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Sonnen-Fans dürfte der vergangene Sommer gefreut haben: 2022 war das son­nigste Jahr in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnungen. Doch gemeinsam mit 2018 war es auch das wärmste – mit Folgen. Denn in Hitzeperioden sterben mehr Menschen als gewöhnlich. Allein für 2022 schätzt das Robert Koch-Institut die Zahl auf 4500. Dr. Franziska Matthies-Wiesler, Epidemiologin von der Deutschen Allianz Klima­wandel und Gesundheit (KLUG) sagt: „Wir erwarten durch den Klimawandel mehr Sterbe­fälle aufgrund der Hitze als bisher.“ Bis zum ­Ende des Jahrhunderts könnten es laut Umweltbundesamt zehn- bis zwanzigtausend pro Jahr sein. „Die Zahl hängt aber davon ab, wie lange und wie intensiv Hitzewellen sein werden und wie gut sich Gesellschaft, Gesundheitssystem und Kommunen darauf vorbereiten.“

Jede und jeder sollte das eigene Risiko kennen und sich nicht überschätzen.

Vor allem für Ältere ab 65 Jahren, Menschen mit Vorerkrankungen oder Säuglinge, Kleinkinder und Schwangere kann Hitze gefährlich werden. Zudem schränkt sie Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit ein, belastet das Herz-Kreislauf-System und kann unter anderem zu Wadenkrämpfen, dicken Beinen oder Hautausschlägen führen. Die folgenden Tipps helfen ­Ihnen dabei, sich und andere zu schützen.

Mehr Wasser trinken

Gerade wenn es heiß ist, sollten Sie regelmäßig trinken. Trink-App oder -wecker erinnern daran. Bei normalen ­Temperaturen gelten anderthalb Liter Wasser pro Tag als Richtwert. Wenn man schwitzt, kann es deutlich mehr sein.

Wasser pur ist langweilig? Saftschorlen mit drei Teilen Wasser und einem Teil Saft löschen den Durst, eine ­Scheibe Ingwer oder ein Stängel Minze peppen Wasser auf. Auch Früchte- oder Kräutertees sind bestens geeignet. Erfrischend: wasserreiches Obst und Gemüse wie Melone, Gurke oder Tomate.

Alkohol entzieht dem Körper Wasser – daher besser meiden. Ebenso zuckerhaltige Getränke nur in Maßen oder gar nicht trinken. Sie erhöhen unter anderem das Risiko für Übergewicht und Diabetes.

Übrigens: Wasser hilft auch von außen – zum Beispiel einfach den Körper zwischendurch damit besprühen.

Natrium auffüllen

Wer stark schwitzt, verliert auch Mineralstoffe – unter anderem Natrium, das wichtig für den Wasserhaushalt ist. Natrium kommt in vielen Nahrungsmitteln vor. Oft ist es Speisen als Kochsalz (Natriumchlorid) zugesetzt. Gerade verarbeitete Lebensmittel wie Brot, Wurst und Käse oder Fertigprodukte enthalten viel davon. Natrium lässt sich also leicht über das Essen und normal gesalzene Speisen aufnehmen.

Herz- oder nierenkrank? Dann besprechen Sie am besten mit Ärztin oder Arzt, wie Sie den Flüssigkeits- und Salz­verlust ausgleichen können. Trinkmenge und Medikamentendosis werden – falls nötig – angepasst. Eventuell ist es sinnvoll, dass Sie Ihr Gewicht täglich kontrollieren, um zu sehen, ob mehr Wasser eingelagert oder zu viel ausgeschieden wird.

Bei chronischen Erkrankungen: Auf sich aufpassen

Bei vielen Erkrankungen steigt bei Hitze das Risiko für gesundheitliche Schäden: zum Beispiel bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzschwäche, Herzkranzgefäßerkrankung oder Bluthochdruck, Nierenproblemen oder Erkrankungen der Atemwege wie ­Asthma oder COPD. Stärker gefährdet sind auch Menschen mit Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, mit psychiatrischen Erkrankungen wie einer bipolaren Störung oder Schizophrenie sowie mit demenziellen Erkrankungen und neurologischen Störungen wie Parkinson.

Bei diesen Erkrankungen oder durch die be­nötigten Medikamente könne es dem Körper schwererfallen, seine Temperatur zu re­gu­lieren, sagt Ärztin Nathalie Nidens von der Deutschen Allianz Klima­wandel und Gesundheit (KLUG). „Einige können zudem bewirken, dass man Hitze nicht ausreichend als Gefahr wahrnimmt und so nicht entsprechend vorsichtig ist.“ Bei einer bereits bestehenden Erkrankung sei es besonders wichtig, sein Verhalten den heißen Temperaturen anzupassen. „Kontrollen, zum Beispiel von Blutdruck und Blutzucker, sollte man gewissenhaft machen und verstärkt auf Nebenwirkungen von ­Arzneimitteln achten“, rät Nidens. So kann Insulin bei hitzebedingt gesteigerter Hautdurchblutung rascher aufgenommen ­werden und stärker wirken. Gleiches passiert bei Arzneimitteln, die über die Haut aufgenommen werden, etwa bei Opioid-Pflastern.

Kühle Luft reinlassen

Lüften Sie möglichst nur, wenn es draußen kühler ist als drinnen – am besten also nachts oder frühmorgens. Die Wohnung wärmt sich sonst durch die ein­strömende heiße Luft auf.

Durchzug funktioniert ­besonders gut: Dazu die ­Fenster weit öffnen. Gerne auch gleichzeitig auf verschiedenen Etagen.

Rollos runter

Markisen, Rollläden oder Raffstores halten Wärme am besten draußen. Deshalb: nach dem Lüften ­sofort runterlassen und Wohnung verdunkeln. Etwas weniger effektiv ist Sonnenschutz, der von innen an­gebracht wird, wie etwa Rollos, Plissees oder Lamellen. Achten Sie darauf, dass diese die Sonnenstrahlen gut reflektieren und wenig transparent sind. Wer es eilig hat, kann auch provisorisch ein weißes Laken von außen vors Fenster hängen.

Ventilator oder Klimagerät?

Klimageräte senken die Temperatur im Raum: Manche kann man direkt an der Steckdose anschließen, andere müssen fachkundig an der Außenwand montiert werden. Vor- und Nachteile zeigt zum Beispiel das Netzwerk der Verbraucherzentralen. Jedoch benötigen Klimaanlagen viel Energie und sind teurer als ein ­Ventilator. Laut Verbraucherzentrale reicht ein solcher meist aus, um einen Raum angenehm abzukühlen.

Sicher arbeiten

„Gesundheitsgefahren – dazu gehört auch Hitze – müssen am Arbeitsplatz minimiert werden“, sagt Nathalie Nidens, Ärztin bei KLUG. Steigt die Lufttemperatur im Raum beispielsweise über 26 Grad soll, über 30 Grad muss zusätzlich etwas unternommen werden. ­„Gebäude sollen so gebaut und ausgestattet werden, dass die Temperatur eingehalten werden kann“, erklärt Nidens. „Sind die Räume aber bereits aufgeheizt, sollte man schnell umsetzbare Maßnahmen ­er­greifen.“ Zum Beispiel elek­trische Geräte nur bei Bedarf einschalten, effektiv lüften oder die Arbeit anders organisieren – um schwere körperliche Arbeit in heißen Stunden zu vermeiden oder Pausen zu schaffen. Bei Tätigkeiten im Freien ist zudem auf Schutz vor UV-Strahlung zu ­achten.

Ins Kühle flüchten

Selbst wenn man alles richtig macht, kann es zum Beispiel in einer schlecht isolierten Dachgeschosswohnung unangenehm heiß werden. Da hilft manchmal nur ein Ausflug an einen kühleren Ort – wie Einkaufs­zentrum, Museum, Kirche, Kino oder Bibliothek. Auch ein Besuch bei Freunden mit Haus und schattigem Garten sorgt für Abwechslung – und Abkühlung.

Siesta halten

Meiden Sie die heißeste Tageszeit zwischen 11 und 17 Uhr – versuchen Sie zum Beispiel einen Arzttermin eher morgens zu vereinbaren. Mit Besorgungen können Sie warten, bis es wieder kühler ist. Positiver Neben­effekt: Sie gehen den Stunden mit starker UV-Strahlung (11 bis 15 Uhr) aus dem Weg. So schützen Sie Haut und Augen. Egal, zu welcher Tageszeit: Wenn Sie sich draußen aufhalten, sorgen Sie mit Kleidung, Brille, Kopfbedeckung und Sonnenschutzmittel für entsprechenden UV-Schutz.

