört etwa auch das Verbot verkaufsfördernder und irreführender Elemente auf den Packungen. Hersteller sind seither auch verpflichtet, neuartige Tabakprodukte erst den EU-Ländern zu melden, bevor sie sie auf den Markt bringen.[5]

Ein weiterer Ansatzpunkt der EU ist die Richtlinie zur Besteuerung von Tabakwaren, um den Konsum – besonders unter jungen Leuten – zu verringern. Außerdem eine Empfehlung des Europarats an die Mitgliedstaaten zu rauchfreien Umgebungen, um Menschen vor Passivrauch zu schützen.

Patientenrechte über Grenzen hinweg

Das EU-Recht besagt, dass alle Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedsstaaten Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung haben – also auch, wenn sie nicht zuhause, sondern im EU-Ausland sind. Dazu gehört auch der Anspruch auf Kostenerstattung von Behandlungen im EU-Ausland.

Die Europäische Union legt außerdem fest, unter welchen Bedingungen Patientinnen und Patienten bewusst ins EU-Ausland gehen können, um sich dort medizinischen Behandlungen zu unterziehen und in welchem Fall sie hierbei die Kosten erstattet bekommen.

Europäischer Gesundheitsdatenraum (EHDS)

Der Europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) ist eine Idee, auf die sich die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam mit dem EU-Parlament und der Europäischen Kommission geeinigt haben. Der EHDS soll zum Beispiel möglich machen, dass Patientinnen und Patienten Rechtsanspruch auf und einfachen Zugang zu ihren Gesundheitsdaten, etwa Röntgenbilder, in elektronischer Form haben.

Dank EHDS sollen Gesundheitsdaten außerdem – datenschutzkonform – europaweit für die medizinische Forschung genutzt werden können.[6] Das kann etwa in der Krebsforschung von Nutzen sein. Denn ohne die Teilnahme von Krebspatientinnen und -patienten an klinischen Studien kann die medizinische Versorgung nicht weiter verbessert werden.

Elektronische Gesundheitsdienste (eHealth)

Ein Ziel der Europäischen Kommission ist, digitale Gesundheitsvorsorge und Pflege auszubauen. Als eine Maßnahme wird seit 2019 eine digitale eHealth-Dienste-Infrastruktur aufgebaut. So sollen etwa Patientenakten und elektronische Rezepte auch länderübergreifend ausgetauscht werden können.

Außerdem ausgebaut werden innovative Versorgungsmodelle wie etwa Telemedizin. So will man der steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen gerechter werden und Versorgung individueller und patientenorientierter gestalten.[7]


Quellen: