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Sehen, hören, spüren, riechen, schmecken - die Natur lädt uns ein, den Moment bewusst wahrzunehmen
Von Barbara Kandler-Schmitt,
Von Achtsamkeit hat heutzutage wohl jeder schon einmal etwas gehört. Doch was genau ist das überhaupt? „Achtsamkeit bedeutet, den gegenwärtigen Moment bewusst zu erleben und das, was in mir und um mich herum geschieht, akzeptierend und urteilsfrei wahrzunehmen“, erklärt Klaus- Dieter Moritz, Feldenkrais- und Meditationslehrer aus Würzburg.
Das Gute daran: Achtsamkeit kann man lernen – ohne Zeit in aufwendige Übungsprogramme zu investieren. Moritz: „Der Alltag bietet unzählige Gelegenheiten zum Üben.“
Ein erster Schritt: alle fünf Sinne benutzen. „Durch aufmerksames Hören, Spüren oder Riechen gelangen wir ganz in den gegenwärtigen Moment“, erläutert Moritz. Besonders leicht gelingt das draußen in der Natur. Eine Inspiration bieten die Übungen auf den folgenden Seiten.
Die positiven Auswirkungen einer achtsamen Lebensweise sind inzwischen wissenschaftlich belegt.
Gesünder und vieles mehr
Krankenkassen bezuschussen achtsamkeitsbasierte Kurse zur Stressreduktion, Therapeuten setzen die Methode bei chronischem Schmerz und Depressionen ein. „Wer achtsam lebt, lernt zudem, besser für sich zu sorgen, weil er wahrnimmt, was ihm nicht guttut“, sagt Moritz. Davon profitieren neben der Gesundheit auch Konzentration, Gelassenheit und Geduld.
Wege zu mehr Achtsamkeit im Alltag
Die ganze Aufmerksamkeit schenken: Dann eignet sich grundsätzlich alles, was uns im Alltag begegnet, als Achtsamkeitsübung.
Einfachstes Beispiel: innehalten und einige Male bewusst atmen.
Versuchen Sie zudem, immer nur eine Sache gleichzeitig zu tun und sich von nichts ablenken zu lassen.
Eine bewusstere Wahrnehmung stellt sich ein, wenn Routinen gebrochen werden. Putzen Sie sich etwa mit der anderen Hand die Zähne als sonst.
Zu einer achtsamen Lebensweise gehört Entschleunigung. Ändern Sie einmal am Tag Ihren Bewegungsrhythmus – zum Beispiel, indem Sie auf einer Treppe langsamer gehen als sonst.
Nutzen Sie Tätigkeiten als Anker, der Sie in eine achtsame Haltung zurückbringt – etwa der erste Kaffee am Morgen. Anfangs kann die Erinnerungsfunktion des Handys dabei helfen.
Bewerten Sie nicht, was Sie wahrnehmen. Alles darf sein, wie es ist. Bei der Stressbewältigung mit Achtsamkeit darf kein neuer Stress entstehen.
Wählen Sie jeden Tag einen anderen Sinn, an den Sie Ihre Achtsamkeit koppeln. Anregungen finden Sie hier.
Sehen
Betrachten Sie beim nächsten Spaziergang ganz bewusst Ihre Umgebung. Lassen Sie alles auf sich wirken, was um Sie herum passiert. Was ist nah, was weiter weg? Welche Farben sehen Sie? Wie sieht der Himmel aus? Was fesselt Ihre Aufmerksamkeit stark?
Nehmen Sie nun ein Objekt, das Ihnen spontan ins Auge sticht – ein Blatt, einen Stein oder ein Schneckenhaus. Betrachten Sie den Gegenstand von allen Seiten. Welche Details nehmen Sie wahr? Welche Muster und Strukturen? Welche Linien, Farben und Formen?
Ziehen Sie Vergleiche, zum Beispiel zwischen den Farben verschiedener Blätter. Hell oder dunkel? Moos oder Tanne? Welche verschiedenen Töne sehen Sie?
Fühlen
Erforschen Sie Ihre Umgebung mit der Haut. Gehen Sie barfuß über eine Wiese oder den Strand entlang. Wie fühlt sich der Boden an? Warm oder kühl, weich oder steinig, feucht oder trocken?
Ertasten Sie nun etwas – zum Beispiel eine raue Baumrinde oder einen glatten Stein. „Achten Sie auch auf die Qualität der Berührung“, rät Moritz. „Es macht einen großen Unterschied, ob ich etwas bewusst berühre oder nur nebenbei.“ Welche Strukturen und Unebenheiten spüren Sie beim Betasten eines Objekts?
Zuletzt schließen Sie die Augen und lassen die Effekte der Umgebung auf sich wirken. Was spüren Sie auf der Haut? Wärme, Wind oder vielleicht das Kitzeln einer Haarsträhne?
Hören
Vogelgezwitscher, Blätterrascheln, das Brummen einer Hummel – schließen Sie die Augen, und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Geräusche ringsum. Was hören Sie? Woher kommen die Geräusche? Welche sind nah, welche weiter entfernt?
„Versuchen Sie nicht, die Geräusche zu benennen und zu bewerten“, rät Klaus-Dieter Moritz.Überlegen Sie sich aber trotzdem: An welchem Geräusch bleiben Sie hängen, und was löst es in Ihnen aus?
Geben Sie auch der Stille einen Raum, etwa beim Spaziergang durch den Wald. „Das bringt uns ganz in die Wahrnehmung, und die Gedanken treten in den Hintergrund“, sagt Moritz. Gibt es Lücken zwischen den Geräuschen? Was bewirkt Stille in Ihnen?
Pflücken Sie unterwegs ein paar Beeren, und lassen Sie diese auf Ihrer Zunge zergehen. Spüren Sie dem Geschmack nach, und ertasten Sie Form und Beschaffenheit mit der Zunge. „Das geht mit allem, was wir zu uns nehmen“, betont Moritz. Schmeckt die Frucht süß oder sauer, herb oder fruchtig? Wie fühlt sie sich im Mund an?
Auch Wasser schmeckt nicht immer gleich: Nehmen Sie einen Schluck aus einer Flasche oder einer Trinkwasserquelle, und behalten Sie ihn eine Weile im Mund. Ist die Flüssigkeit kühl oder lauwarm, still oder prickelnd? Schmeckt das Wasser eher süßlich oder leicht salzig?
Riechen
Gerade jetzt im Sommer ist die Luft voller Düfte. Achten Sie beim nächsten Spaziergang ganz bewusst darauf. Wonach riecht der Wald? Nach Holz, Erde oder Gras? Würzig oder modrig?
Pflücken Sie Kräuter oder Blüten, und schnuppern Sie daran. Tipp: Das Aroma intensiviert sich, wenn Sie die Blätter zwischen den Fingern zerreiben. Duftet es leicht oder intensiv? Schwer oder erfrischend?
„Der Geruchssinn ist intensiv mit den Gefühlen verknüpft“, sagt Moritz. So können Düfte Erinnerungen wecken. Kommen Emotionen in Ihnen hoch?