Sport ja, aber …

… nicht am späten Nachmittag. Dann ist die Temperatur oft am höchsten. Auch die Luftfeuchtigkeit, wie gut man sich schon an warme Temperaturen gewöhnt hat und der eigene ­Trainingszustand spielen eine Rolle. Also: Auf den eigenen Körper hören und während einer Hitzewelle nicht am Limit trainieren. Noch ein Grund, sich besser vormittags sportlich zu ­bewegen: Bei Hitze bildet sich leichter Ozon in Boden­nähe. Es kann unter anderem Augen und Atemwege reizen – wie sehr, hängt vor allem von der Aufenthaltsdauer in der belasteten Luft ab. Gelangt das Ozon durch verstärkte Atmung tief in die Lunge, kann es das Gewebe dort schä­digen. Die Ozonkonzentration ist in der Regel zwischen 14 und 17 Uhr am höchsten.

Ältere unterstützen ­

„Je älter eine Person ist, desto empfindlicher ­reagiert sie auf Hitze und desto mehr Unterstützung braucht sie gegebenenfalls“, sagt Nidens. Der Körper kann sich im Alter schlechter an Hitze anpassen und das Durstgefühl ist vermindert. Die Gefahr, den Flüssigkeitsverlust nicht ausgleichen zu können, steigt. Sie haben im Bekannten- und Familienkreis ältere Menschen, um die Sie sich kümmern? Dann ist es wichtig, vorzusorgen: zum Beispiel das Schlafzimmer an einen kühlen Ort der Wohnung verlegen und verstärkte Betreuung planen. „Risikopersonen sollten Sie in Hitzewellen am besten täglich besuchen oder anrufen“, so Nidens. Kontrollieren Sie die Raum­temperatur (maximal 26 Grad) und stellen Sie Getränke in Reichweite. Bei Bettlägerigen hilft es, leichte Bettwäsche und als Inkontinenzmaterial Netzhosen mit Einlagen zu verwenden. Für Pflegende gibt es spezielle Schulungen. „Beim Pflegestützpunkt vor Ort erfragen oder online Angebote nutzen“, rät Nidens. So bietet etwa das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit kostenlose Online-Schulungen an.

Arzneidosis prüfen lassen

Müssen Sie aufgrund einer Erkrankung Medikamente nehmen? Dann fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt, was Sie an heißen Tagen beachten müssen – insbesondere bei blutdruck- oder ­blutzuckersenkenden Medikamenten, entwässernden Arzneimitteln und Medikamenten, die auf Wachheit oder Aufmerksamkeit wirken, wie Beruhigungsmittel oder einige psychiatrische Medikamente. „Die Dosis kann – muss aber nicht immer – geändert werden. Unter Umständen ist das auch nicht möglich“, sagt Nidens.

Medikamente vor Hitze schützen

Die meisten Arzneimittel lagern Sie richtig bei einer Raumtemperatur von 15 bis 25 Grad. Auf Zäpfchen, Cremes, Salben und Gele oder Arzneipflaster sowie Dosieraerosole wie Asthmasprays sollten Sie besonders aufpassen. Konsistenz und Wirksamkeit verändern sich leicht bei Hitze.

UV-A-Strahlen abwehren

Einige Medikamente können empfindlicher für Sonnenstrahlung machen. Beispielsweise das entwässernde Arzneimittel Hydro­chlo­rothia­zid, Mittel wie Naproxen oder Ketoprofen gegen Schmerzen, aber auch einige Antibiotika wie Doxycyclin und Ciprofloxacin oder Sulfonylharnstoffe, die bei Diabetes eingesetzt werden. Die Reaktion ähnelt oft einem starken Sonnenbrand. Um sich zu schützen, empfiehlt Medizinerin Nathalie Nidens: „Die Sonne meiden. Wer rausgeht, trägt bitte bedeckende Kleidung und verwendet ­Sonnencreme mit UV-A- und UV-B-Schutz.“ Am ­besten auf das UV-A-Siegel achten. Bei der Kleidung braucht es einen Kompromiss: Dichte Gewebe schützen zwar besser vor UV-Strahlung, gleichzeitig sollte Kleidung bei Hitze aber atmungs­aktiv und leicht sein.

Informiert bleiben

Hitze-Alarm? Aktuelle Infos finden Sie online oder über Apps und Newsletter. Etwa beim Deutschen Wetterdienst zu Belastungen durch Hitze und UV-Strahlung oder beim Umweltbundesamt zu Luftschadstoffen. Beide geben auch Warnmeldungen zu Hitze-, UV- und Ozon-Belastung heraus.

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Quellen: