Logo der Apotheken Umschau

Je länger die Tour, desto unangenehmer wird es: Der Po schmerzt, der Nacken wird steif, die Finger kribbeln. Vehement meldet der Körper dem Gehirn: Ändere etwas an der Situation! Instinktiv setzt man sich anders hin, versucht, die Gliedmaßen zu lockern oder macht eine Pause. Radeln soll schließlich Spaß machen.

Gute Einstellung: Radeln hält fit – die richtige Position auf dem Sattel vorausgesetzt

Gute Einstellung: Radeln hält fit – die richtige Position auf dem Sattel vorausgesetzt

Studien zeigen, dass zwischen 50 und 90 Prozent aller Radfahrer solche Probleme kennen. "Am häufigsten schmerzt das Gesäß", sagt Dr. Achim Schmidt, Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule Köln und selbst Rennradsportler sowie Mountainbiker. Am zweithäufigsten klagen Radler laut Schmidt über Schmerzen in Nacken und Händen, danach folgen Knieprobleme.

Überanspruchte Muskeln

Po und Intimbereich sind so oft betroffen, weil darauf – je nach Radtyp – ein Großteil des Körpergewichts lastet. Auf das Gewebe wird viel Druck ausgeübt. Die vergleichsweise statische Körperhaltung auf dem Sattel tut ihr Übriges. Melden sich Beine, Rücken, Nacken oder Schulter, seien dafür zumeist überbeanspruchte Muskeln verantwortlich, weiß Radexperte Schmidt. Gerade auf einer größeren Tour bringt die Muskulatur viele Radler an ihre Belastungsgrenze. Die Folge: Die Muskeln ermüden, fangen an zu brennen und verkrampfen sich.

Schleicht sich ein taubes Gefühl in die Finger, lastet vermutlich ein zu großer Druck auf der Handinnenfläche oder das Handgelenk liegt ungünstig auf dem Lenker. "Dadurch werden Nerven eingeklemmt, was zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen führt", erklärt Schmidt. Neben zu viel Druck oder überlasteten Muskeln kommen auch Krankheiten, zum Beispiel eine Kniearthrose oder ein Bandscheibenvorfall, als Schmerzauslöser infrage.

Wenn keine Krankheit dahinter steckt, ist vielleicht einfach zu wenig Training schuld an den Beschwerden. Oder ist das Rad nicht richtig eingestellt? Beides kann eine Rolle spielen. "Je seltener man radelt, desto untrainierter ist der Körper und desto eher stellen sich Schmerzen ein", sagt Schmidt. "Vielfach liegt es aber auch an einer falschen Sattelhöhe, einer ungünstigen Sitzposition oder einem zu hohen Lenker", erläutert René Filippek vom Allgemeinen Deutschen-Fahrradclub (ADFC). Wer zu niedrig sitzt, belastet die Knie stark. Ist der Sattel zu hoch, lastet laut dem Experten mehr Druck auf dem Gesäß. Ist der Abstand zwischen Sattel und Lenker zu groß, sind zwangsläufig die Arme durchgestreckt. Dann übern sie viel Druck auf die Hände aus. Ein krummer Rücken belastet die Wirbelsäule, was wiederum Rückenschmerzen hervorrufen kann.

Wie Sie richtig auf dem Rad sitzen

Die richtige Position hängt vom Radtyp, von seiner Geometrie ab. Laut Sportwissenschaftler Schmidt sind Trekkingräder am beliebtesten. Darauf sitzt der Fahrer idealerweise mit einem nach vorne geneigten Oberkörper und geradem Rücken. Die Arme beugt er im Ellbogen leicht, das Handgelenk hält er möglichst in Verlängerung der Unterarme, knickt es also nicht zu stark ab. Die Pedale werden mit den Fußballen getreten, nicht mit dem Mittelfuß oder der Ferse. Die Beine sind beim Durchtreten des Pedals leicht angewinkelt, nicht ganz gestreckt. Das Knie sollte bei waagrechter Position der Pedale senkrecht über der Pedalachse stehen.

Auch für andere Radtypen gelten diese Ratschläge ganz ähnlich. Die Position auf einem Hollandrad zum Beispiel ist aufrechter. Fans des Rad-Klassikers sollten auch hier darauf achten, nicht zusammenzusacken und den Rücken rund zu machen, sondern möglichst gerade zu sitzen. Mountainbike- oder Rennrad-Fahrer müssen sich zwangsläufig weiter nach vorne beugen. Hier gilt ebenfalls: Rücken gerade halten, nicht krümmen.

Sattelhöhe, Sitzposition, Lenker: Das Rad richtig einstellen

Um optimal und möglichst schmerzfrei auf dem Rad zu sitzen, sollten Sie folgende Einstellungen am Fahrrad überprüfen:

Sattelhöhe: Setzen Sie sich auf das Rad und lehnen sich an eine Wand oder lassen Sie es von einem Helfer festhalten, damit Sie nicht das Gleichgewicht verlieren. Bewegen Sie ein Pedal ganz nach unten und setzen den Fuß mit der Ferse darauf. Ist das Bein in dieser Position gerade und das Knie durchgestreckt, passt die Sattelhöhe. Treten Sie, wie normalerweise, mit dem Ballen auf das Pedal, ist das Knie leicht gebeugt.

Sattelposition: Wieder das Rad stabilisieren. Pedale in eine waagrechte Position bringen, sodass sie sich auf gleicher Höhe befinden. Mit den Fußballen auf die Pedale treten. Die Kniescheibe des vorderen Beins sollte sich im Idealfall auf derselben Höhe wie die Pedalachse befinden, also an der Stelle, an der die Pedale an der Tretkurbel befestigt sind. Müssen Sie das Knie in dieser Stellung stärker nach vorne beugen, dann befindet sich der Sattel zu weit vorne. Ist das Knie hinter der Pedalachse, sitzt der Sattel zu weit hinten.

Lenker: Umgreifen Sie den Lenker so, dass der Übergang zwischen Unterarm und Hand annähernd gerade ist, dass Sie also das Handgelenk nicht zu sehr abknicken müssen. Außerdem sollten die Arme leicht gebeugt sein. Müssen Sie diese durchstrecken, um an den Lenker zu gelangen, liegt das vielleicht an einer falschen Sattel- oder Lenkerhöhe.
Wichtig: "Verstellen Sie nicht alles auf einmal, sondern zunächst nur die Sattelhöhe oder -position", empfiehlt Filippek. So können Sie austesten, ob eine neue Einstellung womöglich die Beschwerden behebt.

Radfahren trotz Kniearthrose?

  • Ebene Strecken und leichte Gänge wählen. Gut für den Knorpel im Gelenk, meint Orthopäde Professor Sven Ostermeier von der Gelenk-Klinik Gundelfingen. „Bei leichteren Gängen bleibt der Knorpel geschmeidig – durch die Bewegung wird Gelenkflüssigkeit in ihn gepumpt. So wird er geschmiert“, sagt Ostermeier
  • Die korrekte Sattelposition ist für Menschen mit Kniearthrose besonders wichtig: Ist der Sattel zu tief eingestellt, sind die Knie beim Treten zu stark gebeugt. Sie werden dadurch unnötig stark belastet. Die richtige Sitzhöhe kann man auch im Fachgeschäft einstellen lassen. Am genauesten geht das mit einem Winkelmesser, Goniometer genannt.
  • E-Bikes sorgen mit ihrem Elektromotor für Rückenwind. Anstiege aber auch Fahrten in der Eebene fallen leichter und lassen sich mit weniger Kraft bewältigen – eine gute Alternative für Menschen, die in hügeligen Regionen wohnen, oder dort gerne unterwegs sind.
  • Bei einer Arthritis, einer Entzündung im Gelenk, sollte man besser nicht aufs Rad - dann ist eher Schonung fürs Knie angesagt. Reden Sie auch mit Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin.

Welcher Satteltyp am besten zu Ihnen passt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. "Es gibt nicht den einen idealen Sattel", sagt auch Schmidt. Wer ein Hollandrad besitzt, bevorzugt meistens einen großen, gut gepolsterten Sattel. Schmale härtere Sättel verwenden eher sportliche Radler. Schmidt rät: "Testen Sie beim Fachhändler verschiedene Sättel aus und nehmen Sie den, mit dem Sie sich am wohlsten fühlen." Manche Händler ermöglichen es, den Sattel einige Tage auszuprobieren und dann – wenn er nicht passt – wieder zurückzugeben.

Schmerzen Po, Nacken oder Hände, auch wenn Sie richtig auf dem Rad sitzen, dann überprüfen Sie Ihr Rad-Outfit. Eine Radhose mit spezieller Polsterung dämpft den Druck auf das Gesäß. Wichtig: Keine Unterhose darunter anziehen, da es sonst zwischen den einzelnen Textilien reibt. Handschuhe mit Einlagen an den Handinnenseiten entlasten die Handflächen. Lenkerhörnchen, sogenannte Bar-Ends, ermöglichen es, den Lenker anders zu umfassen und Hände, Arme und Schultern zwischendurch zu entlasten.

Immer wieder die Sitzposition ändern

Radeln Sie außerdem dynamisch. Wechseln Sie öfter die Sitzposition, stehen Sie zwischendurch auf und drücken den Rücken durch, schütteln Sie die Arme aus. Wählen Sie kleinere statt zu große Gänge. Das entlastet die Kniegelenke und führt gleichzeitig zu einem größeren Trainingseffekt. Überhaupt gilt laut Sportwissenschaftler Schmidt: "Je öfter Sie Rad fahren, desto mehr gewöhnen sich Muskeln und Gewebe an die Belastung und desto weniger Probleme tauchen auf."

63639827_2b3aea486f.IRWUBPROD_4BB2.jpeg

E-Bike: Tipps für den Kauf

Jedes dritte neu gekaufte Fahrrad hat einen elektrischen Antrieb. Was Sie bei der Anschaffung beachten sollten zum Artikel

32340019_28fceae30d.IRWUBPROD_RJLV.jpeg

"Schadet Radfahren der Prostata?“

… fragt ein 70-jähriger Leser und begeisterter Radfahrer aus München. Als er gehört hat, Radfahren könne gefährlich für die Prostata sein, war er verunsichert. Was stimmt? zum Artikel